Alle Pflanzen Bayerns im Überblick
(AZ) Die Kommentierte Artenliste ist ein Werk für Kenner der bayerischen Flora, die einen Referenzpunkt benötigen und auf dem aktuellen Stand der Benennung von Arten sein wollen oder müssen. So hält sich die 100 Jahre nach der ersten Bayernflora von M. Vollmann erschienene Artenliste der bayerischen Flora weder mit einem besonders gefälligen Layout auf, noch mit zahlreichen bunten Bildern oder anderen Appetithappen, die zum Durchblättern einladen würden. Doch das Nachschlagewerk in schlichtem Gewande war mehr als überfällig und ist letztendlich genau so richtig, wie es ist. Die Liste erfüllt ohne Schnörkel ihre Aufgabe, wieder einmal den Kenntnisstand zur Flora Bayerns zusammenzufassen und eine feststehende Referenz in einem sich dauernd verändernden Feld zu bieten. So definiert die Liste, welche der 5.897 bearbeiteten Sippen (Arten, Unterarten und Variationen) aktuell als einheimisch zu betrachten sind (insgesamt 3.156 Sippen), welche Sippen als fest etablierte Neubürger hinzugekommen sind (282 Sippen) und welche Arten sich momentan signifikant im Bestand verändern. Zudem gibt sie einen zeitlichen Referenzpunkt für rund 1.500 Sippen, die aktuell gerade dabei sind, in Bayern Fuß zu fassen, oder dauerhaft unbeständig bleiben werden.
Gleichzeitig definiert sie, welche wissenschaftlichen und deutschen Namen für welche Arten gültig sind und gibt grob an, wo die jeweilige Sippe vorkam, vorkommt oder sich aktuell ausbreitet. Belegt werden die Angaben durch zahllose – nicht immer leicht lesbare – Literaturangaben.
Damit ist das Buch die zentrale Grundlage für die zukünftige Flora von Bayern und die taxonomische Referenz für eine einheitliche Kommunikation zur Bayerischen Flora. Somit ist das Buch unverzichtbar für alle, die sich zukünftig tiefer mit der Bayerischen Flora beschäftigen wollen, und Grundlage für die Diskussion um die botanische Artenvielfalt unserer Heimat.
Eine weitere sehr wichtige Funktion einer derartigen Liste ist es auch, den derzeitigen Wissensstand zu dokumentieren und vorhandene Ungenauigkeiten und Fehler öffentlich zu machen. Nur so können Problemstellen definiert werden, um sie im Rahmen der weiteren Bearbeitung der Flora von Bayern zu beseitigen. So ist jeder aufgerufen, die Angaben in der Liste kritisch zu hinterfragen, Fehler zu finden und in die Flora von Bayern einzuspeisen.
Einzige kritische Kategorie der Zusammenstellung sind die kleinen schwarzen Pfeile, die ein Abnehmen oder Zunehmen der Sippen charakterisieren sollen und damit besonders relevant für den Naturschutz sind. Dabei sind die vorhandenen Pfeile in nahezu allen Fällen richtig, doch leider fehlen sie schlichtweg bei zahlreichen Arten, so dass der falsche Eindruck entstehen könnte, dass es mit der Abnahme der Arten ja doch gar nicht so schlimm sein kann. Allerdings müsste bei penibler Betrachtung hier für viele einheimische Arten ein nach unten zeigender Pfeil ergänzt werden, da sie die letzten Jahre deutlich abgenommen haben. Nur sie standen (wie beispielsweise Cardamine pratensis) bislang nicht so intensiv in der Wahrnehmung der Kartierenden, als das die Abnahmen wert wären, dokumentiert zu werden. Gleiches gilt für zahlreiche Neophyten, die gerade in der Etablierungsphase sind oder gar an der Schwelle zur Invasivität stehen, wie beispielsweise Telekia speciosa.
So wird deutlich, dass die Liste genau das ist, was sie immer geplant war zu sein: Ein zentraler Meilenstein und ein wertvoller Zwischenschritt auf dem Weg zu einer neuen Flora von Bayern.
Wolfgang Lippert & Lenz Meierott (2014): Kommentierte Artenliste der Farn- und Blütenpflanzen Bayerns. – Selbstverlag der Bayerischen Botanischen Gesellschaft: 408 Seiten, München; 18 Euro inklusive Porto für Mitglieder (25 Euro inklusive Porto für Nichtmitglieder).
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2015): Alle Pflanzen Bayerns im Überblick. – ANLiegen Natur 37/1, S. 107; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/artenliste/.