"Fränkisch verwurzelt" – prägende Bäume unserer Kulturlandschaft
Laufzeit: ab 2017
Markante Baumgestalten prägen die Kulturlandschaft Frankens. Manche dieser grünen Veteranen dienten über Jahrhunderte als Gerichts- und Versammlungsorte, andere erinnern an historische Ereignisse und bezeugen diese mit Namen wie „Friedenseiche“ oder „Russenlinde“. Zu den uralten Zeitzeugen in Oberfranken zählen die „Kalte Staude“ bei Presseck im Landkreise Kulmbach oder der „Hüter des Feldes“, eine tausendjährige Stieleiche bei Nedensdorf im Landkreise Lichtenfels. Weitere kulturgeschichtliche Baumriesen sind die Tanzlinden in Limmersdorf, Isling und Effeltrich sowie einer der ältesten Apfelbäume Deutschlands bei Meierhof.
Heute sind die alten Bäume den Einheimischen ein Stück Heimat, den Besuchern bieten sie ein beliebtes Ausflugsziel. Dazu kommt ihr ökologischer Nutzen: Sie spenden Schatten, produzieren lebenswichtigen Sauerstoff und filtern Feinstaub aus der Atmosphäre – und sie sind letzte Rückzugsräume und wichtige Biotopverbundstrukturen in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft. Sie dienen Vögeln, unzähligen Insekten und rindenbewohnenden Flechten als Lebensraum. Spechte zimmern ihre Baumhöhlen, die sie später anderen Bewohnern überlassen: Fledermäuse finden darin ihr Tagesversteck, Kleinsäuger wie Haselmaus oder Siebenschläfer nisten darin. An abgestorbenen Ästen beginnen spezialisierte Pilzarten bereits mit der Zersetzung des Holzes und im Mulm hohler Bäume können sich seltene Großkäfer ansiedeln.
Obwohl die alten Bäume als "grüne Landmarken" in der fränkischen Landschaft fest verwurzelt sind, sind viele von ihnen bedroht. In wenigen Minuten lässt sich ein Baumriese fällen, der zum Heranwachsen mehrere Menschenleben gebraucht hat. Auch weniger drastische Eingriffe können alten Bäumen Schaden zufügen – zum Beispiel eine bis an den Stamm heranreichende Bodenbewirtschaftung oder fehlende Baumpflege. Mit dem Biodiversitätsprojekt "Fränkisch verwurzelt" will die Regierung von Oberfranken die alten Bäume besser schützen. Neben einer Bestandssichtung soll in der Bevölkerung, bei Straßenmeistereien und Entscheidungsträgern für die Bewahrung der Altbäume geworben werden. Im Fokus stehen sowohl prägende Einzelbäume als auch wegbegleitende Baumreihen oder Alleen sowie alte Streuobstbestände.
Alleen und Baumreihen
Alleen und Baumreihen waren einst klassische Gestaltungselemente in herrschaftlichen Parkanlagen, später auch in der Kulturlandschaft und in Städten. Sie wurden oft entlang von Wegen und Straßen angelegt, um mit ihrem Wurzelwerk die Fahrbahnen zu festigen, Erosion und Verwehungen abzuwenden und Reisende vor Regen und sengender Sonne zu schützen. Wo man sie stehengelassen hat, gliedern sie die Landschaft in charakteristischer Weise. Heute kommt es oft zu Konflikten bei anstehenden Straßenverbreiterungen und der Verkehrssicherung. Sehr gut erhalten sind die Lindenallee bei Schloss Greifenstein im Landkreis Bamberg, die Kastanienallee am Ortsrand von Moggenbrunn im Landkreis Coburg oder die Kirschbaumallee bei Unterneuses im Landkreis Lichtenfels.
Eine Sonderform der Baumreihen stellen die Kopfweiden dar. Sie wurden oftmals entlang von Fließgewässern gepflanzt, um die Ufer zu stabilisieren. Ihre typische Form erhielten sie, weil man ihnen in mehrjährigem Turnus die Seitenäste abgeschnitten hat, um daraus Körbe zu flechten. Kopfweiden prägen in manchen Regionen unser Landschaftsbild und sind wertvolle Biotope für Vögel und seltene Käferarten. Noch seltener sind Kopfeichen. Auch bei diesen entstand die Kopfform durch regelmäßigen Rückschnitt. Die Eichenrinde der Äste diente zur Ledergerbung. Als Zeitzeugen früherer Nutzungsformen sollten Kopfbäume regelmäßig gepflegt werden. Die Korbflechterei – und damit die Nutzung der Kopfweiden – haben im Landkreis Lichtenfels eine lange Tradition. Kopfeichen sind hauptsächlich bei Hetzles im Landkreis Forchheim zu finden.
Streuobstwiesen
Die traditionelle Form des Obstbaus ist durch hochstämmige, locker stehende Obstbäume unterschiedlichster Sorten gekennzeichnet. In der Regel werden die Bäume und Wiesen weder gedüngt, noch mit Pflanzenschutzmitteln behandelt und sind somit wichtige Refugien für seltene Insekten- und Vogelarten. Häufig finden sich dort alte und an die örtlichen Verhältnisse angepasste Obstsorten, die ein wichtiges Genreservoir für Neuzüchtungen darstellen. Durch Nutzungsaufgabe, fehlende Pflege, Überbauung oder Rodung für den Intensivobstanbau, gehören sie heute zu den stark gefährdeten Lebensräumen. Besonders viele Streuobstwiesen sind noch in den Landkreisen Bamberg, Forchheim und Lichtenfels zu finden. Viele sehr seltene Obstsorten kommen am Kraiberg bei Baunach, am Kirchberg in Gesees, in Oettingshausen und Heldritt sowie am Hetzleser Berg vor.
Das Projekt „Fränkisch verwurzelt“ konzentriert sich zunächst auf die Landkreise Coburg und Lichtenfels. 2017 begann die Kartierung und naturschutzfachliche Bewertung ausgewählter Bäume. Erfasst wird zudem ihre Bedeutung für das Landschaftsbild sowie eventuelle kulturgeschichtliche Hintergründe. Ergebnisse liegen für das Stadtgebiet Bad Rodach vor. Dort wurden 51 Einzelbäume, 13 Baumgruppen, 42 Baumreihen, 9 Alleen und 17 Streuobstbestände aufgenommen. Zu jeder dieser Baumgestalten und -gruppen gibt es nun ein zweiseitiges Baumporträt. In diesem "Steckbrief“ werden Baum und Standort beschrieben, seine Vitalität eingeschätzt und insbesondere seine naturschutzfachliche Bedeutung sowie die Wirkung auf das Landschaftsbild anschaulich dargestellt. Die Baumporträts werden den jeweiligen Eigentümern der Bäume sowie Entscheidungsträgern und den für die Unterhaltung von Straßen verantwortlichen Institutionen zur Verfügung gestellt. Damit soll für den Erhalt dieser in vieler Hinsicht wertvollen Bäume geworben werden.
Mittlerweile wurden auch die baumgeprägten Strukturen im Gebiet der Marktgemeinde Ebensfeld im Landkreis Lichtenfels erfasst. Eine wichtige Säule des Projekts ist eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Sie sensibilisiert die Bevölkerung für den Wert alter Bäume und ruft zur Mithilfe an ihrem Erhalt auf: Eigentümer werden so zu behutsamen Baumpflegern. Auch für den Verzehr heimischer Streuobstprodukte wird geworben, damit die Pflege alter Obstbäume rentabler wird.
Initiator/Träger:
Regierung von Oberfranken
Auftragnehmer:
Büro arc.grün landschaftsarchitekten stadtplaner, Kitzingen
Kooperationspartner:
Stadt Bad Rodach, Markt Ebensfeld und weitere oberfränkische Kommunen
Grundeigentümer, Bewirtschafter
Obst- und Gartenbauvereine
Tourismusverbände
Landkreise:
Coburg, Lichtenfels
Ansprechpartner:
Gerhard Bergner
Regierung von Oberfranken
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