Wie die Moorlandschaften ihren Artenreichtum bewahren können
Laufzeit: 2014 bis 2020
Das FFH-Gebiet „Moore und Wälder westlich von Dießen“ im Landkreis Landsberg am Lech umfasst auf einer Fläche von knapp 2.600 Hektar ein Mosaik unterschiedlichster Lebensräume: Hochmoore, Moorwälder, Kalktuffquellen, Buchenwälder, Streuwiesen und naturbelassene Bäche wechseln sich mit feuchten Erlen-Eschenwäldern, Schlucht- und Hangmischwäldern ab. Kalk-Trockenrasen und magere Flachland-Mähwiesen erweitern das Spektrum an hochwertigen Biotopen und prägen diese herrliche Landschaft, die mit dem Ende der letzten Eiszeit von den Grundmoränen der zurückweichenden Gletscher geformt wurde.
Entsprechend vielfältig ist die dort heimische Flora und Fauna: Frauenschuh und viele weitere Orchideen, Primeln und Enziane haben dort letzte Rückzugsgebiete und dienen als Nektarquelle und Raupenfutter für zahlreiche gefährdete Tagfalter wie dem Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia), dem Hochmoorgelbling (Colias palaeno), dem Blauschillernden Feuerfalter (Lycaena helle) oder dem Dunklen Wiesenknopf-Bläuling (Maculinea nausithous). Gelbbauch-Unke und Kamm-Molch finden dort ebenso ihr Auskommen wie die gefährdete Schmale Windelschnecke (Vertigo angustior) und die vom Aussterben bedrohte Vierzähnige Windelschnecke (Vertigo geyeri).
Außergewöhnliche hohe Artenvielfalt
Diese außergewöhnlich hohe Vielfalt an Arten und Biotopen war bereits Anfang der 1990er-Jahre aufgefallen, als Entomologen im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt 450 Moore im ganzen Alpenvorland nach Tagfaltern abgesucht hatten. Im Anschluss an diese großflächige Kartierung wurden mehrere Moorgebiete im Voralpengebiet ausgewählt, um Hilfsmaßnahmen für die Moorfalter zu erarbeiten und umzusetzen. Eines dieser Gebiete fand sich im südlichen Teil des Landkreises Landsberg, wo neben zahlreichen sehr gut erhaltenen auch etliche stark beeinträchtigte Moore vorkommen. Durch den Erhalt und die Verbindung möglichst vieler Moorgebiete wollte man der Verinselung dieser einzigartigen Biotope entgegengenwirken und die Zukunft der dort lebenden Arten sichern.
1992 startete zunächst ein Artenhilfsprojekt für den Hochmoorgelbling und den Blauschillernden Feuerfalter, das speziell im südlichen Landkreis Landsberg sehr erfolgreich war. Es mündete in ein Artenhilfsprojekt für alle Moorfalter sowie verschiedene Reptilien und bezog neben den Hochmooren selbst auch die umgebenden Streuwiesen mit ein. Auf dieser fruchtbaren Vorarbeit baut das 2014 begonnene Biodiversitätsprojekt „Moore und Wälder westlich Dießen“ auf, dessen Finanzierung über einen Werkvertrag durch die Regierung von Oberbayern bis 2020 gesichert ist.
Im Fokus stehen dabei vor allem jene Moorgebiete, die sich in Privateigentum befinden und deren Rückbau und Pflege nur mit entsprechender Unterstützung durch die Grundstückseigner gelingen kann. Einige dieser Moore liegen im Bereich des FFH-Gebietes „Moorkette von Peiting bis Wessobrunn“; der Großteil der Flächen ist Teil des FFH-Gebietes „Moore und Wälder westlich Dießen“. Seit einigen Jahren wird in diesem außerordentlich hochwertigen Komplex aus Wald- und Moorstandorten zudem das BayernNetzNatur-Projekt „Moränenlandschaft zwischen Ammersee und Peißenberg“ umgesetzt. In diesem Kooperationsprojekt der Bayerischen Forstverwaltung, der Bayerischen Staatsforsten und der höheren Naturschutzbehörde werden Nutzungs- und Naturschutzinteressen modellhaft zusammengeführt.
Durch optimale Pflege Lebensräume erhalten
Das laufende Biodiversitätsprojekt hat zum Ziel, in zwölf Gebieten bereits begonnene Arbeiten zur Wiederherstellung und optimalen Pflege der Projektflächen fortzuführen und entsprechende Konzepte für zahlreiche neu aufgenommene Moorbereiche und einige angrenzende Staatsforstflächen zu entwickeln. Zu den Zielarten zählen alle Tagfalter, die in den Roten Listen Bayerns beziehungsweise Deutschlands als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht geführt werden, sowie die Kreuzotter (Vipera berus).
Eine Übersichtskartierung erbrachte im vergangenen Jahr auf den neu hinzugekommenen Untersuchungsflächen Nachweise von 57 Tagfalterarten und Widderchen. Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet bislang 79 Arten nachgewiesen, darunter 49 Arten der Roten Liste Bayerns, von denen 25 Arten als „stark gefährdet“ geführt werden.
Die vorgeschlagenen Pflegekonzepte zielen darauf ab, drei für die Zielarten bedeutende Lebensraumtypen optimal zu entwickeln oder zu erhalten: Offene Hoch- und Übergangsmoore, Streuwiesen und Flachmoore sowie Lichte Wälder und Waldränder. Viele der stark gefährdeten Moorfalter benötigen offene, gut vernässte Moorbereiche, auf denen die Futterpflanzen der Raupen gedeihen. Die offenen Hoch- und Übergangsmoorbereiche sind jedoch in der Mehrzahl durch Entwässerung und Torfabbau degeneriert und in der Folge stark verbuscht oder mit sekundärem Moorwald bestanden. Diese Flächen sollten deshalb nicht der Vegetationsentwicklung überlassen, sondern offengehalten werden. Die meisten dieser Standorte befinden sich in Privateigentum und sind häufig klein parzelliert, sodass eine wirksame Wiedervernässung meist nur schwer zu erreichen ist. Oft ist deshalb ihre regelmäßige Entbuschung die einzige Wahl, um ihre Eignung für die stark gefährdeten Schmetterlinge aufrecht zu erhalten.
Auch die Streuwiesen und Flachmoore des Projektgebietes sind teils noch außerordentlich artenreich und beherbergen eine Vielzahl von seltenen Tagfalterarten. Gleichzeitig stellen sie wichtige Nahrungshabitate und Vernetzungselemente für die vorkommenden Hochmoorfalter dar. Viele Streuwiesen, insbesondere auf nassen, schwer zu mähenden Bereichen, werden nicht mehr genutzt und liegen brach. Bei vielen Flächen trägt auch der Nährstoffeintrag aus den benachbarten, landwirtschaftlich genutzten Flächen zur Verschlechterung des Zustands bei. Auch hier empfiehlt sich eine regelmäßige Entbuschung mit Nachschnitt insbesondere der Weiden, Faulbäume und Erlen. Einzelne Jungfichten können als Rückzugsraum für die Kreuzotter stehen bleiben. Das angrenzende Grünland sollte extensiviert werden, um den Nährstoffeintrag zu reduzieren; die Mahdregime sind individuell auf die botanisch wertvollen Bereiche abzustimmen und dabei auch die teils widerstreitenden Bedürfnisse bestimmter Zielarten zu berücksichtigen. Um eine möglichst große Artenvielfalt zu erhalten, empfiehlt es sich generell, die Moore offen zu halten.
Initiator/Träger:
Regierung von Oberbayern/Bayerische Staatsforsten
Werkvertragsnehmer:
Hubert Anwander
Kooperationspartner:
Bayerische Staatsforsten
PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH, München
Untere Naturschutzbehörden Landsberg am Lech und Weilheim
Landkreis:
Landsberg am Lech
Ansprechpartner:
Stefanie Federl
stefanie.federl@reg-ob.bayern.de
Weitergehende Informationen
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Was ist biologische Vielfalt?
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