Wirksame Fluchthelfer – Amphibienschutz an Entwässerungssystemen
(Andreas Zehm) Viele Entwässerungseinrichtungen sind Todesfallen für zahllose Amphibien und andere Klein-Wirbeltiere obwohl es zumeist vergleichsweise einfache Möglichkeiten gibt, das Problem durch Kletterhilfen oder bauliche Maßnahmen deutlich abzumildern. Eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Baubehörden wäre hier zielführend, um den Schutz von Amphibien deutlich zu verbessern.
Weitestgehend unbemerkt verschwinden jährlich hunderttausende Amphibien in Straßenabläufen und anderen Entwässerungssystemen in Städten, an Straßen und anderen Einrichtungen, nicht nur in den Niederlanden, sondern in ganz Mitteleuropa. Und das in vielen Fällen völlig unnötig, wie ein Bericht im niederländischen RAVON-Newsletter (27.07.2015) gerade wieder zeigte. In einer landesweiten Stichproben-Untersuchung wurden allein zwischen März und Mai in 526 Gullys insgesamt 782 Wirbeltiere (darunter 683 Amphibien) gefunden, die ansonsten unentdeckt gestorben wären. Hochgerechnet auf die Niederlande ist – bei grob geschätzt rund 7 Millionen Gullys – von mehr als einer halben Millionen adulten und noch mehr jungen Amphibien auszugehen, die so jährlich ums Leben kommen.
Erfreulich ist, dass in vielen Fällen einfache Lösungen möglich wären, die entweder verhindern, dass Klein-Wirbeltiere überhaupt in die Entwässerungsanlagen geraten (wie sie in der Schweiz eingesetzt werden) oder es durch simple Lösungen den Tieren ermöglicht wird, den Todesfallen wieder zu entkommen. So zeigten Tests mit drei Klettersystemen durchaus größere Erfolge. Dabei gelang es einer Vielzahl von Tieren, über eine durchlöcherte Aluminiumplatte oder mittels eingehängter synthetischer Matten mit rauer Oberfläche, wie sie an Dachrändern oder als Wurzelmatten für Teiche verbaut werden, herauszuklettern.
Insgesamt ist es aber zielführender, gleich auf günstige bauliche Konstruktionen abzuzielen, die verhindern, dass Abläufe zu Fallen werden, wozu Mächler (2014) einige zielführende Vorschläge vorstellt:
- Oberflächliche Ableitung von Regenwasser ohne Verrohrung, beispielsweise bei der Parkplatzgestaltung.
- Durch Schräg-, Rund- oder Flachbordsteine sowie das Absenken der Bordkanten entfällt der zum Gully führende mechanische Leiteffekt und die Tiere können ungehindert den Straßenbereich verlassen.
- Verrohrte Entwässerungssysteme durch offene Gräben oder Betonhalbschalen mit Ausstiegsmöglichkeit ersetzen.
- An Hochbordsteinen Rampen anbringen, die zumindest stellenweise ein Überklettern der Bordsteine ermöglichen.
- Gullyroste mit engem Roststreben-Abstand verwenden (1,6 cm) oder die Roste mit engmaschigen Drahtgeflechten unterlegen.
- Ausstiegshilfen in die Eimereinsätze der Regenabläufe einbauen, die einen tiefen Absturz der Tiere verhindern.
Zu hoffen ist, dass derartige Konstruktionen zunehmend in den Baubehörden bekannt werden und in einer guten Zusammenarbeit von Naturschutz und Bauherr umgesetzt werden können, wie es die Schweiz schon vorlebt (SRF 2015).
Mehr:
Van Diepenbeek, A. & Creemers, R. (2012): Het voorkomen van amfibieën in straatkolken – landelijke steekproef 2012. – RAVON report P2011.100; www.ravon.nl/Portals/0/PDFx/Gully pots Death Traps Overview Article 2012.pdf und www.ravon.nl/Portals/0/Pdf/het_voorkomen_van_amfibieen_in_straatkolken.pdf.
Mächler, U. (2014): Straßenentwässerung als Gefahrenquelle für Amphibien und Reptilien und Vorschläge für die Gefährdungsvermeidung. – Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 51(2): 79–85.
SRF (2015): Sendung Frösche & Co. – so ein Teich!; www.srf.ch/sendungen/netz-natur/froesche-co-so-ein-teich.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2015): Wirksame Fluchthelfer – Amphibienschutz an Entwässerungssystemen. – ANLiegen Natur 37/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/amphibienschutz/.
Gibt es praktische Lösungen in Bildform oder als Konstruktionszeichnung die man bei Kommunen, Bauämtern und Bauherren vorzeigen und empfehlen kann?
Gruss
Marcell J. Stigloher
Konstruktionspläne sind uns leider nicht bekannt, aber die Kletterhilfen können von einfachster Beschaffenheit (Bretter, dickere Holzstämme, Lochbleche) sein. Vorschläge (jedoch nicht geprüft auf Ihre Wirksamkeit!) gibt u. a. das Forum für Gewässerwacht und Fischereiaufseher: http://www.gw-forum.de/showthread.php?1111-Die-Amphibienfalle-Kellerschacht oder ein Beispiel der Stadt Zürich auf https://www.facebook.com/gruenstadtzuerich/posts/835877416479897?hc_location=ufi.
Wolfram Adelmann
Für die Frage nach konkreten Bauanleitungen kann ich folgende Adressen im Internet empfehlen:
1.) Detaillierte Konstruktionsanleitung für Ausstiegshilfen für Weideroste von der Abteilung Umweltschutz des Landes Tirol http://www.tirol.gv.at/umwelt/naturschutz/weideroste-amphibien-kleinsaeuger/
2.) Konstruktion Amphibienleiter KARCH
http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/entwasserungsanlagen/Amphibien-Leiter_v2013.pdf
3.) Amphibien in Entwässerungsanlagen KARCH http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/Amphibien%20div./AmphibienInEntwaesserungsanlagen%202008%20DE.pdf
Günter Hansbauer