7.4 Beweidung mit Eseln
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Zusammenfassung
In trockenwarmen Lebensräumen kann eine Eselbeweidung naturschutzfachlich sehr sinnvoll sein, insbesondere als Ergänzung zu anderen Arten und für eine Beweidung kleiner Flächen. Esel schaffen wirksam Störstellen und eignen sich gut zum Zurückdrängen dominanter Gräser wie dem Land-Reitgras. Gehölze lassen sich durch Esel besser als durch Pferde oder Rinder eindämmen.
Spanischer Esel mit Fohlen.
Foto: Andreas Zahn.
Naturschutzrelevante Informationen zu Biologie, Verhalten und Nutzungsgeschichte
Wildesel kamen vom mittleren Pleistozän bis ins frühe Holozän im westlichen Eurasien vor (BURKE et al. 2003), doch die letzten nacheiszeitlichen Vorkommen erloschen in historischer Zeit in Südeuropa (BUNZEL-DRÜKE et al. 2008). Unsere Hausesel wurden vor über 8.000 Jahren domestiziert (JORDANA & FOLCH 1996). Sie stammen vom afrikanischen Wildesel (Equus africanus) ab, der in Freiheit fast ausgestorben ist.
Bei frei lebenden Eseln werden sowohl Stuten-Gruppen als auch Junggesellen-Gruppen beobachtet. Locker strukturierte Eselgruppen mit zeitweilig bis zu fünfzig (und mehr) häufig wechselnden Tieren (Stuten und Hengsten) werden ebenfalls angetroffen. Adulte Hengste verhalten sich territorial. Zwischen Hengsten kommen ernsthafte Kämpfe vor und auch gegenüber Stuten oder Menschen können manche Hengste sehr aggressiv sein. Stuten und Wallache sind gegenüber Menschen jedoch meist interessiert bis zutraulich und anhänglich, solange sie keine schlechten Erfahrungen gemacht haben. Daher können pädagogische und therapeutische Ansätze vielfach eine gute Ergänzungsnutzung zu Landschaftspflege-Aufgaben darstellen (KLOTZ 2012). Da Esel bis zu 40 Jahre alt werden können, muss eine Anschaffung unbedingt langfristig geplant werden.
Sofern sie keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht haben, sind Esel zutraulich und neugierig. Durch ihre ruhige Art sind sie auch hervorragend für therapeutische und pädagogische Zwecke geeignet.
Foto: Andreas Zehm.
Wie Pferde sind Esel keine Wiederkäuer. Ihr Verdauungssystem ist daran angepasst, karge Nahrung optimal auszunutzen, sodass sie auch harte Gräser und verholzende Stauden verwerten können. Zwar sind sie eigentlich Grasfresser, verdauen aber Zellulose effektiver als Pferde und kommen daher mit einem höheren Gehölzanteil in der Nahrung zurecht. Bezogen auf das Körpergewicht fressen sie weniger als Pferde, für dieselbe Fraßleistung sind also mehr Tiere erforderlich (BUNZEL-DRÜKE et al. 2008). Kot wird wie bei Pferden bevorzugt an bestimmten Stellen abgesetzt, allerdings finden sich auch zahlreiche Kotstellen über die Fläche verteilt. Diese Kotstellen werden nicht mehr befressen. Ebenso werden Urin-Klos eingerichtet (ZEHM et al. 2015).
Esel sind an trockene Lebensräume angepasst. Verglichen mit Pferden ist ihr Wasserbedarf geringer und die Toleranz gegenüber Sonneneinstrahlung höher. Das Eselfell durchnässt schnell und bietet nur einen geringen Schutz gegen Regen und Feuchtigkeit. Auch Kälte wird von vielen Rassen (insbesondere jenen aus Südeuropa) nicht gut vertragen.
Bei Eseln kommt individuell erlerntem Wissen und Gruppentraditionen eine hohe Bedeutung zu, wodurch das Fraßverhalten von Gruppen oder Individuen deutlich differieren und zudem von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein kann (ZEHM et al. 2015), was gegebenenfalls individuelle Anpassungen im Weidemanagement nötig macht.
Die Unterschiede und Einsatzmöglichkeiten von Eseln im Vergleich zu anderen Tierarten fasst Tabelle 1 zusammen.
Andere Weidetierarten im Vergleich mit Eseln (nach ZEHM et al. 2015).
Esel im Unterschied zu Pferden
- sind geländegängiger,
- fressen mehr Gehölze,
- sind oftmals sicherer im Umgang mit Giftpflanzen und, möglicherweise durch einen anderen Stoffwechsel, wohl auch verträglicher gegenüber einigen Arten,
- sind keine ausgeprägten Fluchttiere, stellen sich bei Gefahr und greifen beispielsweise Hunde eher an, als dass sie fliehen,
- können in der Regel in sehr einfachen Litzenzäunen gehalten werden,
- brauchen einen besseren Wetterschutz (haben kein wasserabweisendes Fell),
- verbeißen Problemarten besser (wie Orientalische Zackenschötchen, Disteln, Brennesseln),
- können durch den 1/3 längeren Darm auch aus nährstoffarmen Pflanzen ausreichend Energie gewinnen, sind dadurch genügsamer und ihr Kot hat nur geringe Düngewirkung,
- sind in der Hufpflege aufwendiger,
- sind gesundheitlich schneller gefährdet, wenn die Weide zu nährstoffreich ist,
- sind nicht oder nur bedingt für Feuchtflächen geeignet.
Esel im Unterschied zu Schafen
- fressen mehr Gehölze und grasartige Pflanzen (bauen Streuschichten besser ab),
- verbeißen die Grasnarbe niedriger und reichen bei Gehölzen weiter hinauf,
- werden zur Landschaftspflege in viel geringeren Individuenzahlen eingesetzt, daher stehen sie länger auf einer Weidefläche,
- sind aufwendiger zu führen: Eine Person kann nur 1 bis 2 Esel führen, bei einer Schafherde sind es mehrere hundert Tiere (Alternative: Verladen),
- haben eine viel längere Lebensdauer,
- öffnen die Grasnarbe deutlicher (Wälzkuhlen),
- benötigen bei Umtriebsweide keine Nachtkoppel und begründen somit keine ausgeprägten Ruderalflächen mit besonderer Gefahr der Verbreitung unerwünschter Arten, wie dem Orientalischen Zackenschötchen (Bunias orientalis).
Esel im Unterschied zu Ziegen
- sind nicht so geländegängig,
- fressen mehr krautige und vor allem auch grasige Pflanzen,
- sind viel leichter einzuzäunen (abgesehen von Hengsten),
- haben eine längere Lebensdauer.
Esel im Unterschied zu Rindern
- bleiben dauerhaft zutraulich,
- fressen mehr Gehölze,
- können mit deutlich geringerer Futterqualität auskommen,
- sind viel mehr an trockenere und nährstoffärmere Lebensräume angepasst,
- haben eine längere Lebensdauer,
- sind nicht oder nur bedingt für Feuchtflächen geeignet.
Fraßverhalten
Esel ernähren sich bevorzugt von Gräsern (LAMOOTA et al. 2005; STROH 2006), doch auch eine Präferenz für Leguminosen konnte beobachtet werden (SÜSS et al. 2009). Kleinwüchsige, krautige Pflanzen werden eher verschmäht. In Belgischen Sanddünen-Ökosystemen fraßen Esel hauptsächlich Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), die Früchte der Bibernell-Rose (Rosa spinosissima), Sand-Segge (Carex arenaria) und Glatthafer (Arrhenatherum elatius). Gehölze wie Gewöhnlicher Liguster (Ligustrum vulgare) und Kratzbeere (Rubus caesius) wurden stark verbissen. Bei Gehölzen wurde auch die Rinde geschält (COSYNS et al. 2001).
In hessischen Flugsandgebieten verbissen Esel besonders Gräser wie Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), Schmalblättriges Wiesen-Rispengras (Poa angustifolia) und Gewöhnliches Hundszahngras (Cynodon dactylon) sowie hochwüchsige Leguminosen. Manche Rhizomgräser, wie Cynodon dactylon und Carex hirta (wohl aber nicht Calamagrostis epigejos), werden vor allem im Winter zusätzlich ausgegraben und durch Tritt zur Vegetationszeit zurückgedrängt (ZEHM et al. 2015). Im Gegensatz zu den meisten Pferden fressen Esel bevorzugt sklerenchymreiche Kräuter, wie Brennnesseln oder Disteln. Anders als Schafe nehmen sie bei Herbst- oder Winterbeweidung auch gerne überständige, trockene Pflanzenteile an und wirken so einer Verfilzung entgegen (FUCHS 2013a; SÜSS et al. 2009). Gehölzverbiss findet verstärkt im Winter statt. Viele Holzarten werden von Eseln intensiv geschält und befressen (FUCHS 2013a), wenn auch deutlich weniger als von Ziegen (Tabelle 1). ZEHM et al. (2004) beobachteten, dass die Tiere Liguster mieden und auch Nadelhölzer kaum verbissen.
Pflanzenart | Intensität |
Naturschutzfachliche Zielarten | |
Armeria maritima ssp. elongata | + |
Bassia laniflora | + |
Corynephorus canescens | - -/+/++ |
Euphorbia palustris | + |
Euphorbia seguieriana | - |
Gentiana cruciata | - |
Goodyera repens | - |
Helichrysum arenarium | -/+ |
Iris spuria | - - |
Jurinea cyanoides | - |
Koeleria glauca | ++ |
Orobanche spec. | - |
Silene conica | + |
Stipa joannis | ++ |
Grasartige Pflanzen (sonstige) | |
Arrhenatherum elatius | -/+/++ |
Carex spec. | ++ |
Dactylis glomerata | +++ |
Phleum pratense | ++ |
Poa spec. | +++ |
Problemarten | |
Ailanthus altissima | - - |
Bunias orientalis | ++ |
Calamagrostis epigejos | ++ |
Cynodon dactylon | ++ |
Lupinus polyphyllus | - |
Mahonia aquifolium | - - (+++) |
Phragmites australis | ++ |
Prunus serotina | +++ |
Robinia pseudoacacia | + |
Gehölze | |
Acer pseudoplatanus | - |
Fagus sylvatica | +++ |
Fraxinus excelsior | ++ |
Juglans regia | +++ |
Juniperus communis | - |
Pinus sylvestris | + |
Quercus robur | ++ |
Tabelle: Fraßintensität von Eseln an ausgewählten Pflanzenarten nach den Erfahrungen von ZEHM et al. (2015), wobei naturschutzfachliche Zielarten und Problempflanzen im Fokus der Betrachtung stehen. Die vollständige Artenübersicht ist einsehbar unter www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/additional_data/zehm_2015_frasspraeferenzen.pdf.
Stufen für die Verbiss-Intensität: - - = wird völlig gemieden; - = nur gelegentlich Aufnahme minimaler Mengen; + = wird regelmäßig gefressen, aber geringe Präferenz; ++ = wird gerne gefressen; +++ = präferierte, zuerst intensiv gefressene Arten.
Einfluss auf Vegetation und Landschaft
Esel eignen sich besonders für Abbaustellen, offene Sandrasen bis Steppenrasen (SÜSS et al. 2009), aber auch für andere trockenwarme Lebensräume, wie Magerrasen des Tief- und Hügellandes, darunter zahlreiche Lebensraumtypen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Tabelle 3). Wenn dauerhaft trockene Weidebereiche vorhanden sind, auf die die Tiere jederzeit ausweichen können, lassen sich auch Feuchtlebensräume mit bindigeren Böden mit Eseln beweiden. Allerdings ist in diesen Fällen intensiv die Hufgesundheit zu überwachen. Esel kommen auch in steinigen Gebieten und Steilhängen gut zurecht (FUCHS 2013a). Hervorragend geeignet sind Esel, um lichte Kiefernwälder wiederherzustellen, da sie Laubgehölze reduzieren, die Flächen öffnen und für eine einsetzende Kiefernverjüngung sorgen (ZEHM et al. 2015).
In trockenen Habitaten schaffen Esel besser offene Bodenstellen als Schafe (siehe Tabelle 1), beispielsweise durch die Anlage von Wälzkuhlen, durch Trampelpfade und das Ausscharren schmackhafter Wurzeln, was die Etablierung von Keimlingen konkurrenzschwacher Arten, wie von Frühjahrs-Therophyten und Sand-Ackerwildkräutern (wie Ajuga chamaepitys und Nigella arvensis), fördert (ROSENTHAL et al. 2012; ZEHM et al. 2004). Andererseits können wertvolle Moos- und Flechtenpolster, Wintergrün-Arten und Küchenschellen durch Tritt beeinträchtigt werden, weshalb sie bei der Weideeinrichtung gezielt berücksichtigt werden sollten (ZEHM et al. 2015).
Durch häufige Nutzung fester Wege entstehen schnell offene Trittpfade, die Sonderlebensräume für zahlreiche Tierarten darstellen. Gehölze, einschließlich bewehrter Arten wie Rose, Schlehe und Weißdorn, werden von Eseln oft zu Krüppelgehölzen verbissen. Beliebte Arten – wie die Bäume der Gattung Prunus – werden bis zu einem Durchmesser von 30 cm vollständig geringelt und manche Gehölze durch Umbrechen (durch Scheuern und Hindurchlaufen) geschädigt (ZEHM et al. 2015). Die Gehölzschädigung durch Esel ist jedoch insgesamt deutlich geringer als durch Ziegen und bei extensiver Beweidung kann ein Aufkommen von Gehölzen nicht immer verhindert werden. Land-Reitgras wurde in Dünengebieten erfolgreich zurückgedrängt (PROVOOST et al. 2002; COSYNS et al. 2001). Eselbeweidung ist sowohl zur Wiederherstellung von Lebensräumen als auch zur Dauerpflege geeignet, wobei in einer neu etablierten Beweidung die Effekte besonders deutlich sind, während bei gleichbleibendem Management die Flächen zunehmend in einen stabilen Zustand kommen und in ihm gehalten werden können (ZEHM et al. 2015).
EU-Code | Name des Lebensraumtyps | |
E | 2310 | Trockene Sandheiden mit Calluna und Genista |
E | 2330 | Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis |
4030 | Trockene europäische Heiden | |
5130 | Formationen von Juniperus communis auf Kalkheiden und Kalkrasen | |
6110* | Lückige basophile oder Kalk-Pionierrasen, Alysso-Sedion albi | |
E | 6120* | Trockene, kalkreiche Sandrasen |
E | 6210 | Naturnahe Kalk-Trockenrasen Festuco-Brometalia |
E | 6240* | Subpannonische Steppen-Trockenrasen |
E | 91T0 | Mitteleuropäische Flechten-Kiefernwälder |
E | 91U0 | Kiefernwälder der sarmatischen Steppe |
Tabelle: Nach ZEHM et al. (2015) für die Eselbeweidung geeignete Lebensraumtypen des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (E = Schwerpunkte für Eselbeweidung; * = prioritäte Lebensraumtypen).
Winterbeweidung eines lichten Kiefernwaldes auf einer Binnendüne mit Eseln. Ziel ist, dominante Ruderalgräser und Gehölze in einem Fauna-Flora-Habitat- und Naturschutzgebiet zurückzudrängen.
Foto: Andreas Zehm.
Einfluss auf die Fauna
Hier bestehen vermutlich kaum Unterschiede zu vergleichbaren Kleinpferden (siehe Tabelle 1), abgesehen von der Entstehung umfangreicherer, offener Bodenstellen (Wälzkuhlen) und einem besseren Verbiss von Gehölzen, was sich auf die Fauna deutlich auswirken kann. Da Esel beispielsweise Hunde vertreiben und somit in der Lage sind, Flächen zu beruhigen, wird diskutiert, mit großflächigen Eselweiden zum Schutz von Bodenbrütern beizutragen. ZEHM et al. (2015) berichten, dass ein Fasanengelege sogar im Lieblingsgebüsch und -einstand einer Eselgruppe erfolgreich ausgebrütet wurde. Die Esel ließen rund um das Nest einen Vegetationskranz stehen und die Henne verließ nach rund 21 Tagen mit ihren Küken das Nest.
Durch das regelmäßige Sandbaden entstehen offene Bodenstellen, die wertvolle Sonderlebensräume für Pionierarten darstellen.
Foto: Andreas Zahn.
Empfohlenes Weidemanagement
Oft werden Esel in geringer Anzahl gemeinsam mit anderen Tierarten gehalten (beispielsweise in Ergänzung zu einer Schafherde), sodass sich das Management eher nach der häufigeren Art ausrichtet. Ansonsten kann man sich vielfach an einem Management für Kleinpferde oder Ponys orientieren. Esel haben allerdings einen geringeren Bewegungsdrang als Pferde und sind weniger schreckhaft. Die Eselbeweidung erweist sich daher nach ZEHM et al. (2004) als ideal für kleine Flächen, da die Tiere zeitweilig recht eng gekoppelt werden können. Nach diesen Autoren liegt eine minimal mögliche Koppelgröße für eine kurzzeitige Beweidung (wenige Tage, maximal eine Woche) bei 25 x 25 m. In der Regel sollten die Koppeln jedoch deutlich größer sein, da es bei beengter Haltung mitunter zu schwereren gegenseitigen Bissverletzungen kommen kann (BRIESE 2000).
Eselbeweidung ist kein Allheilmittel. Beispielsweise wird der Götterbaum (Ailanthus altissima) strikt gemieden (im Bild die zahlreichen senkrechten Schösslinge im Hintergrund), sodass manuelle Nachbearbeitung von Weideresten und/oder die Kombination mit anderen Weidetieren sinnvoll ist.
Foto: Andreas Zehm.
Besatzdichte und Herdengröße
Es ist von einem Flächenbedarf von rund 0,5 Hektar Grünland zur Deckung des jährlichen Futterbedarfs eines Esels auszugehen (BRIESE 2000). In der Landschaftspflege sind die Besatzdichten jedoch meist deutlich geringer. Im Raum Darmstadt werden rund 25 Esel auf zirka 50 ha Fläche eingesetzt, wobei zwischenzeitlich auch andere Weidetiere die Fläche nutzen (ZEHM et al. 2015). Eine 5- bis 10-köpfige Eselgruppe benötigt pro Hektar zwischen 3 und 5 Wochen Weidezeit (FUCHS 2013a); im Winter ist der Flächenbedarf aufgrund der geringeren Futterqualität größer.
Esel sollten in Gruppen aus Stuten und gegebenenfalls Wallachen oder einzelnen Hengsten gehalten werden. Die Mindestgröße einer Herde liegt bei drei Tieren, Herdengrößen ab fünf Tieren sind als günstig anzusehen. Bei gemischten Herden von Stuten mit einem Hengst gilt es, das Problem einer unkontrollierten Verpaarung zu lösen, da es sonst zu Winterfohlen, zu jung tragenden Stuten, Inzucht oder einer Vermehrung von schlecht gebauten Tieren führen kann. Adulte Hengste verhalten sich territorial (KLINGEL 1998) und können erfahrungsgemäß nicht als reine Hengstgruppen gehalten werden (BRIESE 2000). Auch aufgrund der Aggressivität vieler Hengste gegenüber Menschen ist ihre Haltung im Rahmen der Landschaftspflege meist unzweckmäßig.
Welche Rasse?
Es gibt in Europa verschiedene Großeselrassen, darunter die gefährdeten Rassen Katalanischer Esel (JORDANA & FOLCH 1996) und Poitou-Esel. In Mitteleuropa lässt sich jedoch hauptsächlich ein Gemisch unterschiedlich großer und gefärbter Tiere finden. Ihre Einteilung erfolgt nach der Größe:
- Zwerg-Esel (Stockmaß bis 105 cm)
- Normal-Esel (130 cm)
- Groß-Esel (über 131 cm)
Als eigene Rasse oder zumindest eigener Schlag wird der Thüringer Wald-Esel betrachtet. Für die Landschaftspflege eignen sich die meisten Rassen, abgesehen vom Andalusier-Esel, der eher zu kälteempfindlich ist, und vom Poitou-Esel, der oft mit gesundheitlichen Problemen (Gelenke, Bänder) behaftet ist (ZEHM et al. 2015). Am Neusiedler See (Österreich) wird die seltene weiße Rasse „Barockesel“ im Nationalpark eingesetzt, die bei viel Sonne jedoch zu Hauterkrankungen neigt. Großesel benötigen besseres und mehr Futter als kleinere Esel. Sie gelten als etwas toleranter gegenüber nährstoffreicheren Weideflächen.
Kombination mit anderen Weidetieren
Esel dürfen nicht alleine oder allein unter Pferden gehalten werden, sondern nur zusammen mit Artgenossen (VG TRIER 2014), da sie sonst ihr Sozialverhalten nicht ausleben können. Mehrere Esel können hingegen gemeinsam mit Ponys oder Pferden gehalten werden. Auf großen Koppeln oder bei der Wanderschäferei werden Esel gemeinsam mit Schafen und Ziegen eingesetzt. Durch eine Mischbeweidung aus Eseln und Schafen wurden bei der Pflege von Sandökosystemen gute Erfolge erzielt (SÜSS 2006; ZEHM et al. 2004). Eine gleichzeitige Koppelbeweidung mit Eseln und Schafen ist nach ZEHM et al. (2015) jedoch schwierig, da die Esel viel länger auf der Fläche weiden könnten, als es bei Schafen naturschutzfachlich ratsam ist. Die spezifischen Effekte der Eselbeweidung kommen so nicht zur Geltung. Es ist auch zu beachten, dass Esel, gerade bei beengter Haltung, andere Tiere durch Beißen und Schlagen ernsthaft verletzen können (BRIESE 2000).
Andererseits kann eine ergänzende Schaf- oder Ziegenbeweidung die Geilstellen an den Urin-Klos der Esel unter Kontrolle halten. ZEHM et al. (2015) berichten von guten Erfolgen bei der Pflege von Sandökosystemen und Kiefernwäldern durch eine sukzessive Mischbeweidung, bei der mit einer vorausgehenden Schafbeweidung die Pflanzenmasse und Futterqualität einer Fläche deutlich reduziert wird und ruderalisierte Teilflächen oder von ausdauernden Ruderalgräsern dominierte Flächen direkt im Anschluss mit Eseln nachbeweidet werden. Dabei werden die überständigen Gräser und andere Weidereste weitgehend gefressen, sodass eine bestmögliche Reduktion der unerwünschten Dominanzgräser erreicht wird (SÜSS et al. 2009; SÜSS 2006; ZEHM et al. 2004).
Einzelne Esel zusammen mit anderen Tierarten zu halten, wie es immer wieder geschieht, ist nicht artgerecht und unzulässig.
Foto: Andreas Zahn.
Zäunung
Hinsichtlich der Zäunung kann man sich an den Angaben für Ponys orientieren. Ergänzende Hinweise geben PRIEBE et al. (2016) und ZEHM et al. (2015).
Zäune sollten sich an Vegetationsgrenzen orientieren und die Koppeln insgesamt möglichst ähnliche Flächen umfassen, wenn eine gleichmäßige Nutzung der Vegetation erreicht werden soll. Bei der Zäunung sind spitze Winkel im Verlauf der Begrenzungen oder Umzäunungen zu vermeiden, damit die Tiere bei Auseinandersetzungen jederzeit ausweichen können (BRIESE 2000). Hengste brauchen deutlich stärkere Abzäunungen, sofern andere Esel oder Pferde in der Nähe sind!
Manche Autoren empfehlen für die normale Einzäunung Metall-Knotengitterzäune mit straff verspannten Horizontal-Spanndrähten mit einer stromführenden Litze 10 cm oberhalb des Knotengitters (BRIESE 2000). ZEHM et al. (2015) raten hingegen davon ab, da sie kaum wilddurchgängig sind und sich die Esel mit den Hufen verhängen können. Sie bevorzugen einfache mobile Elektrozäune, bestehend aus 2 Litzen und Pfosten mit einer Höhe von 115 cm, die sich rasch neu stecken und so jederzeit der Pflege- und Futtersituation anpassen lassen. Auch weisen sie darauf hin, dass Torgriffe nicht eingesetzt werden sollten, da pfiffige Individuen in der Lage sind, diese zu öffnen. Sie erwähnen zudem Einzeltiere, die es lernen, sich bei Futtermangel unter dem Zaun durchzurollen.
Schwierig zu begehende Bereiche werden bei nicht zu großem Weidedruck von den meisten Eseln gemieden, sodass zu erhaltende Bäume gefährdeter Arten relativ gut durch sie umgebende Gehölzhaufen geschützt werden können. Ansonsten können sie leicht ausgekoppelt werden, etwa durch einfache Litzen ohne Strom (ZEHM et al. 2015).
Land- und betriebswirtschaftliche Aspekte, Tierschutz
Esel benötigen faserreichen, energie- und proteinarmen Aufwuchs sowie als Ergänzung Äste und Zweige. Sie brauchen zusätzlich immer frisches Wasser, einen Salzleckstein und bei geschlossener Schneedecke zusätzlich Mineralfutter und etwas Heu, besonders wenn ein Ausweichen auf Gehölznahrung nicht möglich ist (ZEHM et al. 2015). Fettwiesen und nährstoffreiche Ruderalflächen sind für die Eselhaltung nicht geeignet, da hier für Esel erhebliche gesundheitliche Risiken bestehen (insbesondere akut lebensbedrohliche Koliken oder Übergewicht, Fettleibigkeit, aber auch Hufveränderungen und Lebererkrankungen BRIESE 2000). Die Gefahr von Koliken besteht vor allem beim Neuauftrieb auf Weiden und bei wüchsigem, mesophilem Grünland.
Esel, die als Herde in extensiver Freilandhaltung aufgewachsen sind, erkennen Giftpflanzen meist schnell und fressen sie in der Regel nicht. Vorsicht ist geboten bei unsozialisierten Tieren und Fohlen, die weniger als ein Jahr mit ihrer Mutter verbracht haben (ZEHM et al. 2015). Für die großflächige Landschaftspflege eignen sich Tiere, die an mitteleuropäisches Klima adaptiert und im Freiland mit Artgenossen aufgewachsen sind. Bei nicht freilandgewöhnte Tieren ist mit einer Eingewöhnungszeit von 1 bis 2 Jahren zu rechnen.
Hiesige Böden und das feuchte Klima machen eine regelmäßige Fell- und Hufpflege unabdingbar. Die Intervalle der Hufpflege variieren je nach Tier und Weidefläche zwischen alle 6 Wochen und zweimal im Jahr. Bei einigen Tieren ist eine jährliche Zahnpflege notwendig, etwa bei Fehlbissen oder altersbedingt (ZEHM et al. 2015). Aufgrund dieser vergleichsweise höheren Betreuungsintensität eignen sich Esel eher nicht für eine halbwilde Haltung. Unter mitteleuropäischen Klimabedingungen benötigen Esel ganzjährig einen trockenen, winddichten Witterungsschutz, in der Regel also einen Stall oder Unterstand auf der Weide. ZEHM et al. (2015) empfehlen für Umtriebskoppeln ein flexibel einsetzbares Weidezelt. In Absprache mit den zuständigen Veterinärämtern kann in manchen Fällen auf einen Unterstand verzichtet werden, wenn genügend natürlicher Schutz durch Bäume vorhanden ist (dies gilt nicht für Fohlen, deren Fell schnell durchnässt, sowie für alte Tiere). Im Sommer werden Unterstände auch zum Schutz vor Sonne und beispielsweise Kriebelmücken sowie Bremsen gerne genutzt (ZEHM et al. 2015).
Esel eignen sich besonders für trockene, magere Habitate. Ein Unterstand muss immer verfügbar sein.
Foto: Andreas Zehm.
Herdenschutz
Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Esel, Schafe oder Ziegen auf überschaubaren Weideflächen gut gegen Luchse schützen können. Auch werden sie eingesetzt, um Schafherden (bis 300 Tiere) auf übersichtlichen Weiden gegen Wölfe und Coyoten zu schützen (ANDELT 1995; GREEN 1989; SMITH et al. 2000; URL 2). Kritische Bemerkungen (URL 1; URL 3) zum Herdenschutz beziehen sich auf ungeeignete Weideflächen sowie Tierschutzaspekte und sind vielleicht auch auf zu wenige konkrete Erfahrungen in Mitteleuropa zurückzuführen (ZEHM et al. 2015). Gegenüber Bären sind Esel nicht wirkungsvoll (GREEN 1989).
Esel eignen sich gut für stadtnahe Flächen, da freilaufende Hunde für sie eine geringere Gefahr als für Schafe und Ziegen darstellen (ZEHM et al. 2004, 2010): Dringen Hunde in die Koppel ein, werden sie von den Eseln gemeinsam gestellt und abgewehrt, wobei es besonders bei führenden Stuten zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod der Hunde kommen kann. Nach Erfahrungen von ZEHM et al. (2015) fressen Wildschweine und Esel friedlich nebeneinander, wenn die Esel sich an die Anwesenheit von Schweinen gewöhnt haben (anfangs reagieren die Esel ängstlich und fliehen), wobei die Schweine die Weiden flächig umbrechen können, was die Ruderalisierung der Fläche fördert. Bei hoher Wildschweindichte müssen die Zäune öfter kontrolliert werden, da sie durch flüchtende Schweine zerstört werden können.
Literatur
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Zehm, A., Süß, K., Eichberg, C. & Häfele, S. (2004): Effekte der Beweidung mit Schafen, Eseln und Wollschweinen auf die Vegetation von Sand-Ökosystemen. – NNA-Berichte 1: 111–125.
Zehm, A., Fölling, A. & Reifenrath, R. (2015): Esel in der Landschaftspflege – Erfahrungen und Hinweise für die Beweidungspraxis. – Anliegen Natur 37(1): 55–66; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an37109zehm_et_al_2015_eselbeweidung.pdf und www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/additional_data/zehm_2015_frasspraeferenzen.pdf.
Autoren:
Dr. Andreas Zahn und Dr. Andreas Zehm
Gutachter:
Astrid Fölling, René Reifenrath.
Zitiervorschlag:
Zahn, A. & Zehm, A. (2016): Beweidung mit Eseln. – In: Burkart-Aicher, B. et al., Online-Handbuch "Beweidung im Naturschutz", Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), Laufen, www.anl.bayern.de/fachinformationen/beweidung/handbuchinhalt.htm.
Ansprechpartnerin an der ANL:
Dr. Bettina Burkart-Aicher
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Fachbereich 2: Angewandte Forschung und Wissenstransfer
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83410 Laufen
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