Größer ist nicht immer besser – auch kleine Schutzgebiete erhalten die Vielfalt
(Teja Tscharntke) Eine Studie der Universität Göttingen belegt, dass viele kleine Schutzgebiete die biologische Vielfalt effektiv schützen können – oft besser als wenige große Schutzgebiete gleicher Gesamtfläche. Damit wird deutlich, dass im Naturschutz auch kleine Flächen beachtet werden sollten und Schutzkonzepte für kleine Flächen zu entwickeln sind.
Viele kleine Lebensräume können sehr viel mehr Arten schützen als wenige große Lebensräume – selbst wenn letztere eine größere Gesamtfläche umfassen. Das haben Agrarökologen der Universität Göttingen aktuell anhand der Lebensgemeinschaften von Kalkmagerrasen gezeigt und in der Fachzeitschrift Oecologia veröffentlicht. Die zunehmende Zerstörung und Verkleinerung naturnaher Lebensräume in unseren Kulturlandschaften stellt zwar eine wichtige Ursache für den kontinuierlichen Artenverlust dar, aber je weiter Lebensrauminseln voneinander entfernt liegen, umso unterschiedlichere Lebensgemeinschaften beherbergen sie. Diese Unterschiede mit zunehmender Distanz zwischen den Inseln sind für die Artenvielfalt viel wichtiger als der Artengewinn durch größere Lebensräume.
Verena Rösch verglich in ihrer Doktorarbeit die Artenvielfalt von Pflanzen, Zikaden, Wanzen und Schnecken auf 14 kleinen (< 1 ha) und 14 großen (1,5–8 ha) Kalkmagerrasen in der Umgebung Göttingens. 85 % aller Arten kamen auf den kleinen Magerrasen vor (insgesamt auf nur 4,6 ha Fläche), wohingegen die zwei größten Magerrasen (zusammen 15,1 ha) nur 37 % aller Arten aufwiesen.
Die Ergebnisse zeigen, wie wesentlich es für den Biodiversitätsschutz ist, auch weit voneinander entfernt liegende Schutzgebiete zu berücksichtigen, selbst wenn diese Flächen nur klein sind. Allerdings gab es auch einige hochspezialisierte Arten, die nur auf großen Flächen vorkamen. Entsprechend ist der traditionell überwiegende Fokus auf große Gebiete (die „je-größer-desto-besser“-Philosophie) unzureichend und es braucht eine diversifizierte Schutzstrategie, die kleine, über die Region weit verstreute Schutzgebiete mit berücksichtigt.
Mehr:
Rösch, V., Tscharntke, T., Scherber, C. & Batáry, P. (2015): Biodiversity conservation across taxa and landscapes requires many small as well as single large habitat fragments. – Oecologia: DOI 10.1007/s00442-015-3315-5; www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5181; http://link.springer.com/article/10.1007/s00442-015-3315-5.
Zitiervorschlag: Tscharntke, T. (2015): Größer ist nicht immer besser – auch kleine Schutzgebiete erhalten die Vielfalt. – ANLiegen Natur 37/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/kleinstlebensraeume/.