Artenkenner auf die Rote Liste
(Andreas Zehm) Eine Studie des BUND Naturschutz in Bayern belegt den gefühlten deutlichen Rückgang von „Artenkennern“, also Menschen, die sich gut mit Tier- und Pflanzenarten auskennen. Anzunehmen ist, dass sich diese Entwicklung noch deutlich beschleunigen wird, wenn keine effektiven Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Schaut man sich im persönlichen Umfeld um, hat man häufig das unbestimmte Gefühl, dass Artenkenntnis und Zahl der Experten abnehmen. Ob einen dieses Gefühl täuscht, hat nun eine Studie des BUND Naturschutz in Bayern untersucht. Grundlage der vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Untersuchung war eine standardisierte Befragung von 70 Personen. Dabei konnte festgestellt werden, dass im persönlichen Umfeld der interviewten Personen in den letzten 20 Jahren die Anzahl von Artenkennern um durchschnittlich 21 Prozent abgenommen hat. Gleichzeitig wurde deutlich, dass für die nächsten 10 bis 20 Jahre von einem beschleunigten Rückgang auszugehen ist, da nur rund 8 Prozent der derzeitigen Artenkenner unter 30 Jahre alt sind und bislang noch ältere Experten aktiv sind, die altersbedingt absehbar ausfallen werden. Gleichzeitig ist kein nennenswerter Nachwuchs zu erwarten. Damit droht die naturschutzfachliche Basis zum Thema biologische Vielfalt und dessen Schutz zu erodieren.
Die Gründe für diesen Rückgang werden von den Autoren Kai Frobel und Helmut Schlumprecht als multikausal charakterisiert: Neben veränderten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, einer abnehmenden Artenkenntnis bei Lehrenden in außeruniversitären Lernorten und einem dramatischen Abbau von Lehrangeboten an den Universitäten sorgt das allgemeine Imageproblem des Artenschutzes für eine Abnahme an Kenntnissen. Zudem kann qualifizierte Artenkenntnis nicht in kurzen Zeiträumen ausgebildet werden, sondern setzt lange Lern- und Einübungszeiten sowie Praxiserfahrung voraus.
Das familiäre Umfeld, sehr unterschiedliche Institutionen und eine intensivierte verbandliche Arbeit sind gefordert, Angebote zur Verbesserung der Artenkenntnis bereitzustellen. Ansätze sehen die Autoren in einer naturschutzfachlichen Intensivierung der Umweltbildungs- und Naturerfahrungsangebote, einer Lockerung des Artenschutzrechtes, der gezielten Suche nach Nachwuchskräften und deren Förderung (auch durch Mentoren-Systeme), dem Aufbau einer leistungsstarken Naturschutzforschung an den Universitäten und in Koordinationsstellen für Artengruppen.
Weiteres Ergebnis der Studie war, dass eine Problemanalyse – wie auch aus den Originalzitaten im Diskussionsteil nachvollziehbar – ausreichend gut möglich ist, aber es auf allen Ebenen an umfassenden, tragfähigen Konzepten fehlt, wie die Artenkenntnis verbessert werden kann. Immerhin kann die Studie einige Ansätze und Modellprojekte aufführen, die zu einer (lokalen) Verbesserung der Artenkenntnis sorgen können.
Mehr:
Frobel, K. & Schlumprecht, H. (2014): Erosion der Artenkenner. – Gutachten im Auftrag des BUND Naturschutz in Bayern e.V.: 96 S., Nürnberg.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2014): Artenkenner auf die Rote Liste. – ANLiegen Natur 36/2, S. 18; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/artenkenner/.
Leider habe ich nicht viel Zeit zum Internetlesen. Aber das, was hier steht und beschrieben wird, ist so real, dass ich es bestätigen muss. Alle Versuche in den Hochschulen wieder Taxonomie zu lehren oder sogar in den Landwirtschaftsschulen solche wieder einzuführen, scheitern an der Finanzierung. Sogar in der Schule gibt es keinen Schulgartenunterricht mehr, der im Lehrplan festgeschrieben ist, also ein Pflichtfach, sondern es wird in den höheren Klassen „Bionik oder Biotechnologie“ gelehrt. Artenkenner werden nicht ausgebildet oder nur in NGO´s notdürftig geschult. Wie kann der junge Mensch etwas schützen, was er nicht als wertvoll erkennt. Tier, Pflanze und Boden wird nur noch als Ware angesehen. Den wahren Wert erkennen viele nicht.