Aktuelle Hinweise und Arbeitshilfen zu Großlaufkäfern und Puppenräubern in Bayern
(Stefan Müller-Kroehling) In jüngerer Zeit sind verschiedene Informationsschriften zu Laufkäfern erschienen: Zum Beispiel über die beiden FFH-Anhangsarten Schwarzer Grubenlaufkäfer oder Hochmoorlaufkäfer. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft hat zudem Informationen über die Gattung der Puppenräuber (Calosoma) herausgegeben. Auch die Bestimmungshilfe der Großlaufkäfer wurde in seiner 2. Auflage erweitert und enthält nun alle in Deutschland vorkommenden Arten. Diese Notiz gibt eine kurze Einwertung dieser Neuerscheinungen.
Großlaufkäfer (Gattung Carabus) sind attraktive Arten und leben in vielfältigen Lebensräumen überall in Bayern.
In zweiter erweiterter Auflage erscheint im August 2018 der wetterfeste Bestimmungsschlüssel für die Gattung Carabus der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Mit dem kostenlos bestellbaren Schlüssel können auch „käferkundliche Laien“ alle heimischen Arten von Deutschland am lebenden Tier bestimmen. Verbreitungsangaben in Form von Arealkarten für Bayern sowie Angaben zu den bevorzugten Lebensräumen ergänzen den Text. Ein einfacher Leitschlüssel, lebensgroße Fotos aller Arten und präzise Bestimmungsmerkmale erlauben eine rasche und sichere Bestimmung der Tiere. In der zweiten Auflage sind nun alle in Deutschland vorkommenden Arten enthalten.
Link zum Bestimmungsschlüssel: www.bestellen.bayern.de/shoplink/anl_nat_0038.htm.
Die 24 in Bayern vorkommenden Großlaufkäfer, aber auch viele anderen Laufkäfer-Arten, haben oftmals eine sehr enge Beziehung zu bestimmten Lebensräumen und können dort als charakteristische Arten oder aber als Zeigerarten für Habitattradition gelten. So lebt der Schluchtwaldlaufkäfer (Carabus irregularis) nur in totholzreichen, luftfeuchten Laubwäldern mit Habitattradition oder der Blaue Laufkäfer (Carabus intricatus) nur in wärmegetönten Hangwäldern. Nur wenige Großlaufkäfer wie Carabus granulatus können fliegen, doch sind auch andere Arten in unterschiedlichem Umfang zu einer gewissen Ausbreitung durch Wanderung in der Lage. Recht ausgeprägt ist ein solcher herbstlicher Wandertrieb bei unserem größten heimischen Laufkäfer, dem Lederlaufkäfer (Carabus coriaceus). Ausführliche Angaben zu den Habitatansprüchen der Laufkäfer-Arten in unseren natürlichen Lebensräumen können in der Dissertation von MÜLLER-KROEHLING (2015) nachgelesen werden, die online zur Verfügung steht und (ebenfalls in der 2. Auflage) kostenlos beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) bezogen werden kann.
Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Großlaufkäfer
Alle Carabus-Arten sind gesetzlich mindestens „besonders geschützt“. Zwei der Großlaufkäfer-Arten sind sogar in den Anhängen der FFH-Richtlinie aufgeführt und dadurch EU-weit streng geschützt. Für sie wird in den FFH-Gebieten ein spezielles Gebietsmanagement betrieben und ihre Vorkommen unterliegen einem Monitoring und der Berichtspflicht. Beide Arten kommen in Bayern in speziellen, mitteleuropäischen Unterarten vor. Während der Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) speziell in Hoch- und Übergangsmooren und Moorwäldern vorkommt und insofern auch meist in Schutzgebieten lebt, sind die Lebensräume des Schwarzen Grubenlaufkäfers (Carabus variolosus nodulosus) nicht selten in Wäldern ohne speziellen Schutzstatus gelegen. Die in Wälder und Forste eingesprengten Quellbereiche und Bachläufe mit Vorkommen dieser Art, die nur in Ober- und Niederbayern vorkommt und in Schwaben verschollen ist, sind wichtige „Lebensadern“ für viele Arten. Der Grubenlaufkäfer ist daher eine gute Schirmart für den Schutz dieser ganzen Artengemeinschaft der Quell- und Bachbewohner in der südlichen Hälfte Bayerns. Gerade im Tertiärhügelland sind dies oftmals die letzten Reste naturnaher Waldbestockungen. Es ist deswegen besonders wichtig, nicht nur die Ansprüche dieser Art, sondern auch ihren Schutzstatus und die Gefährdungsfaktoren zu kennen.
Zu diesem Zweck und speziell auch zur Unterrichtung von Grundeigentümern wie den Waldbesitzern stehen zwei Faltblätter zur Verfügung, die beide optisch ansprechend gestaltet sind und neben einer Online-Fassung als PDF auch kostenlos bezogen werden können.
Während das Faltblatt der Regierung von Niederbayern (2015) zu „Carabus nodulosus“ leider nicht auf den FFH-Status der durch die EU-Osterweiterung 2004 in die Anhänge II und IV aufgenommenen Art Carabus variolosus hinweist, sieht das Faltblatt der LWF gerade darin einen Schwerpunkt (LWF 2017): Hierin werden besonders Waldbesitzer über die Bedeutung, aber auch den Schutz dieser FFH-Art und ihrer heimischen Unterart nodulosus beraten. Auch wenn ein eigener Artstatus unserer Unterart in der Vergangenheit teilweise diskutiert worden war, so gab es dafür doch nie zwingende Belege oder eine Mehrheitsmeinung. Beide Unterarten nutzen nicht nur den identischen Lebensraum und gleichen einander wie ein Ei dem anderen, sondern sind auch genetisch einander so nahe, dass von einem Artstatus nicht ausgegangen werden kann.
Aber speziell unsere Unterart steht viel näher am Abgrund als ihre osteuropäische Zwillings-Unterart (C. variolosus variolosus), die noch kaum Arealverluste zu beklagen hat (MÜLLER-KROEHLING 2014). In mehreren Bundesländern und EU-Staaten ist unsere Unterart nodulosus hingegen bereits ausgestorben, so in Belgien, Niedersachsen, Baden-Württemberg und der Schweiz.
Puppenräuber
Zwei mit den Großlaufkäfern eng verwandte Arten sind die beiden heimischen Puppenräuber (Gattung Calosoma), die in einem Faltblatt der LWF (2018) vorgestellt werden. Beide treten in Bayern vor allem in Eichenwäldern auf. Meist erreichen diese vom Habitus her auffälligen Arten aber nur in Jahren von Massenvermehrungen bestimmter Schmetterlingsarten so hohe Dichten, dass sie uns ins Auge fallen und leben sonst verborgen in den Kronen der Eichen. Das Faltblatt erklärt daher nicht nur, woran man die Arten erkennen kann und welchen Lebensraum sie benötigen, sondern ruft auch zur Meldung von Sichtungen der Arten unter der E-Mail-Adresse puppenraeuber@lwf.bayern.de auf. Wenn Sie einen Puppenräuber gesehen haben – am ehesten dort, wo derzeit Eichen-Prozessionsspinner oder Schwammspinner hohe Bestandsdichten an Eichen aufgebaut haben –, melden Sie dort bitte die Vorkommen, die in eine aktuelle Verbreitungskarte münden sollen.
Quellenangaben:
LWF (2017, Hrsg.): Holzernte in Feuchtwaldflächen – Vorsicht Grubenlaufkäfer. – Freising: 2 S.;
www.lwf.bayern.de/mam/cms04/service/dateien/faltblatt_grubenlaufkaefer.pdf.
LWF (2018, Hrsg.): Puppenräuber – Nützliche Jäger in unseren Eichenwäldern. – Freising: 2 S.;
www.lwf.bayern.de/service/publikationen/lwf_faltblatt/195653/index.php.
MÜLLER-KROEHLING, S. (2014): Remarks on the current situation of Carabus variolosus nodulosus relating to the interpretation of its Habitats Directive status, the 2013 report under that directive, and its threat level in Germany and Central Europe. – Angewandte Carabidologie 10: 97–100;
www.angewandte-carabidologie.de/images/uploadimage/GAC-Bd10-S97-100-Mueller-Kroehling.pdf.
MÜLLER-KROEHLING, S. (2015): Laufkäfer als charakteristische Arten in Bayerns Wäldern – eine methodenkritische Auseinandersetzung mit Definition und Verfahren zur Herleitung charakteristischer Arten und zur Frage von Artengemeinschaften, unter besonderer Berücksichtigung der nach §30 BNatschG geschützten Waldgesellschaften und der Wald-Lebensraumtypen des Anhanges I der FFH-Richtlinie und vergleichenden Einbeziehung natürlicherweise waldfreier Sonderstandorte im Wald. – Diss. TU München: 312 S. + Anhang (zugleich Skripten des BfN, Band 424, in 2 Teilbänden, 2. unveränderte Auflage); https://mediatum.ub.tum.de/doc/1241681/1241681.pdf.
MÜLLER-KROEHLING, S. & ADELMANN, W. (2018): Großlaufkäfer der Gattung Carabus in Deutschland – Eine Bestimmungshilfe am lebenden Tier mit Verbreitungskarten für Bayern (2. ergänzte Auflage). – Laufen (Hrsg. ANL): 16 S.; www.bestellen.bayern.de/shoplink/anl_nat_0038.htm.
REGIERUNG VON NIEDERBAYERN (Hrsg., 2015): Der Schwarze Grubenlaufkäfer (Carabus nodulosus) – Biologie und Schutz. – Landshut: 2 S.;
www.regierung.niederbayern.bayern.de/media/aufgabenbereiche/5u/naturschutz/bestellungen/faltblatt_grubenlaufkaefer.
Müller-Kroehling, S. (2018): Aktuelle Hinweise und Arbeitshilfen zu Großlaufkäfern und Puppenräubern in Bayern. – ANLiegen Natur 40/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/laufkaefer_arbeitshilfen/.
Zum Volltext-Download:
ANLiegen Natur 40/2 (2018): 2 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,3 MB).