7.1 Beweidung mit Schweinen
Diese Seite ist Teil des Online-Handbuchs "Beweidung im Naturschutz".
Die weiteren Kapitel finden Sie in der Übersicht
Zusammenfassung
Extensive Schweinehaltung kann sich insbesondere auf Pionierarten sehr positiv auswirken. Schweine werden überwiegend in Feuchtgebieten eingesetzt, doch auch aus trockeneren Lebensräumen liegen positive Erfahrungen vor. Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der Zäunung, ist die kurzzeitige Schweine-Freilandhaltung allerdings nur selten rentabel oder möglich. Der mehrjährige Einsatz (Größenordnung 10 Jahre) von Anlagen zur Schweine-Freilandhaltung kann eine ökonomische Perspektive darstellen, wenn keine stallbezogenen Kosten anfallen. Wird der Einsatz von Schweinen erwogen, sollten zuvor NEUGEBAUER et al. (2005) sowie SCHUMACHER et al. (2004) zu Rate gezogen werden.
Turopolje Schweine in den Save-Auen (Kroatien).
Foto: Andreas Zahn.
Naturschutzrelevante Informationen zu Biologie, Verhalten und Nutzungsgeschichte von Schweinen
Wildschweine (Sus scrofa) sind Allesfresser, die von Natur aus in gehölzreichen, eher feuchten Lebensräumen vorkommen. Die aus ihnen gezüchteten Hausschweine wurden bis in die jüngere Vergangenheit im Freiland gehalten, wobei bis ins 19. Jahrhundert hinein die Waldweide vorherrschend war. Insbesondere Buchen- und Eichenwälder wurden intensiv zur Schweinemast genutzt. Auch in Feuchtgebiete, Auen und Sümpfe wurden Schweine häufig getrieben. Mit der Einführung produktionssteigernder Ackerbauverfahren und Selektionszüchtung auf wenige Rassen im 19. Jahrhundert wurden die Voraussetzungen für eine effektive Mast im Stall geschaffen.
Schweine leben in Rotten. Dabei handelt es sich um Gruppen von Sauen mit ihren Nachkommen. Erwachsene Eber leben einzeln. Eber können während der Rauschzeiten der Sauen gegenüber Menschen aggressiv reagieren, ebenso Sauen mit jungen Ferkeln. Schweine haben eine begrenzte Fähigkeit zur Wärmeregulierung und nutzen deshalb bei hohen Temperaturen gerne Wasserstellen zum Baden oder Suhlen. Unter natürlichen Bedingungen ruhen Schweine an geschützten Stellen (Nestern) abseits der Futterplätze.
Fraßverhalten von Schweinen
Schweine sind Nahrungsopportunisten, das heißt sie nutzen die am leichtesten erreichbare energiereiche Nahrungsquelle zuerst, um dann sukzessive auf weitere Ressourcen zurückzugreifen. Sie weiden Pflanzenbestände ab und bevorzugen dabei leicht verdauliche, cellulosearme und energiereiche Pflanzen und Pflanzenteile, zum Beispiel Weidenröschen (Epilobium spec.), Scharbockskraut (Ficaria verna), Löwenzahn (Taraxacum spec.), Klee und Gräser (NEUGEBAUER et al. 2005). Sie ernähren sich insgesamt jedoch vielseitig von Wurzeln, Früchten, Knollen, Insekten, Würmern, Gehäuseschnecken, kleinen Wirbeltieren und Aas. Eicheln und Bucheckern bildeten in Mitteleuropa lange Zeit die Basis der Schweinemast. Ein wesentlicher Teil der Nahrung wird durch das charakteristische „Umgraben“ des Bodens gefunden, wobei die Vegetationsdecke erheblich verletzt wird (ZEHM et al. 2004). Die Wühlaktivität erreicht im Herbst ihr Maximum.
Flächiger Umbruch eines Landreitgras-Bestandes einer Binnendüne durch Wollschweine nach wenigen Wochen Weidezeit.
Foto: Andreas Zehm.
Einfluss von Schweinen auf Vegetation und Landschaft
Schweine weiden selten großflächig. Meist selektieren sie gezielt ihre Nahrung. Auf floristisch hochwertigen Flächen können bestimmte naturschutzfachlich bedeutsame Pflanzenarten – wie zum Beispiel Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) oder manche Orchideen – gezielt ausgegraben werden und abnehmen (BEINLICH et al. 2001). Schweine suchen auch im Flachwasser nach Nahrung, zum Beispiel nach Wurzeln von Rohrkolben (VILAGOSI 2005).
Allgemein hat die Wühltätigkeit der Tiere den größten Einfluss auf die Vegetation, wodurch konkurrenzschwache Arten und einjährige Arten (Therophyten) begünstigt werden. Daher lassen sich Schweine gut zu Renaturierung von Lebensräumen einsetzen, wenn artenarme Vegetationsbestände oder von dominanten Grasarten geprägte Flächen aufgebrochen werden sollen. Dies ist auch in sehr trockenen Habitaten, wie Landreitgrasflächen von Sandlebensräumen möglich (ZEHM et al. 2004). Bei torfigen und organischen Nassböden ist allerdings eine zusätzliche Mineralisierung durch die Wühlaktivität zu erwarten. Zudem besteht die Gefahr, durch die auf längerfristig genutzten Weiden meist erforderliche Zufütterung der Tiere und die daraus resultierenden Ausscheidungen eine Eutrophierung nährstoffarmer Standorte zu bewirken (BEINLICH et al. 2005b). Bei geeigneter Haltung (wie Umtriebskoppelbeweidung) kann allerdings eine Zufütterung weitestgehend vermieden werden.
Traditionell mit Schweinen beweidete Landschaften wie die Save-Auen in Kroatien zeichnen sich durch einen hohen Artenreichtum aus. Vor allem im nassen und feuchten Grünland sorgen Schweine durch ihre Wühlaktivitäten für eine hohe Morpho- und Vegetationsdynamik und schaffen so für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten dynamischer Lebensräume geeignete Habitate. Sie können aber auch zur Regeneration verbrachter Trockenrasen und Sandhabitate und zum Erhalt der Ackerwildkrautflora auf brachgefallenen Äckern beitragen (BEINLICH et al. 2001). Die Autoren nennen positive Auswirkungen der durch Schweine verursachten Bodenverletzungen: Die Artenzahl auf den Flächen steigt deutlich an, wobei an regelmäßige Störungen angepasste Arten beziehungsweise Arten, die auf offenen Boden angewiesen sind, stark gefördert werden. Dazu gehören Vertreter von Schlammlings- und Zwergbinsen-Gesellschaften sowie andere Pflanzenassoziationen nährstoffreicher aber dynamischer Auenlandschaften (FFH-Lebensraumtypen 3130, 3140, 3150, 3270). Als typische Pflanzenarten, die von Schweineweiden profitieren und heute selten geworden sind, gelten nach NEBEL et al. (1990), PHILIPPI (1969), SCHNEIDER-JACOBY (1990) und QUINGER (1993) beispielsweise:
- Braunes Zypergras (Cyperus fuscus)
- Quirlblättriger Tännel (Elatine alsinastrum)
- Wasserpfeffer-Tännel (Elatine hydropiper)
- Gottes-Gnadenkraut (Gratiola officinalis)
- Gewöhnlicher Schlammling (Limosella aquatica)
- Liegendes Büchsenkraut (Lindernia procumbens)
- Sumpf-Heusenkraut (Ludwigia palustris)
- Kleefarn (Marsilea quadrifolia)
- Polei-Minze (Mentha pulegium)
- Pillenfarn (Pilularia globulifera)
- Sardischer Hahnenfuß (Ranunculus sardous)
In Projektgebieten im norddeutschen Stromtal der Elbe sowie im Hügelland des Weserberglandes wurden nach NEUGEBAUER et al. (2005) auch folgende Arten durch Schweinebeweidung gefördert, wobei unter anderem die Aktivierung der Diasporenbank durch die Wühltätigkeit von Bedeutung war:
- Sumpfdotterblume (Caltha palustris)
- Dreimänniger Tännel (Elatine triandra)
- Röhriger Wasserfenchel (Oenanthe fistulosa)
- Sumpf-Quendel (Peplis portula)
- Acker-Röte (Sherardia arvense)
- Graugrüne Sternmiere (Stellaria palustris)
Gehölze werden durch Schweine kaum reduziert; insbesondere bewehrte Arten wie Dornsträucher können sich bei extensivem Besatz ausbreiten. Der durch Schweine freigelegte Rohboden schafft für diese Arten ideale Keimbedingungen (NEUGEBAUER et al. 2005).
Einfluss von Schweinen auf die Fauna
Schweine ernähren sich teilweise von tierischer Kost und bei hoher Besatzdichte ist von einer starken Reduktion der Fauna (inklusive von Wirbeltieren wie Amphibien, Reptilien und Kleinsäugern) auszugehen. Extensive Schweineweiden sind jedoch reich an seltenen Arten. In den Save-Auen werden zum Beispiel folgende Tierarten in hoher Dichte auf den Weiden gefunden (BEINLICH et al. 2001; NEUGEBAUER et al. 2005):
- Rotbauchunke (Bombina bombina)
- Laubfrosch (Hyla arborea)
- Blattfußkrebs (Lepidurus apus)
- Südliche Binsenjungfer (Lestes barbarus)
- Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus)
- Östlicher Blaupfeil (Orthetrum albistylum)
- Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)
Bodenorganismen wie Regenwürmer (Lumbriciden) können allerdings negativ beeinflusst werden (JAHN et al. 2005). Hinsichtlich des Artenspektrums von Spinnen und Insekten wurden auf Schweineweiden unterschiedliche Erfahrungen gemacht. So wird sowohl von Zunahmen seltener Arten (HILL et al. 2005) als auch von erheblichen Rückgängen der Individuendichten berichtet (STIMM et al. 2012). Für manche Tierarten, insbesondere für Vögel, verbessert sich die Nahrungsverfügbarkeit auf Schweineweiden deutlich. In den Save-Auen zählen zum Beispiel Löffler (Platalea leucorodia) sowie Weißstorch (Ciconia ciconia) und Schwarzstorch (Ciconia nigra) zu den profitierenden Arten (SCHNEIDER 1989). Vogelarten dichter Röhrichtbestände, wie der Teichrohrsänger, können hingegen abnehmen (VILAGOSI 2005).
In deutschen Projektgebieten profitierten zum Beispiel Wiesenpieper (Anthus pratensis), Wachtel (Coturnix coturnix), Braunkehlchen (Saxicola rubetra) – starker Anstieg der Revierdichte – sowie Bekassine (Gallinago gallinago) und Zwergschnepfe (Lymnocryptes minimus) – Zunahme der Rastbestände – von der Schweinebeweidung (BEINLICH et al. 2001, 2005a). Allerdings sollten Flächen mit bodenbrütenden Vogelarten erst nach der Brutsaison beweidet werden, wenn man Gelegeverluste verhindern will (BEINLICH et al. 2005b).
Traditionelle Hutweide mit Schweinen und Pferden in den Save-Auen (Kroatien).
Foto: Andreas Zahn.
Empfohlenes Schweine-Weidemanagement
Auf Schweineweiden hoher Besatzdichten wird die Vegetation weitgehend zerstört und der Boden umgegraben, ein Effekt der dem Pflügen vergleichbar ist. Naturschutzfachlich positive Auswirkungen sind in solchen Fällen vor allem dann zu erwarten, wenn eine Ruhephase ohne Beweidung annuellen und auf Rohböden angewiesenen Arten eine ungestörte Entwicklung ermöglicht oder es das Ziel war, dominante Arten zurückzudrängen. Werden Schweine zum Beispiel im Winterhalbjahr im Freiland gehalten, bietet dies einjährigen Gräsern und Kräutern im Frühjahr (nach Beendigung der Weide) optimale Möglichkeiten und führt zu blütenreichen Flächen (NEUGEBAUER et al. 2005). Es ist zweckmäßig, mehrere Koppeln einzurichten und Besatzdauer und Besatzdichte in Abhängigkeit von der Vegetationsentwicklung zu variieren. Während der Vegetationsperiode sollten floristisch bedeutsame Koppeln, beziehungsweise solche mit Entwicklungspotenzial, für mehrere Monate nicht oder nur sehr kurz beweidet werden, damit sich die Zielarten bis zur Samenreife entwickeln können. Flächen, die geringfügig umgebrochen werden sollen, können im Frühjahr und Frühsommer beweidet werden, da zu dieser Zeit die Wühltätigkeit gering ist oder die Tiere nach einer kurzen Beweidungsphase wieder umgestellt werden. Der Umbruch beginnt zumeist an leicht grabbaren Teilen der Koppel und setzt sich erst später in dichtere Vegetationsbestände oder festere Böden fort (ZEHM et al. 2004). Bei ganzjähriger Freilandhaltung kann zur Verminderung des Umbruchs erwogen werden, die Tiere im Winter auf Ackerflächen zu halten, auf denen Futter für die Tiere angebaut wurde (BEINLICH et al. 2005b). Da sich Kot- und Harnplätze in einem Umkreis von 50 m um die Futterplätze und Hütten konzentrieren, kann durch entsprechende Platzwahl die Verteilung der Nährstoffe auf den Weiden gesteuert werden (NEUGEBAUER et al. 2005).
Problempflanzen wie Ackerkratzdisteln, Ampfer oder Weidenkeimlinge müssen auf den Weideflächen unter Umständen mechanisch bekämpft werden. In hängigem Gelände (ab zirka 5 % Hangneigung) kann (Wasser-)Erosion aufgrund der offenen Bodenstellen zu Problemen führen (BEINLICH et al. 2005b).
Wünschenswert, doch angesichts gesetzlicher Vorgaben (SchHaltHygV 1999) derzeit nicht realisierbar, wäre der Einsatz von Schweinen in geringer Dichte als Ergänzung zu anderen Weidetieren. Ganz nach dem Vorbild der Save-Auen, in denen noch die ursprüngliche Form der Hutweiden zu finden sind. Hier werden verschiedene Tierarten (Rinder, Pferde, Schweine, Gänse) gemeinsam auf den Flächen in einer sehr geringen Dichte (etwa 0,1 GV/ha) gehalten.
Besatzdichte und Herdgröße für Schweineweiden
Bei extensiver Beweidung wurden in einem Modellvorhaben auf 1,2 und 1,6 ha großen Koppeln positive Auswirkungen auf die Vegetation bei einer Besatzdichte von 5 Sauen beziehungsweise 1,5 GV/ha festgestellt. Die Tiere wurden von Mai/Juni bis Ende November auf den Flächen gehalten (BEINLICH et al. 2001). In der Regel werden zur Landschaftspflege 2,5 bis 5 Sauen beziehungsweise 0,75 bis 1,5 GV/ha eingesetzt (URL 1), wobei die Tiere je nach Einfluss auf die Vegetation unterschiedlich lang auf den einzelnen Koppeln verbleiben. Von NEUGEBAUER et al. (2005) wird dabei ein Flächenanteil von 30 % an Wühl-, Suhl-, und Kotstellen als Obergrenze vorgeschlagen. Je nach Artenausstattung der Habitate und naturschutzfachlicher Zielsetzung können auch schon deutlich niedrigere Werte (10 %) sinnvoll sein.
Welche Schweine-Rasse?
Bei entsprechender Gewöhnung (Beginn im Sommerhalbjahr) können grundsätzlich alle Rassen im Freiland gehalten werden. Aufgrund höherer Widerstandsfähigkeit und besserer Verwertung energiearmen Grundfutters eignen sich vor allem alte Schweinerassen wie Schwäbisch-Hällisches Landschwein, Deutsches Sattelschwein, Angler Sattelschwein, Buntes Bentheimer Schwein, Deutsche Landrasse Universal (DLU), Wollschweine (Mangalitza) oder Düppeler Weideschwein zur Landschaftspflege. Auch die aus den USA stammende Rasse Duroc und das Iberische Schwein sind vermutlich gut geeignet (BUNZEL-DRÜKE et al. 2008). Schwere Rassen wie Angler Sattelschwein oder Schwäbisch-Hällisches Landschwein neigen jedoch bei unebenem Bodenrelief oder gefrorenem Boden zu Gelenkschäden. Zu Bedenken ist auch, dass helle Hautpartien der Schweine im Sommer sonnenbrandgefährdet sind.
Wird die Haltung von Wildschweinen erwogen, ist dies mit der Jagdbehörde abzustimmen. Für jedes ausgewachsene Wildschwein sind 2.000 m² vorzusehen (BMELF 1995) und es sollten mindestens fünf Tiere pro Gruppe gehalten werden.
Die robusten Wollschweine werden in Ungarn zur Landschaftspflege eingesetzt.
Foto: Andreas Zahn.
Kombination von Schweinen mit anderen Weidetieren
In Deutschland dürfen derzeit Schweine nicht mit anderen Tierarten gehalten werden (SchHaltHygV 1999). In den Save-Auen weiden Rinder und Pferde gemeinsam mit Schweinen. Allerdings macht aufgrund der für Schweine erforderlichen aufwendigen Zäunung eine gemeinsame Haltung aus ökonomischen Gesichtspunkten mit anderen Tierarten meist wenig Sinn.
Zäunung für Schweineweiden
Da Schweine empfindlich auf Stromschläge reagieren und sehr lernfähig sind, sind sie theoretisch – wie auch in der Schweiz vielerorts praktiziert – mit einer einfachen Litze zu halten. Allerdings werden in Deutschland deutlich höhere Ansprüche an die Zäunung gestellt, die im Einzelfall mit dem örtlichen Veterinäramt abzustimmen ist. In vielen Fällen ist folgende Zäunung erforderlich: Koppeln können entweder durch Bretterzäune oder durch 1- bis 3-reihige Elektrozäune getrennt werden. Der unterste Draht eines Elektrozaunes sollte für Ferkel nicht höher als 10 bis 15 cm über dem Boden verlaufen. Damit ist ein hoher Wartungsaufwand verbunden. BUNZEL-DRÜKE et al. (2008) gehen bei einfachem Gelände von 1 bis 2 Stunden Arbeit pro km Zaunlänge aus, die für das Freischneiden alle 2 bis 3 Wochen während der Vegetationsperiode benötigt werden. Die Gesamtanlage muss aufgrund tierseuchenrechtlicher Bestimmungen durch einen in 2 bis 3 Meter Abstand zum Innenzaun verlaufenden, im Boden verankerten Außenzaun (mindestens 1,5 m hoch) gesichert werden, um einen Kontakt zu Wildtieren zu verhindern. Der Außenzaun sollte möglichst engmaschig sein und eingegraben werden (THIES 2003). Wichtige Hinweise zur Zäunung und zu Rechtsfragen der Weidesicherheit gibt PRIEBE et al. (2013).
Land- und betriebswirtschaftliche Aspekte sowie Tierschutz
Weideschweine stoßen bei der Bevölkerung oft auf großes Interesse. Durch die Erzeugung spezieller, regionaler Produkte (Eichelschwein 2015) lassen sich mitunter durch den Verkauf vergleichsweise hohe Erlöse erzielen (BEINLICH et al. 2005b). Allerdings hängt die Wirtschaftlichkeit der Schweine-Weidehaltung stark von den Kosten der Einfriedigung, der notwendigen antiparasitären Behandlungen sowie von der Reproduktionsleistung der Sauen ab (THIES 2003).
Moderne Schweinerassen können auf extensiven Freilandweiden nicht ausreichend ernährt werden, sodass in erheblichem Umfang zugefüttert werden muss (THIES 2003). Das auf der Weide aufgenommene Rauhfutter führt aber zu einer besseren Verwertung des Kraftfutters (BEINLICH et al. 2001). Daher sollte für Naturschutzprojekte auf geeignete Rassen geachtet werden, die (nahezu) ohne Zufütterung gehalten werden können (BREMERMANN 2002).
Schweine können zwar auch bei Frost im Freien gehalten werden, doch müssen sie entweder in Ställe wechseln oder Schutzhütten auf den Weiden als Rückzugsorte nutzen können. Die Hütten sind so zu dimensionieren, dass sie von den Tieren ausreichend aufgewärmt werden können (zirka 1,5 m² Liegefläche/Tier). Eine Einstreu aus Stroh ist erforderlich. Ferkel sind kälteempfindlich, sodass insbesondere im Winterhalbjahr wärmegedämmte Schutzhütten mit viel Einstreu erforderlich sind, um Jungtierverluste bei ganzjähriger Freilandhaltung zu minimieren. Dennoch kann es bei Ferkeln im Freiland generell zu höheren Verlusten sowie zu einer bedenklichen Parasitenbelastung kommen (THIES 2003). Durch vorbeugende Behandlung und eine Quarantäne für neue Tiere sollte vermieden werden, dass Parasiten auf die Weideflächen gelangen können, da sie dort kaum zu eliminieren sind (BEINLICH et al. 2005b). Durch einen häufigen Wechsel der Weideflächen und lange Weidepausen wird der Parasitendruck etwas reduziert.
Im Sommer sollte ein Teil der Weide beschattet sein. Schutzhütten reichen dazu in der Regel nicht aus, da sie sich zu stark aufheizen können. Wollschweine haben sich als besonders geeignet zur Beweidung von trockenwarmen Lebensräumen erwiesen. Auch sollten den Tieren Suhlen zur Verfügung stehen. Für die Körperpflege sollten den Schweinen raue, schräg stehende Pfähle in der Nähe der Suhle zum Scheuern angeboten werden (BEINLICH et al. 2005b).
Insgesamt sind die gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der Tierhygiene bei der Schweine-Freilandhaltung sehr hoch (SCHUMACHER et al. 2004). Das Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) ist die Grundlage für verschiedene weitere Gesetze und Verordnungen, wie zum Beispiel die Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV), unter die auch die Haltung von Schweinen im Freiland fällt, sowie die Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen und die Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV).
In Deutschland muss die Haltung von Schweinen im Freiland vom Veterinäramt genehmigt werden. Wichtige Anforderungen an die Freilandhaltung von Schweinen nach der SchHaltHygV sind:
- Doppelte Einfriedigung des Betriebes mit verschließbaren Toren
- Ein- und Ausgänge gegen unbefugten Zutritt sichern
- Hygieneschleuse mit Möglichkeit zum Umkleiden
- Verhindern einer Kontamination gelagerter Futtermittel
- Möglichkeiten zur Absonderung der in der Freilandhaltung vorhandenen Schweine im Seuchenfall sowie eine Aufstallmöglichkeit
Eine vollständige seuchenhygienische Abschirmung von Schweineweidebetrieben ist schwer möglich. Eine effektive Hygieneschleuse (Wechsel von Schuhwerk, Nutzung spezieller Kleidung, Desinfektion) kann zum Beispiel aufgrund der Gefahr der Übertragung der Schweinepest erforderlich werden (THIES 2003) ist im Freiland aber kaum umsetzbar.
Literatur
(Online-Ressourcen zuletzt geprüft am: 14.01.2014)
Beinlich, B., Hill, B., Köstermeyer, H., Beck, L. & van Rhemen, K. (2001): Schweinefreilandhaltung in der Landschaftspflege – ein Überblick zum aktuellen Kenntnisstand. – Egge-Weser 14: 15–30.
Beinlich, B., Hill, T. H. & Köstermeyer, H. (2005a): Auswirkungen extensiver Schweinebeweidung auf die Avifauna von Feuchtgebieten. – In: Neugebauer, K. R. et al.: Schweine in der Landschaftspflege, NNA-Berichte 18(2): 163–173.
Beinlich, B., Neugebauer, K. R., Poschlod, P. & Thies, K. (2005b): Hinweise für die Praxis extensiver Schweinefreilandhaltung. – In: Neugebauer, K. R. et al.: Schweine in der Landschaftspflege, NNA-Berichte 18(2): 248–260.
Bremermann, N. (2002): Vergleichende Untersuchung zur Gesundheit, Mastleistung und Fleischqualität von Schweinen in der Stall- beziehungsweise Freilandhaltung. – Dissertation, Fachbereich Veterinärmedizin der FU Berlin.
BMELF (= BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN, Hrsg., 1995): Leitlinien für eine tierschutzgerechte Haltung von Wild in Gehegen. – 24 S.; www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungWild.html.
Bunzel-Drüke, M., Böhm, C., Finck, C., Kämmer, G., Luick, R., Reisinger, E., Riecken, U., Riedl, J., Scharf, M. & Zimball, O. (2008): Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung – „Wilde Weiden“. Arbeitsgem. Biol. Umweltschutz Kreis Soest e. V., Bad Sassendorf-Lohne.
Eichelschwein (2015): www.eichelschwein.de.
Hill, B. T., Beck, L. A., Beinlich, B. & Dietrich, M. (2005): Veränderung der Laufkäferzönosen verschiedener Grünlandtypen durch extensive Schweinebeweidung. – In: Neugebauer, K. R. et al.: Schweine in der Landschaftspflege, NNA-Berichte 18(2): 181–192.
Jahn, R., Tischler, S. & Bierke, A. (2005): Bodenökologische Auswirkungen der Schweinefreilandhaltung und Bewertung hinsichtlich des Bodenschutzes – In: Neugebauer, K. R. et al.: Schweine in der Landschaftspflege, NNA-Berichte 18(2): 77–91.
Nebel, M., Philippi, G., Quinger, B., Rösch, M., Schiefer, J., Seybald, O. & Seybold, S. (1990): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Spezieller Teil (Pteridophyta, Spermatophyta). – Ulmer, Stuttgart.
Neugebauer, K. R., Beinlich, B. & Poschlod, P. (2005): Schweine in der Landschaftspflege – Geschichte, Ökologie, Praxis. – NNA-Berichte 18(2): 260 S.
Philippi, G. (1969): Zur Verbreitung und Soziologie einiger Arten von Zwergbinsen- und Strandlingsgesellschaften im badischen Oberrheingebiet. – Mitt. bad. Landesver. Naturkunde u. Naturschutz N. F. 10: 139–172.
Priebe, R., Leitner, P.-J., Hasselfeldt, K. & Kulmann, J. (2013): Sichere Weidezäune, aid-Heft: 76 S.
Quinger, B. (1993): Elatinaceae, Tännelgewächse. – In: Sebald, O. et al. (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Bd. 2. – Ulmer, Stuttgart: 23–30.
SchHaltHygV (1999): Verordnung über hygienische Anforderungen beim Halten von Schweinen (Schweinehaltungshygieneverordnung – SchHaltHygV) vom 07. Juni 1999: www.agrar.de/agenda/SHHV.htm.
Schneider, M. (1989): The importance of the alluvial wetlands of the Sava River in Posavina/Croatia for endangered bird species in Europe. – Period. biol. 91(1): 140.
Schneider-Jacoby, M. (1990): Verbreitung und Gefährdung typischer Wasserpflanzen-Arten in der Save-Stromaue im Bereich des geplanten Naturparkes "Lonjske Polje". – Acta Bot. Croat. 49: 125–136.
Schumacher, J., Farke, A. & Sundrum, A. (2004): Leitfaden für die praktische Umsetzung einer Freilandhaltung von Mastschweinen. – In: Bundesprogramm Ökologischer Landbau, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Hrsg.): Ganzjährige Freilandhaltung von Mastschweinen als Fruchtfolgeglied in der Ökologischen Landwirtschaft: Universität Kassel, unveröffentl.; www.orgprints.org/5289/1/5233-unikassel-sundrum-2004-schweine-freiland-leitfaden.pdf.
Stimm, B., Huss, H. & Mosandl, R. (2012): Das Eichelschwein – Zukunft für eine traditionelle Wirtschaftsform? – Naturschutz und Biologische Vielfalt 115: 231–246.
Thies, K. (2003): Tiergesundheit und seuchenhygienische Aspekte bei extensiver Schweinefreilandhaltung im Rahmen der Landschaftspflege. – Dissertation, Tierärztliche Hochschule Hannover.
URL 1 (2015): www.landwirtschaft-bw.info.
Vilagosi, J. (2005): Fallbeispiel: Die Beweidung von Feuchtgebieten mit Wollschweinen. Erste Erfahrungen aus dem Kis-Jusztus-Sumpf im Nationalpark Hortobagy (Ungarn). – In: Neugebauer, K. R. et al.: Schweine in der Landschaftspflege, NNA-Berichte 18(2): 32–38.
Zehm, A., Süß, K., Eichberg, C. & Häfele, S. (2004): Effekte der Beweidung mit Schafen, Eseln und Wollschweinen auf die Vegetation von Sand-Ökosystemen. – NNA-Berichte 1: 111–125.
Autor:
Dr. Andreas Zahn
Hermann-Löns-Straße 4
84478 Waldkraiburg
Telefon +49 8638 86117
andreas.zahn@iiv.de
Gutachter:
Dr. Klaus Neugebauer
Dr. Andreas Zehm
Zitiervorschlag:
Zahn, A. (2014): Beweidung mit Schweinen. – In: Burkart-Aicher, B. et al., Online-Handbuch "Beweidung im Naturschutz", Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), Laufen, www.anl.bayern.de/fachinformationen/beweidung/handbuchinhalt.htm.
Ansprechpartnerin an der ANL:
Dr. Bettina Burkart-Aicher
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Fachbereich 2: Angewandte Forschung und Wissenstransfer
Seethalerstraße 6
83410 Laufen
Telefon +49 8682 8963-61
Weitergehende Informationen
Interne Links
Externe Links
- Schweinefreilandhaltung in der Landschaftspflege - ein Überblick zum aktuellen Kenntnisstand
- Ganzjährige Freilandhaltung von Mastschweinen
- Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH)
- Weideschweine
- Save-Auen und Naturpark Lonjsko Polje: Das Grüne Herz Kroatiens
- Projekt Basdorfer Hutewald
- ANL-Projekt "Almen aktivieren"
Bildung und Forschung sind die Aufgaben der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in Laufen. Die Akademie wurde 1976 eingerichtet und gehört zum Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.
Links
- Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV)
- Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
- Nationalpark Berchtesgaden
- Nationalpark Bayerischer Wald
- BayernTourNatur
- YouTube-channel des StMUV
- Naturvielfalt in Bayern
- Energie-Atlas Bayern
- Bayern Arche
- Umweltbildung Bayern
- AG Fachreferenten Naturschutz (agn)