7.10 Beweidung mit Lamas und Alpakas
Diese Seite ist Teil des Online-Handbuchs "Beweidung im Naturschutz".
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Zusammenfassung
Lamas und Alpakas eignen sich zur Landschaftspflege, wobei ihr Fraßverhalten Schafen ähnelt, jedoch hinsichtlich des Einflusses auf die Vegetation noch genauer untersucht werden sollte. Eine Aushagerung von Flächen ist aufgrund des Abkotens auf speziellen Flächen möglich. Die Zäunung ist wenig aufwendig und im Falle von Elektrozäunen für Wildtiere leicht passierbar. Stehen Lamas und Alpakas zur Verfügung, macht es Sinn, sie bei der Landschaftspflege einzusetzen. Ob die Haltung auf Dauer wirtschaftlich ist, kann derzeit schwer abgeschätzt werden.
Lama (links) und Alpaka (rechts).
Foto: Andreas Zahn.
Naturschutzrelevante Informationen zu Biologie, Verhalten und Nutzungsgeschichte
Lamas (Lama guanicoe glama) und Alpakas (Lama guanicoe pacos) gehören beide zur Familie der Kameliden, die domestizierte Formen südamerikanischer Kleinkamele darstellen. Die Domestikation von Guanakos begann vor über 7.000 Jahren. Lamas und Alpakas gehören damit zu den ältesten Haustierrassen. Sie dienen als Fleisch- und Wolllieferant sowie als Lasttier. Kameliden sind „Schwielensohler“, treten also mit den Sohlenflächen des letzten und vorderen Glieds ihrer mittleren Finger und Zehen auf. Die kleinen nagelartigen Hufe schützen die Endglieder nur von vorn, während die Sohlenflächen mit dicken federnden Schwielen gepolstert sind. Im Vergleich zu Rindern und Pferden schont ihr Tritt die Grasnarbe stärker (HELM 2001).
Fraßverhalten
Lamas und Alpakas sind hinsichtlich ihrer Futteransprüche am ehesten mit großen Schafen zu vergleichen (RAPPERSBERGER 2000). Sie sind Wiederkäuer und ernähren sich vor allem von Gräsern und Kräutern, wobei ein breites Artenspektrum genutzt wird. Die gespaltene Oberlippe erlaubt ihnen das Beweiden von dornigen Gewächsen. Meist werden die Pflanzen sehr schonend abgebissen. Der Verdauungsapparat ist an karges Futter mit hohem Rohfaseranteil angepasst. GERKEN (1999) stellte bei einem Vergleich verschiedener Studien deutliche Unterschiede hinsichtlich des Fraßverhaltens fest, die sich zum Teil durch jahreszeitliche Variation und zum Teil auch durch individuelle Präferenzen erklären lassen. Einige Pflanzenarten können Lamas und Alpakas schaden. Dazu gehören unter anderem Rhododendron, Oleander, Adlerfarn, Kreuzkraut und Eibe (vergleiche GAULY 1997; RAPPERSBERGER 2000). Größere Bestände dieser Arten sollten vorsorglich entfernt werden (KIRSCHTOWSKI 2009).
Gehölze werden zwar gelegentlich geschält, spielen als Nahrung jedoch nur dann eine Rolle, wenn die krautige Vegetation außerhalb der Kotplätze weitgehend abgeweidet ist. Dabei werden fast nur Blätter gefressen. Nach Reisinger (mündlich, zitiert in PREUSCHE 2006) verbeißen Lamas jedoch Gehölze stärker als Rinder.
Einfluss auf Vegetation und Landschaft
Lamas eignen sich zur Pflege magerer Standorte (GERKEN 1999). Als Schwielensohler produzieren sie kaum Trittschäden und können daher besser als zum Beispiel Rinder auf erosionsgefährdeten Hängen gehalten werden. Gehölze lassen sich durch Lamas und Alpakas vermutlich nicht wirksam zurückdrängen, auch wenn erhaltenswerte Einzelbäume gegen Schälen geschützt werden müssen.
Lamas und Alpakas legen Kotplätze an, die von der gesamten Herde genutzt werden und auf denen nicht gefressen wird. Die der Weidefläche entzogenen Nährstoffe werden also über den Kot nur an der Stelle des Kotplatzes abgegeben, sodass die Fläche mit der Zeit ausmagert.
Lamas wälzen sich regelmäßig auf kahlen Flächen und Sandplätzen, sodass solche Stellen auf der Weide erhalten werden (HELM 2001). Gewässer werden allenfalls im Uferbereich betreten.
Einfluss auf die Fauna
Spezielle Kenntnisse hierzu liegen nicht vor.
Empfohlenes Weidemanagement
Will man einer einseitigen Beanspruchung der Weide vorbeugen (die unter Umständen aber auch gewünscht sein kann), ist eine gemeinsame Haltung mit anderen Tieren (zum Beispiel mit Schafen oder Rindern) sinnvoll. Nach HELM (2001) sollte das Verhältnis von Lamas und Alpakas zu Rindern bei 1:5 bis 1:10 liegen. Ein Säubern der Kotplätze kann von Zeit zu Zeit notwendig sein, da die gesamte Herde diese Stellen benutzt, was zu einer erheblichen Ausdehnung führt. Auch erfolgt durch den Abtransport des Kotes ein Nährstoffentzug von der Fläche. Die Lage der Kotplätze kann gesteuert werden, indem man einige Kotpellets an die gewünschten Stellen legt (HELM 2001).
Alpakas auf einer Alm am Gardasee.
Besatzdichte und Herdgröße
Lamas fressen weniger als Schafe, dennoch sollte die Besatzdichte nicht wesentlich über der von Schafen liegen. Bei einer mittleren Futterwüchsigkeit wird bei größeren Tierbeständen als Besatzdichte für eine extensive Beweidung pro Hektar Weidefläche eine Größenordnung von 7 bis 10 ausgewachsenen Lamas beziehungsweise 12 bis 15 ausgewachsenen Alpakas (1,7 bis 2,5 GV) empfohlen (RAPPERSBERGER 2000). Bei der Pflege magerer Standorte dürften sich niedrigere Werte als sinnvoll erweisen. Für 2 Tiere muss mit einer Mindestweidegröße von 1.000 m² gerechnet werden sowie 100 m² für jedes weitere Tier (HELM 2001; RAPPERSBERGER 2000).
Welche Rasse?
Zwar werden bei Lamas und Alpakas mehrere Rassen unterschieden, die sich zum Beispiel eher für die Wollproduktion oder als Lasttiere eignen, doch spielen Rasseunterschiede für den Einsatz in der Landschaftspflege keine Rolle.
Lamas erreichen ein Stockmaß von bis zu 130 cm, Alpakas hingegen werden in der Regel nicht größer als 100 cm, was sich zum Beispiel auf die erforderliche Höhe der Zäunung auswirkt. Alpakas liefern hochwertigere Wolle als Lamas.
Kombination mit anderen Weidetieren
Eine gemeinsame Haltung mit anderen Haustieren wie Schafen, Ziegen, Rindern oder Pferden ist möglich. Sollen Gehölze zurückgedrängt werden, kann eine Kombination mit Ziegen sinnvoll sein.
Zäunung
Für die normale Umzäunung wird eine Mindestzaunhöhe von 100 cm für Alpakas und 140 cm für Lamas empfohlen. Zwei bis vier Elektrobänder haben sich bewährt. Für feste Einzäunungen kommen vor allem Knotengitterzäune in Frage. An besonders gefährdeten Weiden, zum Beispiel an Straßen, bietet ein Knotengeflecht mit einer Höhe von bis 1,40 m für Alpakas und bis 1,60 m für Lamas ausreichende Sicherheit. Ein Stangenzaun entsprechender Höhe mit zusätzlicher Absicherung durch einen Elektrozaun erfüllt diese Bedingungen ebenfalls (GAULY 2008). Wegen der erhöhten Verletzungsgefahr sollte jedoch kein Stacheldrahtzaun verwendet werden. Spitze Winkel sind zu vermeiden. Wichtige Hinweise zur Zäunung und zu Rechtsfragen der Weidesicherheit gibt das aid-Heft "Sichere Weidezäune" (Ausgabe 2010), ISBN 978-3-8308-0866-4.
Land- und betriebswirtschaftliche Aspekte, Tierschutz
Artgerecht ist eine Haltung in Kleingruppen. Sowohl weibliche Tiere als auch der Hengst sind dabei austauschbar. Neue Tiere werden in der Regel problemlos in die Herde integriert. Geschlechtsreife Hengste sind jedoch in Anwesenheit von Stuten untereinander unverträglich. In der Herde wird nur ein Leithengst geduldet. Daher erfolgt meist eine geschlechtergetrennte Haltung (HELM 2001). Stuten und Wallache können gut gemeinsam gehalten werden (GAULY 1997).
Alpakas und Lamas sind kaltes und trockenes Klima gewöhnt und haben eher Probleme bei Wärme und Nässe (SCHMID 2003). Sie können ganzjährig im Freiland gehalten werden, wobei jedoch ein zugfreier Unterstand zum Schutz vor Regen und Wind vorhanden sein muss.
In Europa werden Lamas und Alpakas hauptsächlich zur Wollgewinnung gezüchtet. Für die Wolle können wesentlich höhere Preise als für Schafwolle erzielt werden. Auch mit der Zucht und dem Verkauf der Tiere ist derzeit noch ein Gewinn zu erzielen. Lamas lassen sich außerdem für Trekkingtouren einsetzen.
Neuweltkameliden sind in Deutschland als landwirtschaftliche Nutztiere anerkannt (vergleiche § 51 Beweidungsgesetz). Für Lamas und Alpakas wurde in Bayern ein Großvieheinheiten-Schlüssel von 0,3 GV festgelegt. Bei einer gewerblichen Haltung beziehungsweise Nutzung muss der Tierhalter dem zuständigen Veterinäramt die eigene Sachkunde über deren artgerechte Haltung nachweisen (vergleiche § 11 Tierschutzgesetz), um eine Haltungsgenehmigung erteilt zu bekommen. Besonders die geringen Haltungskosten dürften dabei auch für landwirtschaftliche Betriebe ein durchaus nicht unbedeutendes Argument darstellen.
Spezielle Literatur
Gauly, M. (2008): Grunddaten und Kennzahlen der Neuweltkameliden. – Abschlussbericht KTBL-Arbeitsprogramm Kalkulationsunterlagen (KU), zusammengestellt und redaktionell bearbeitet von W. Achilles und Dr. N. Sauer, KTBL.
Gauly, M. (Hrsg., 1997): Neuweltkameliden. – Ein Leitfaden für Halter, Züchter und Tierärzte, Blackwell-Wissenschaftsverlag, Berlin.
Gerken, M. (1999): Neuweltkameliden in der Landschaftspflege. – Natur- und Kulturlandschaft 3: 236–240.
Helm, N. (2001): Die artgerechte Haltung, Fütterung und Züchtung von Lamas und Alpakas im Vergleich zu Schafen am Beispiel des Gutshof Borckenstein. – Reife und Diplomarbeit von Nicole Helm an der HBLA Sitzenberg.
Kirschtowski, J. (2009): Lamas und Alpakas für Wangelnstedt – Alternative Nutztierhaltung als Entwicklungsimpuls für eine Gemeinde im Weserbergland. – Diplomarbeit am Institut für Umweltplanung, Fakultät für Architektur und Landschaft, der Leibniz Universität Hannover: 135 S.
Preusche, K. (2006): Recherche zur Weidepflege im Spannungsfeld zwischen extensiver und intensiver Nutzung, zwischen traditionellen und modernen Verfahren, sowie Beurteilung der Wirksamkeit sonstiger steuernder Naturschutzmaßnahmen auf Weideflächen in Natura 2000-Gebieten. – Gutachten im Auftrag des Freistaates Bayern, vertreten durch die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege: 89 S.
Rappersberger, G. (2000): Lamas und Alpakas. – Ulmer-Verlag, Stuttgart.
Schmid, W. (2003): Themenbericht extensive Weiden. – Relais: Praxis Forschung für Natur und Landschaft: 24 S.
Autor:
Dr. Andreas Zahn
Hermann-Löns-Straße 4
84478 Waldkraiburg
Telefon +49 8638 86117
andreas.zahn@iiv.de
Gutachter:
Wir suchen dringend Expertinnen und Experten, die Erfahrungen mit Lama- und Alpakabeweidung mitbringen!
Zitiervorschlag:
Zahn, A. (2014): Beweidung mit Lamas und Alpakas. – In: Burkart-Aicher, B. et al., Online-Handbuch "Beweidung im Naturschutz", Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), Laufen, www.anl.bayern.de/fachinformationen/beweidung/handbuchinhalt.htm.
Ansprechpartnerin an der ANL:
Dr. Bettina Burkart-Aicher
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
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