Suche nach verschollenen Fledermaus-Kolonien
Laufzeit: ab 2017
Die bayerischen Vorkommen der Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) beschränken sich auf wenige wärmebegünstigte Gebiete im Südosten zwischen der Isar und der Salzach. Eine individuenreiche Wochenstubenkolonie befand sich in der Kirche von Dettendorf im Landkreis Rosenheim. Ab 2008 sind die Tiere dieser Kolonie aus unbekannten Gründen abgewandert; seit 2011 ist das Quartier verwaist. Der neue Quartierstandort war nicht bekannt, wurde aber im Umfeld des verlassenen Quartiers vermutet. Um ihn ausfindig zu machen, wurden 2017 im Rahmen eines Biodiversitätsprojektes entlang von bekannten Flugrouten und Jagdgebieten der Kolonie insgesamt acht Wimperfledermäuse gefangen, darunter auch zwei laktierende Weibchen – erkennbar an ihren milchgebenden (laktierenden) Zitzen. Diese beiden Fledermaus-Mütter wurden mit Sendern ausgestattet. Tatsächlich konnte noch in derselben Nacht mittels der telemetrischen Daten die aktuelle Wochenstube lokalisiert werden: Sie befindet sich etwa 450 m nordöstlich des verwaisten Quartiers in einem Heuschober über einem Kuhstall in Dettendorf. Auf eine exakte Zählung der Koloniemitglieder wurde verzichtet, um die sehr störanfälligen Tiere nicht unnötig zu beunruhigen. Stattdessen wurde ein Foto vom Hauptpulk der Kolonie angefertigt; darauf lassen sich mindestens 179 Individuen unterscheiden. Mit der Kenntnis des derzeit genutzten Quartieres ist ein wesentlicher Schritt zum Schutz dieses bedeutenden Vorkommens der Wimperfledermaus getan.
Fledermaus-Mütter führen zur verschollenen Kolonie
Im Rahmen des Projektes sollte auch nach einer verschollenen Mausohr-Kolonie im Landkreis München gesucht werden, sie blieb jedoch erfolglos. Die Kolonie hatte sich im Kloster Schäftlarn einquartiert und war jährlich gezählt worden. Ihren maximalen Bestand hatte sie mit 510 Tieren im Jahr 2006 erreicht; im Jahr darauf ging die Koloniegröße aus ungeklärten Gründen zurück, bis schließlich nur mehr wenige oder keine Tiere mehr gezählt wurden. Intensive Bemühungen, weibliche Tiere entlang von Waldwegen und Gewässern in Buchenwäldern im Umfeld von Schäftlarn zu fangen, blieben vergebens. Unter den insgesamt 15 Fledermäusen aus sechs verschiedenen Arten, die während der Fangaktionen ins Netz gingen, befand sich lediglich ein Mausohr-Männchen. Um unbekannte Wochenstuben zu finden, müssen jedoch laktierende Fledermaus-Weibchen besendert und verfolgt werden.
2018 wurde die Suche nach bislang unbekannten Quartieren der Wimperfledermaus sowie der Brandtfledermaus in Oberbayern fortgesetzt – diesmal durch Netzfänge in Kuhställen in den geografischen Verbreitungslücken, wo Vorkommen zu erwarten waren. In einem Stall nahe Schloss Wildenwart bei Frasdorf hatten die Fledermausexperten Erfolg. Seit 1953 waren im Dachboden des Schlosses immer wieder Spuren von Wimperfledermäusen gefunden worden. Die letzten Nachweise in Form von Kotfunden stammen aus dem Jahr 2013; seither ist das Quartier verwaist. Zwar verlief die Überprüfung potenziell als Quartiere genutzter Gebäude in der näheren Umgebung des Schlosses erfolglos. In nahe gelegenen Kuhställen positionierte Batcorder nahmen jedoch Rufe auf, die eindeutig der Wimperfledermaus zuzuordnen sind. Also stellte man in den betreffenden Ställen Netze auf in der Hoffnung, damit laktierende Weibchen zu fangen, die dann besendert werden sollten. Tatsächlich konnte eine Brandtfledermaus (Myotis brandtii) gefangen, mit einem Sender versehen und telemetrisch bis in den Dachstuhl eben jenes Kuhstalls verfolgt werden, wo sich ihr Quartier befand.
Die wiederentdeckten Quartiere werden regelmäßig inspiziert
Die entdeckten Wochenstuben werden nun durch die Koordinationsstelle für Fledermausschutz betreut. Die Quartierbesitzer wurden bereits aufgesucht und über die Bedeutung und den Schutzstatus der Fledermauskolonien aufgeklärt. Das wiederentdeckte Wochenstubenquartier der Wimperfledermaus wird in das jährliche Sommerquartier-Monitoring aufgenommen. Auch die Wochenstubenquartiere der Brandtfledermaus werden nach Möglichkeit im jährlichen Turnus inspiziert, um die Anzahl der Individuen zu erfassen. Das Monitoring der Bestände wird von der Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Südbayern im Rahmen des Projektes "Forschungsvorhaben Bestandsentwicklung und Schutz von Fledermäusen in Südbayern" durchgeführt.
Initiator:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Träger:
Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern
Werkvertragsnehmer:
Dr. Doris Gohle, Brigitte Meiswinkel
Kooperationspartner:
Landwirte und Tierhalter
Melissa Haunstetter (Bachelorarbeit)
Landkreise:
Bad-Tölz, Miesbach, München, Rosenheim und Traunstein
Ansprechpartner:
Anika Lustig, Koordinationsstelle für Fledermausschutz
Weitergehende Informationen
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