Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa: Landschaft lesen und schätzen lernen
(Dr. Birgit Kastner und Dr. Thomas Büttner) Anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 führte der Landkreis Bamberg zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege das Projekt „Vielfalt in der Einheit – Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa“ durch, das auf die historische Kulturlandschaft im Umkreis von Zisterzienserklöstern aufmerksam machte. Es wurde gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Das Projekt untersuchte, ausgehend vom 1127 gegründeten Kloster Ebrach im Steigerwald, zisterziensische Klosterlandschaften der Filiation Morimond in Mitteleuropa (Ebrach, Morimond, Plasy, Rein, Waldsassen, Zwettl), um in Öffentlichkeit und Politik auf den einzigartigen Wert dieses gemeinsamen europäischen Erbes hinzuweisen. Zielgruppe waren vor allem die Menschen, die heute in den Klosterlandschaften leben. Ihnen sollte vermittelt werden, dass ihre Heimat ein besonderer, „europäischer“ Typus von Kulturlandschaft ist. Eine Landschaft, die trotz aller regional unterschiedlichen Naturvorgaben und Prägungen doch einem einheitlichen Grundmuster entspricht, das sich in bestimmten landschaftlichen Elementen und Strukturen ausdrückt.
Um das „Spurenlesen“ in der landschaftlichen Vergangenheit für Jedermann zu ermöglichen, wurden leichte Rundwege im engeren Umfeld der Klöster konzipiert sowie geführte Spaziergänge, Vorträge und Exkursionen angeboten. An allen sechs Standorten informierten eine dreisprachige Tafelausstellung und ein Begleitheft über das landschaftsprägende Wirken der Zisterzienser. Mit der zusätzlichen Schulung von speziellen Klosterlandschaftsführern, sollte ein nachhaltiges Instrument zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und zur touristischen Inwertsetzung entwickelt werden. Neben den Aktivitäten vor Ort trugen die Website www.cisterscapes.eu und die Präsenz auf Facebook zur breiten Wahrnehmung des Projektes bei. Auf fachlicher Ebene vernetzte das Projekt Experten aus den verschiedenen Klosterregionen. Die Publikation zur Ebracher Fachtagung erscheint als Arbeitsheft des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege im Frühjahr 2019.
In der Klosterlandschaft Ebrach lassen sich noch viele Zeugnisse zisterziensischen Wirkens ablesen (SCHENK 1988). Kulturlandschaftlich prägend waren die Ebracher Mönche vor allem durch den Wein- und Waldbau. Auch die Schafhaltung hatte eine große Bedeutung. Die Teichwirtschaft im Umgriff des Klosters und der Wirtschaftshöfe diente vorrangig der Eigenversorgung. Die vormals plenterartig und im Mittelwaldbetrieb genutzten Wälder im Umgriff von Ebrach stellten für die Abtei eine Haupteinnahmequelle dar (Verkauf von Bau- und Brennholz). Sie sind in ihrer Geschlossenheit ein Ergebnis der klösterlichen Inforestierungspolitik. Gleichzeitig war Ebrach zur Sicherung der Holzproduktion bestrebt. So wurden waldschädigende Nutzungen, wie zum Beispiel Waldweide und Streunutzung, abgelöst (HILDEBRANDT & KAUDER 1993, Seite 31f.). Das Ausbleiben der Neugründung abgegangener Ortschaften und die Überführung der Feldfluren in Waldbestände verfolgte wohl vordergründig ökonomische Zwecke (Wertsteigerung, Erhöhung der Einnahmen; HILDEBRANDT & KAUDER 1993, Seiten 17–41, hier Seite 28). Noch heute sind die spätmittelalterlichen Wüstungen (abgegangene Siedlungen samt Wirtschaftsflächen) in ihren Grundstrukturen ablesbar.
Die umsichtige Wirtschaftsweise der Abtei bildete den Grundstein für die ausgedehnten Laubmischwaldbestände im Umfeld Ebrachs (HUSSY 1979, Seiten 59ff. – In: HILDEBRANDT & KAUDER 1993, Seite 31f., Fußnote 22 und 23). Nach der Säkularisation wurden die nunmehr in staatlicher Hand liegenden klösterlichen Mittelwälder binnen weniger Jahrzehnte in einen ertragreichen Hochwald überführt. Bis heute heben sich die Klosterwaldflächen von den angrenzenden Bauern- und Gemeindewäldern ab, die in der Regel einen hohen Nadelholzanteil aufweisen. Bereiche mit sehr alten Baumbeständen sind die in der Waldabteilung IX des Ebracher Forstes gelegenen Naturwaldreservate „Waldhaus“ und „Brunnstube“ (WIESSNER 1973, Seite 2; SCHENK 1994, Seite 68; ausführlich hierzu: SPERBER 2004, Seiten 271–300).
Quellen:
HILDEBRAND, H. & KAUDER, B. (1993): Wüstungsvorgänge im westlichen Steigerwald. – Forschungskreis Ebrach e. V. (Hrsg.).
HUSSY, G. (1979): Geschichte des Klosterwaldes Ebrach. – Diplomarbeit an der LMU München, Fachbereich für Forstwissenschaften, München.
WIESSNER, W. (1973): Das Gesamturbar des Zisterzienserklosters Ebrach vom Jahre 1340. – Veröff. der Ges. für Fränk. Geschichte, X.-Reihe, Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte Frankens, 8. Band, Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg.
SCHENK, W. (1988): Mainfränkische Kulturlandschaft unter klösterlicher Herrschaft: die Zisterzienserabtei Ebrach als raumwirksame Institution vom 16. Jahrhundert bis 1803. – Würzburger geographische Arbeiten 71, Würzburg.
SCHENK, W. (1994): Zisterziensisches Erbe in der mainfränkischen Kulturlandschaft am Beispiel von Ebrach und Frauental. – In: BRÜCKNER, W. & LENSSEN, J. (Hrsg., 1994): Zisterzienser in Franken. Das alte Bistum Würzburg und seine einstigen Zisterzen. – Kirche, Kunst und Kultur in Franken, Band 2 Würzburg: 55–68.
SPERBER, G. (2004): Vom Klosterforst zum Staatswald. – In: WIEMER, W.(2004, Hrsg.): Festschrift „Ebrach – 200 Jahre nach der Säkularisation 1803“. – Im Auftrag des Forschungskreises Ebrach e.V.: 271–300.
Kastner, B. & Büttner, T. (2019): Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa: Landschaft lesen und schätzen lernen. – ANLiegen Natur 41/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/zisterziensische_klosterlandschaften/.
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ANLiegen Natur 41/1 (2019): 8 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,6 MB).