Wo und was jagt das Graue Langohr?
Laufzeit: ab 2017
Das Graue Langohr gehört zu den wenigen Fledermausarten, deren Bestandsentwicklung in Bayern rückläufig ist; entsprechend wird sie auf der Roten Liste Bayern als „stark gefährdet“ geführt. Der angestrebte Schutz dieser faszinierenden Säugetiere kann nur gelingen, wenn die Ansprüche der Arten, insbesondere an die Wochenstubenquartiere und Jagdgebiete, bekannt sind beziehungsweise besser erforscht und verstanden werden.
Die Wochenstubenquartiere des Grauen Langohrs befinden sich häufig in Dachstühlen von Kirchen. Dort sind sie vor allem durch Sanierungen bedroht, die oftmals nicht rechtzeitig gemeldet werden. Eine weitere Bedrohung stellt der fortschreitende Verlust an insektenreichen Habitaten im ländlichen Raum dar. Besonders negativ wirkt sich der Wegfall strukturierender Landschaftselemente aus, was mit einer schleichenden Entwertung und Verarmung der Jagdlebensräume einhergeht. Hier setzt ein Biodiversitätsprojekt im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) an. Dazu wurden zwölf Individuen des Grauen Langohrs mit Sendern ausgestattet, um so ihre Jagdgebiete zu erfassen. Die Technik kam bei dieser Fledermausart bislang nur in wenigen Studien zum Einsatz und wurde in Bayern erstmals durchgeführt. Die Projektleitung oblag den Biologen Matthias Hammer, Anika Lustig und Dr. Andreas Zahn von den Koordinationsstellen für Fledermausschutz in Nord- und Südbayern.
Es ist bekannt, dass Kolonien des Grauen Langohrs in Regionen vorkommen, die von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung geprägt sind. Durch Telemetrie sollten die für die Tiere bedeutenden Jagdhabitate identifiziert werden. Die Auswahl der Kolonien erfolgte nach Größe, Fangmöglichkeiten und Eigenarten des Umlandes und umfasste Gebiete in Unterfranken und im nördlichen Oberbayern. Dabei sollte geklärt werden, ob wichtige Landschaftselemente im Umfeld der Langohrkolonien womöglich begrenzt vorkommen und folglich das Beuteaufkommen und damit die Nahrungsgrundlage der Fledermäuse limitieren. In diesem Fall können die Jagdgebiete gezielt aufgewertet werden.
Nahrungsanalysen zur Identifizierung der Beutetiere
Im Projektzeitraum konnten bei insgesamt vier Fangaktionen in drei Gebäuden – namentlich im Pfarrhaus Hoheim sowie in zwei Kirchen in Aresing und Theißing – erwachsene Weibchen des Grauen Langohrs im Netz gefangen, mit Sendern versehen und maximal drei Nächte lang verfolgt werden. Die so gewonnenen Daten verwiesen auf verschiedene Jagdhabitate im Nahbereich der Quartiergebäude sowie im weiteren Umland. Die Langohren suchten sowohl in der offenen Feldflur und an bachbegleitenden Gehölzen als auch in verschiedenen Wäldern Nahrung. Angeflogen wurden zudem Feldgehölze und Solitärbäume. Dabei wechselten die Tiere recht oft und schnell ihre Jagdgebiete und hielten sich selten längere Zeit in einem Gebiet auf. Die Entfernungen zwischen dem Wochenstubenquartier und den Jagdgebieten betrugen nicht mehr als 2,5 km. Die Telemetrie wurde durch mehrere Sichtbeobachtungen ergänzt. Sie gaben Auskunft über das Verhalten der Tiere in den Jagdgebieten und ermöglichten deren exakte Charakterisierung. Die Auswertung des umfangreichen Datenmaterials ist noch nicht abgeschlossen. Es wird eine Verlängerung des Projektes und eine erneute Telemetriestudie an der Kolonie in Hoheim im Frühjahr 2019 angestrebt.
Als Ergänzung zu den telemetrischen Untersuchungen sind Nahrungsanalysen geplant, um Rückschlüsse auf die Beutetierarten zu gewinnen. Dazu wird Kot aus den Langohr-Kolonien aufgesammelt; die darin befindlichen Beutetierreste werden unter dem Binokular bestimmt und zusätzlich durch ein Speziallabor auf DNA-Spuren untersucht. Diese Daten sollen Erkenntnisse darüber liefern, wovon sich die Grauen Langohren – insbesondere in insektenarmen Zeiten – ernähren und welche Nahrungshabitate sie im Jahresverlauf aufsuchen. Die Ergebnisse bilden die wissenschaftliche Basis für gezielte Aufwertungen der Jagdlebensräume im Umfeld von Wochenstubenquartieren.
Initiator:
Bayerisches Landesamt für Umweltschutz
Träger:
Koordinationsstellen für Fledermausschutz Südbayern und Nordbayern
Werkvertragsnehmer
NACHTaktiv – Biologen für Fledermauskunde, Dr. Irmhild Wolz, Jérôme Morinière, Advanced Identification Methods AIM GmbH
Kooperationspartner:
Brigitte Streber
Christian Söder
Pfarreien St. Georg in Hoheim, St. Martin in Aresing, Theißing und St. Martin in Großmehring
Landkreise:
Eichstätt, Kitzingen, Neuburg-Schrobenhausen
Ansprechpartner:
Anika Lustig, Koordinationsstelle Fledermausschutz Südbayern
Weitergehende Informationen
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