Ein Citizen Science-Projekt bringt zahlreiche Nachweise des seltenen Nashornkäfers in der Oberpfalz
Laufzeit: 2017 bis 2018
Der Gemeine Nashornkäfer (Oryctes nasicornis) ist eine imposante Erscheinung: Mit seinem bis zu 4 cm langen Körper zählt das schwarzbraune Insekt zu den größten Käferarten Europas. Der namensgebende Höcker auf der Oberseite des Kopfes – beim Männchen fällt er deutlich größer aus als beim Weibchen – macht die Tiere unverwechselbar. Trotzdem haben viele Naturfreunde hierzulande noch nie einen lebenden Nashornkäfer zu Gesicht bekommen. Die Käfer werden erst in der Abenddämmerung aktiv und sind schon deshalb nur mit Glück zu entdecken. Auch ihre Larven leben im Verborgenen, denn sie ernähren sich von Holz und anderem abgestorbenem Pflanzengewebe, das sie mit Hilfe spezieller Darmmikroben aufschließen und verdauen.
Die ursprünglichen Lebensräume des Nashornkäfers – alte, verrottende Bäume mit beständigem Pilzbewuchs – kommen in der heutigen Kulturlandschaft in Bayern kaum mehr vor. Im Gegensatz zu vielen anderen „xylobionten“ Insekten, deren Larven im Holz leben, hat sich diese Art geeignete Ersatzlebensräume erschließen können. Dies belegen die Daten der jüngsten Artenschutzkartierung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt: Darin sind bayernweit nur 29 Nachweise – meist von Einzeltieren – verzeichnet, die auf 16 Landkreise und Städte verteilt sind; die Fundorte umfassen Sägewerke, Sägemehl-, Hackschnitzel-, Kompost- und Misthaufen sowie Gärten, Wälder, Alleen, Baumgruppen, Gebäude und Siedlungen. Tatsächlich leben unsere heutigen Nashornkäfer also überwiegend als Kulturfolger in der Nähe des Menschen.
Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen
Im Rahmen eines Biodiversitätsprojektes sollte der aktuelle Bestand des Nashornkäfers im Landkreis Amberg-Sulzbach erfasst werden. Durch die Befragung mehrerer Gebietsbetreuer flossen auch Erkenntnisse zum Vorkommen der Art in den Landkreisen Schwandorf, Cham und Regensburg ein. Um mit geringem Aufwand einen Überblick über die Verbreitung von Oryctes nasicornis zu erhalten, rief der beauftragte Experte neben den Gebietsbetreuern das Landratsamt Amberg-Sulzbach, lokale Naturschutzgruppen sowie Obst- und Gartenbauvereine zur Mithilfe auf. Durch Umfragen bei Mitgliedern und Anzeigen in der örtlichen Presse sollte die Bevölkerung ermuntert werden, Funde von Nashornkäfern oder -larven via whatsapp, SMS, E-Mail oder per Telefon zu melden. Als eindeutige Nachweise wurden Fotos der Käfer sowie glaubwürdige Meldungen ohne Fotos gewertet.
Dieser Citizen Science-Ansatz erbrachte mit insgesamt 58 eindeutigen Funden doppelt so viele Nachweise wie zuvor aus ganz Bayern bekannt waren. 29 Funde lagen an verschiedenen Orten im Landkreis Amberg-Sulzbach, sechs in Neustadt/Waldnaab, 25 in Schwandorf, drei in Cham und einer im Landkreis Regensburg.
Akuter Schutz derzeit nicht nötig
Die Bestandssituation lässt sich aufgrund der vorliegenden Daten nicht abschätzen. Jedoch zeigen die zahlreichen Meldungen, insbesondere aus vielen Teilen des Landkreises Amberg-Sulzbach, dass der Nashornkäfer stellenweise weit verbreitet ist und nicht nur über einzelne Vorkommen verfügt. Laut Einschätzung des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Entomologen e.V. Heinz Bussler sind akute Arthilfsmaßnahmen für den Nashornkäfer derzeit nicht notwendig, zumal frühere Ansiedlungsversuche in hohlen Bäumen – etwa im nördlichen Steigerwald – gescheitert sind. Bislang sind keine Vorkommen in Wäldern oder anderen siedlungsfernen Gebieten bekannt, im Gegenteil: Erwachsene Käfer finden sich häufig unter Straßenlaternen und die Larven kommen teils in großen Mengen in kommunalen Kompostieranlagen vor. Daher setzt das Biodiversitätsprojekt auf den Erhalt geeigneter Ersatzlebensräume. Dazu soll im zweiten Projektjahr 2018 die Bevölkerung für die prächtigen Käfer sensibilisiert und über ihre Biologie aufgeklärt werden. Da weder die Larven noch die Käfer frisches Pflanzenmaterial fressen, stellen sie keine Gefahr für Kulturpflanzen dar. Um das Angebot an Ersatzlebensräumen zu erweitern, soll daher insbesondere für die Anlage von Hochbeeten und langlebigen Komposthaufen mit hohem Anteil an Holzabfällen geworben werden.
Initiator/Träger:
Regierung der Oberpfalz
Werkvertragsnehmer:
Büro für Landschaftsökologie, Donaustauf,
Dipl.-Ing. (FH) Hartmut Schmid, Tel: 09403/967657,
hart.schmid@t-online.de
Kooperationspartner:
Bayerisches Landesamt für Umwelt
BUND Naturschutz, Kreisgruppe Amberg-Sulzbach
Landesbund für Vogelschutz, Kreisgruppe Amberg-Sulzbach
Landratsamt Amberg-Sulzbach (Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege; Pressestelle)
Landschaftspflegeverband Amberg-Sulzbach
Örtliche Presse
Zoologische Staatssammlung München
Landkreise:
Amberg-Sulzbach, Schwandorf, Cham, Neustadt/Waldnaab, Regensburg
Ansprechpartner:
Maria Hanauer, Regierung der Oberpfalz
Maria.Hanauer@reg-opf.bayern.de
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