Friedhöfe sind Oasen für Pflanzen und Tiere
Laufzeit: 2017 bis 2018, Fortsetzung 2018 bis 2020
Friedhöfe sind Orte der Ruhe. Hier finden Besucher die notwendige Stille zur Besinnung und für die Trauer um Verstorbene. Gleichzeitig bieten Friedhöfe bei entsprechender naturnaher Gestaltung wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen. In Städten und Dörfern können die Freiflächen vor allem in Verbindung mit alten Baumbeständen und Gebäuden wichtige Rückzugsräume für viele Arten sein. Damit können Friedhöfe einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten.
Wie sich diese Vielfalt erhalten und noch gezielter fördern lässt, untersucht ein Biodiversitätsprojekt mit Mitteln des Freistaats. Im Auftrag der ANL entwickelte eine Biologin vom evangelischen Verein „Schöpfung bewahren konkret e. V.“ einen Aktionsplan, der geeignete und übertragbare biodiversitätsfördernde Konzepte auf Friedhöfen der evangelischen Kirche in Bayern aufzeigt. So können beispielsweise herkömmliche Rasenflächen durch Magerwiesen ersetzt werden. Des Weiteren lassen sich Öffnungen, Spalten und Nischen an historischen Gebäuden oder Mauerwerken erhalten, die Insekten, Eidechsen, Vögeln und Kleinsäugern als Rückzugs- und Nistmöglichkeiten dienen. Durch die fachgerechte Behandlung lassen sich auch sehr alte Bäume unter Wahrung der Verkehrssicherheit so erhalten, dass sie von Höhlenbrütern wie dem Schwarzspecht oder der Hohltaube genutzt werden können. So bieten Friedhöfe andernorts selten zu sehenden Tiere eine neue Heimat – und verschaffen so manchem Besucher ein unvergessliches Naturerlebnis.
Konzepte zur Förderung der Biodiversität
In einem ersten Schritt wurden unter mehreren geeigneten Friedhöfen zehn Anlagen ausgewählt, die sich in Größe, Struktur und Lage im Siedlungsgebiet sowie hinsichtlich der frei verfügbaren Flächen und deren Gestaltung unterscheiden. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Friedhofsflächen sowie ihre baulichen Anlagen ein beispielhaftes Potenzial besitzen, biologische Vielfalt zu erhalten und zu fördern. Als weitere wichtige Voraussetzung galt, dass die Kirchengemeinden im Projekt mitwirken wollen. Im zweiten Schritt wurden auf der Grundlage von Struktur- und Nutzungskartierungen Konzepte zur Förderung der Biodiversität entwickelt. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden und weiteren Kooperationspartnern wie Landschaftspflegeverbänden, Kreisfachberatung für Gartenbau und Landespflege sowie den ehrenamtlichen Fledermausberatern. Ein wichtiger Bestandteil des Projekts zielt nach wie vor darauf ab, die beteiligten Akteure von der Bedeutung von Biodiversität zu überzeugen und für ihren Erhalt und ihre Förderung zu sensibilisieren. Um auch die breite Öffentlichkeit zu erreichen, können sich Friedhofsbesucher und interessierte Bürger in Führungen und Schulungen darüber informieren, welche Arten in den Anlagen leben und wie ihre Vorkommen gefördert werden. Ein Faltblatt, das sich an Vertreter von Kirchengemeinden, kirchliche Umweltbeauftragte, Friedhofsbesucher sowie andere Interessierte richtet, zeigt Praxisbeispiele. Es gibt Pflegeempfehlungen, wie die Biodiversität auf Friedhöfen mit einfach umzusetzenden Maßnahmen gefördert werden kann. Aus Rasen können Wiesen entwickelt werden, Urnenfelder lassen sich naturnah gestalten und ein sorgsamer Umgang mit alten, unverputzten Mauern bietet vielen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Möchten Sie auf Ihrem Friedhof die Artenvielfalt und ökologischen Pflegemaßnahmen zeigen? Ein Flyer gibt Unterstützung, welche Lebensräume und Arten auf Friedhöfen häufig vorzufinden sind. Gemeinsam können beim Rundgang neue Maßnahmen festgesetzt werden.
Verstetigung und Erweiterung der Maßnahmen
Die hohe Nachfrage von Kirchengemeinden nach Unterstützung für eine naturnahe Gestaltung auf ihren Friedhofsflächen bestätigt das Interesse vieler Pfarrerinnen und Pfarrer, Umweltbeauftragten und anderen Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden, sich für die biologische Vielfalt engagieren zu wollen. Die im Jahr 2018 im Zuge der Betreuung eingeführten Maßnahmen in den oben genannten zehn Friedhöfen wurden fortgesetzt, um die geänderte Pflege langfristig zu etablieren, ihren Erfolg zu sichern und weitere Maßnahmen zu realisieren. Im Jahr 2019 wurden auch in sechs neuen Kirchengemeinden biodiversitätsfördernde Maßnahmen umgesetzt, die die Erfahrungen und Maßnahmen aus dem vergangenen Jahr ergänzten. Diese Friedhöfe werden auch im Jahr 2020 weiter betreut, um die Maßnahmen langfristig sicherzustellen. Der Aktionsplan wurde um zusätzliche Erkenntnisse und Empfehlungen erweitert. Aufgrund der hohen Nachfrage wurden Ende 2019 bereits 20 Kirchengemeinden betreut.
Die Erstellung von Pflegehinweisen unterstützt die Gärtner bei der Pflege. Ziel ist, die Inhalte der Merkblätter auch auf möglichst viele Friedhöfe unterschiedlicher Konfessionen über Multiplikatoren zu übertragen. Die Initiierung von Führungen als bewusstseinsbildende Maßnahme über biodiversitätsfördernde Strukturen sicherte ebenfalls die Verstetigung des Projekts und erhöhte die Akzeptanz in den Kirchengemeinden und den Friedhofsbesuchern.
Akzeptanz und Übertragung auf weitere Friedhöfe
Wichtiger Bestandteil für die Akzeptanz der biodiversitätsfördernden Maßnahmen sind bewusstseinsbildende Informationen und partizipative Aktionen für Friedhofsbesucher, Anwohner und andere interessierte Bürger. Neben den Merkblättern mit Pflegehinweisen und Handreichungen für Exkursionsführer dienen eine Veranstaltung der ANL für Akteure, welche für die Pflege der Friedhöfe zuständig sind, Pflanz- und Pflegeaktionen mit Schülern und Interessierten sowie ein Kurzfilm vor allem für Websites und Vorträge der Übertragung auf andere Friedhöfe.
Das Jahr 2020 steht im Zeichen der Übertragung auf Friedhöfe verschiedener kommunaler, katholischer und jüdischer Träger. Beispielhaft werden die Maßnahmen auf ausgewählten Friedhöfen initiiert und umgesetzt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass zu Beginn der Umstellung von Pflegemaßnahmen oder Neugestaltungen eine persönliche Beratung durch einen Fachexperten entscheidend für den Erfolg ist. Ergänzend werden auf institutioneller Ebene (zum Beispiel katholische Vereine, Kommunen) das Projekt und Best Practice-Beispiele vorgestellt. Ziel ist eine Zusammenarbeit nach dem Projektende zu etablieren und eine Betreuung zur Umsetzung biodiversitätsfördernder Maßnahmen weiterhin zu gewährleisten.
Der kirchliche Verein „Schöpfung bewahren konkret e. V.“ hat bereits im Jahr 2020 die Betreuung von weiteren interessierten Kirchengemeinden übernommen.
Initiator/Träger:
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Werkvertragsnehmer:
Schöpfung bewahren konkret e. V.
Hans Feil
Büro für Ornitho-Ökologie Dr. Richard Schlemmer
Andrea Jarzabek-Müller
Klaus Weber
Dueroli-Studios, Büro für bryologische und lichenologische Untersuchungen
tree group GmbH & Co. KG
Kooperationspartner:
PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH
Landkreise:
Ganz Bayern
Ansprechpartner an der ANL:
Johanna Schnellinger
Projektmanagerin Kommunikation
M. Sc. Landschafts-, Stadt- und Regionalmanagement
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Seethalerstraße 6
83410 Laufen
Telefon +49 8682 8963-62
Weitergehende Informationen
Interne Links
- Zur Übersicht der Projekte im Rahmen der bayerischen Biodiversitätsstrategie
- Zum Aktionsplan Friedhöfe
- Zum Flyer "Friedhöfe - Oasen für Pflanzen und Tiere"
- Zum Faltblatt "Führung durch den Friedhof. Ein Ort voller Lebensräume"
- Zum Merkblatt "Der Friedhof lebt! Mauern leben lassen"
- Zum Merkblatt "Der Friedhof lebt! Urnenfelder naturnah gestalten"
- Zum Merkblatt "Der Friedhof lebt! Lebendige Wiesen schaffen"
- Zum Merkblatt "Der Friedhof lebt! Alte Bäume erhalten"
- Zum Merkblatt "Der Friedhof lebt! Durch Aushagerung Vielfalt schaffen"
Externe Links
Was ist biologische Vielfalt?
Biologische Vielfalt (Biodiversität) lebt auf vielen Ebenen: Die unterschiedliche genetische Ausstattung bestimmt die Vielfalt der Arten, die zusammen eine Vielzahl verschiedener Lebensräume besiedeln.
Mehr über die Biodiversität