Artenschutz: Baumbewohnende Flechten ansiedeln
(Andreas Zehm) Viele Flechten brauchen einerseits lange Zeiträume, um neue Lebensräume zu besiedeln, andererseits unterlagen Flechtenlebensräume in den letzten Jahrzehnten massiven Veränderungen. Deshalb sind zahlreiche Flechten selten und stark gefährdet, so in der Schweiz die baumbewohnende Eichen-Stabflechte (Bactrospora dryina). In einem Experiment wurden Borkenstücke von einer absterbenden Eiche gesammelt und mit der darauf wachsenden Flechte an unbesiedelte Bäume geklebt. Diese Methode zur Ansiedlung hatte sich bei Blatt- und Strauchflechten bereits als erfolgsversprechende Methode zum Artenschutz erwiesen.
In zwei Jahren Projektlaufzeit hat die Mehrheit der transplantierten Flechten überlebt, aber es gelang ihnen noch nicht, sich am neuen Standort auszubreiten. Dies wird vermutlich aufgrund der langsamen Ausbreitungsfähigkeit von Flechten noch rund 20 Jahre in Anspruch nehmen. In bestehenden größeren Populationen wird in einem derartigen Zeitraum eine natürliche Besiedlung neuer Wuchsorte erfolgen, so eine Annahme der Projektbeteiligten, aber in gefährdeten Kleinpopulationen könnten solche Artenhilfsmaßnahmen eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, die Art langfristig zu erhalten. Unabdingbare Grundlage – mit zahlreichen Synergieeffekten für andere Arten – bleibt für den Schutz der Flechtenart aber im Rahmen waldbaulicher Maßnahmen, alte Eichen zu erhalten oder zu fördern.
Mehr:
SCHEIDEGGER, C. et al. (2014): Artenförderung per Transplantation. – Pro Natura Magazin 1/2014, 2 Seiten.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2014): Artenschutz: Baumbewohnende Flechten ausbreiten. – ANLiegen Natur 36/1, S. 14–15; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/baumbewohnende-flechten/.