Neue Quartiere für die Kleine Hufeisennase
Laufzeit: 2013 bis 2016
Im Alpenvorland und in den Alpen gibt es derzeit nur wenige, teilweise vermutlich voneinander isolierte Vorkommen der Kleinen Hufeisennase. So sind im Gebiet der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land insgesamt zwölf Wochenstuben dieser Fledermausart bekannt. Im Allgäu gelangen im Rahmen des Projekts 2013 erstmals seit Jahrzehnten wieder einzelne Nachweise. Im benachbarten Österreich gibt es Vorkommen im Bregenzerwald und Großen Walsertal, im Zillertal, Inntal, im Raum Kitzbühel sowie im Salzburger Land. Die Gesamtpopulation in Südbayern wird derzeit (Stand 2017) auf zirka 1.800 Individuen geschätzt, von denen über 95 Prozent am Alpenrand leben. Die bayerische Population nimmt zu, aber noch immer liegt im südlichen Oberbayern zwischen den beiden Vorkommen im Westen (in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen) und Osten (zwischen Inntal und Salzach-/Saalachtal) eine Verbreitungslücke von zirka 40 km.
Weibchen der Kleinen Hufeisennase in dem neu entdeckten Quartier in Gruttau.
Foto: Ralph Hildenbrand
Neue Quartiere für die Kleine Hufeisennase
Im Rahmen eines Biodiversitätsprojektes wurden systematisch über 80 potenzielle Sommerquartiere und 40 unterirdische Quartiere auf Vorkommen dieser Fledermausart untersucht. Das erfolgte im Fall der unterirdischen Quartiere mit Hilfe spezieller Geräte, die die Ortungsrufe der Fledermäuse aufzeichnen, da Kleine Hufeisennasen auch im Sommerhalbjahr regelmäßig Höhlen und Stollen als nächtliche Zwischenquartiere aufsuchen. Die Sommerquartiere wurden mit klassischen Sichtkontrollen untersucht: Dabei wird tagsüber überprüft, ob Tiere anwesend sind oder ob Kot auf aktuelle Vorkommen hindeuten. Gleichzeitig wurden ungefähr 30 bislang verschlossene Dachböden ohne geeignete Einflugmöglichkeiten wieder geöffnet und so für die Kleine Hufeisennase zugänglich gemacht. Damit werden Verbreitungslücken am Alpenrand für die Art besser überwindbar und der Quartierverbund verbessert.
Im Rahmen des Projektes wurden bei Begehungen von Dachböden drei neue Kolonien entdeckt. Zusätzlich fanden in diesem Projekt und in einem Nachfolgeprojekt des Landesbunds für Vogelschutz an mehreren Höhlen, an denen zuvor regelmäßig Rufe von weiblichen Hufeisennasen aufgezeichnet worden sind, Telemetrie-Experimente statt. Diese führten im Inntal sowie bei Bad Reichenhall zur Entdeckung von vier Gebäudequartieren, von denen drei einzelne Weibchen mit Jungtieren beherbergten.
Mittels Batcorder gelangen zahlreiche Nachweise
Der Telemetrieuntersuchung, die neue Reproduktionsnachweise in drei Quartieren erbrachte, folgten zwischen 2016 und 2018 zwei Folgeprojekte, die vom Landesbund für Vogelschutz mit Mitteln des Bayerischen Naturschutzfonds ausgeführt wurden. Zum einen gelang es, neue Quartiere ausfindig zu machen: Anfang August 2016 konnte durch Kirchenabsuche im Umkreis um eine abnehmende Wochenstube im Landkreis Traunstein eine neue südbayerische Wochenstube der Kleinen Hufeisennase in einer Kapelle mit 29 ausfliegenden Tieren nachgewiesen werden. Mittels Batcorder-Arbeiten gelangen zudem zahlreiche Nachweise der Art in unterirdischen Quartieren in Bayern. Im Zuge einer auf dem LBV-Batcorder-Projekt aufbauenden Kartierung in Nordbayern wurden zudem sechs Kleine Hufeisennasen in einer Kirche im Landkreis Kronach aufgespürt. Das zweite Projekt hatte zum Ziel, bekannte Wochenstuben in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim zu optimieren, um so die Wiederausbreitung der Kleinen Hufeisennase zu fördern. Dazu wurden in Gebäuden im Umkreis um bekannte Wochenstuben Wärmeglocken eingebaut sowie Einflugmöglichkeiten optimiert oder neu geschaffen.
Erfreuliche Bestandsentwicklung
Die neuen Quartiere von Kolonien werden durch Fledermausexperten betreut. Besitzer von Gebäuden mit Vorkommen dieser und anderer Arten werden beraten und über die Verantwortung gegenüber der selten gewordenen Hufeisennase sensibilisiert. Durch die intensive Betreuung der seit dem Jahr 2000 entdeckten Kolonien der Kleinen Hufeisennase in Südbayern konnten Beeinträchtigungen durch Sanierungen weitgehend verhindert werden; bei der Mehrzahl der Kolonien ist eine erfreulich positive Bestandsentwicklung zu verzeichnen.
Durch dieses Projekt ergeben sich viele Synergien für den Schutz bedeutsamer Fledermausquartiere, die genauso vom verbesserten Quartierverbund profitieren, beispielsweise die stark gefährdete Wimperfledermaus (Myotis emarginatus).
Initiator/Träger:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Werkvertragsnehmer:
Diverse Fledermausexperten
Kooperationspartner:
Ludwig-Maximilian-Universität München
Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern
Koordinationsstelle für Fledermausschutz Nordbayern
Landesbund für Vogelschutz in Bayern
Landratsamt Garmisch Partenkirchen
Regierung von Schwaben
Regierung von Oberbayern
Landkreise:
Bad Tölz-Wolfratshausen, Berchtesgadener Land, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Oberallgäu, Ostallgäu, Rosenheim, Traunstein, Weilheim-Schongau
Ansprechpartner:
Bernd-Ulrich Rudolph
Landesamt für Umwelt
Weitergehende Informationen
Interne Links
- Projekt Schutz des Lebensraums für die seltenen Fledermausarten Nordbayerns
- Artikel in Anliegen Natur: LIFE-Projekt „Große Hufeisennase in der Oberpfalz“ (siehe Seite 82)
- Zur Übersicht der Projekte im Rahmen der bayerischen Biodiversitätsstrategie
Externe Links
Was ist biologische Vielfalt?
Biologische Vielfalt (Biodiversität) lebt auf vielen Ebenen: Die unterschiedliche genetische Ausstattung bestimmt die Vielfalt der Arten, die zusammen eine Vielzahl verschiedener Lebensräume besiedeln.
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