Floristische Schatzsuche auf Naturschutzverbands-Flächen
Laufzeit: 2017 bis 2018
Zum Schutz der biologischen Vielfalt haben die beiden großen bayerischen Naturschutzverbände Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV) und BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) bereits vor Jahrzehnten begonnen, naturschutzfachlich hochwertige Flächen anzukaufen. Über den gesamten Freistaat verteilt besitzen beide Verbände heute rund 4.900 Hektar wertvolle Naturflächen. Viele dieser Flächen sind unter ornithologischen Gesichtspunkten oder zum Schutz seltener oder gefährdeter artenreicher Lebensräume ausgewählt worden, um Lebensräume für Wiesenbrüter, Störche oder andere gefährdete Vögel zu erhalten, oder wurden beispielsweise zur Moor-Renaturierung angekauft. Nur ausnahmsweise wurden gezielt Flächen mit Vorkommen botanischer Raritäten wie Böhmischer Enzian (Gentianella bohemica), Karlszepter (Pedicularis sceptrum-carolinum) oder Arten der einzigartigen Gipssteppen erworben. Tatsächlich kann aber davon ausgegangen werden, dass viele verbandseigene Flächen wichtige Rückzugsgebiete für gefährdete Pflanzenarten darstellen, da es vielfach Sonderlebensräume sind, die erworben wurden.
Wo Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten bekannt sind, werden diese zwar häufig mit Artenhilfsprogrammen gezielt gefördert und geschützt, doch bislang wurden die Lebensräume nie systematisch nach besonderen Arten durchgesehen. Seit Mai 2017 erforschen daher sowohl LBV als auch BN im Rahmen eines Werkvertrags des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU), welche wertvollen Pflanzenarten auf den verbandseigenen Flächen zu finden sind und wie die dort bislang praktizierte Pflege verbessert werden kann. Dabei stehen vor allem Pflanzen im Fokus, die als sehr hoch gefährdet gelten (Rote Liste Kategorien 1 und 2) und für deren Erhaltung Bayern zugleich eine hohe oder sehr hohe Verantwortung hat. Die Auswahl der Arten orientiert sich somit an der Liste prioritärer Arten in Bayern.
Kartierungen durch den BN
Zwischen Juni und September kartierten regionale Experten sowohl die Pflanzenarten als auch teilweise die Vegetationsgesellschaften oder Biotoptypen der Schutzflächen des BN. So wurden beispielsweise im Landkreis Donau-Ries Karten der aktuellen Vegetation erstellt und die Fundpunkte seltener, wertgebender Pflanzenarten eingezeichnet oder vollständige Pflanzenartenlisten für BN-Flächen in Eichstädt, Freiung-Grafenau oder Hof erstellt. Bild-Dokumentation und Karten ergänzen jeweils die Aufnahmen.
Wo möglich, wurden die Ergebnisse mit älteren Kartierungen verglichen und geprüft, ob sich die Flächen entsprechend den Zielvorgaben entwickeln und wertgebende Arten in der bisherigen Pflege/Bewirtschaftung angemessen berücksichtigt sind. Wo nötig und sinnvoll, wurden Konzepte entwickelt, wie die Bewirtschaftung im Sinne des botanischen Artenschutzes optimiert werden kann.
Dabei konnte für zahlreiche Untersuchungsgebiete ein guter Pflegezustand und unveränderte botanische Artenausstattung sowie das Vorkommen der Zielarten festgestellt werden. Allerdings zeigte sich auch, dass in mehreren Fällen die Mahd-Häufigkeit erhöht werden sollte beziehungsweise ein früherer Schnitt erforderlich ist, um Gehölzaufkommen sowie randlichen Ruderalisierungs- und Eutrophierungs-Tendenzen zu begegnen. Manche Flächen sind so nährstoffreich, dass eine bisherige extensive Nutzung mit einmaliger Mahd nicht zur gewünschten Aushagerung geführt hat. Für einige Moorflächen am Grünen Band im Landkreis Freyung-Grafenau wird zudem eine weitergehende Wiedervernässung zur Entwicklung von artenreichen, offenen Moorflächen für nötig erachtet. Ergänzend werden für einige Flächen weitere Auflichtungen sowie für eine Fläche die Wiederaufnahme einer extensiven Beweidung vorgeschlagen.
Untersuchung der LBV-Flächen
Anhand der Grundstücksdatenbank wurden alle LBV-Flächen mit der Artenschutzkartierung des LfU verschnitten, um bereits vorliegende Artinformationen und naturräumliche Besonderheiten auszuwerten. Wie sich zeigte, variieren die Flächen in ihrer Größe und unterscheiden sich stark hinsichtlich ihres Biotop-Potenzials und dem zu erwartenden Arteninventar. Zudem sind die Lebensraumtypen sehr ungleich verteilt: Während fast alle Flächen Feuchtgrünland enthalten, sind Trockenlebensräume deutlich unterrepräsentiert. Sofern sich in den Datenbanken Hinweise auf Vorkommen von Pflanzenarten der Roten Liste Kategorie 1 oder 2 fanden, wurden die betreffenden Flächen zwischen Mai und September einmal – oder ausnahmsweise zweimal – aufgesucht und die Ergebnisse in die LBV-eigene Flurstücksdatenbank eingetragen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Artenrückgang selbst auf verbandseigenen Flächen stattfindet: Von den 109 Pflanzenarten der Roten Liste-Kategorien 1 oder 2, die ehemals auf verbandseigenen Flächen in 37 Landkreisen nachgewiesen worden waren, konnten im Projektzeitraum 27 Arten nicht mehr bestätigt werden. Sie werden aktuell als „verschollen“ eingestuft, da nicht abzusehen ist, ob eine optimierte Pflege zu einem eventuellen Wiederauftauchen führt. Für die übrigen 82 Spezies werden nun Pflegekonzepte entwickelt, welche auf die bestmögliche Entwicklung der Arten ausgerichtet sind.
Initiator:
Bayerisches Landesamt für Umweltschutz (LfU)
Träger:
Landesverbände von BUND Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV)
Werkvertragsnehmer:
BUND Naturschutz (BN)
Landesbund für Vogelschutz (LBV)
Landkreise:
ganz Bayern
Ansprechpartner:
Dr. Andreas Zehm, LfU
Weitergehende Informationen
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Was ist biologische Vielfalt?
Biologische Vielfalt (Biodiversität) lebt auf vielen Ebenen: Die unterschiedliche genetische Ausstattung bestimmt die Vielfalt der Arten, die zusammen eine Vielzahl verschiedener Lebensräume besiedeln.
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