Langfristige Bestandsentwicklung von Schmetterlingen in Bayern
Matthias Dolek, Carmen Liegl und Anja Freese-Hager
Langfristige Bestandsentwicklung von Schmetterlingen in Bayern
Wie haben sich die Bestände bayerischer Schmetterlinge verändert? Um diese Frage zu beantworten, wurden Daten zu 90 bayerischen Tagfalter- und Widderchen-Arten aus den letzten 30 Jahren ausgewertet. Basis dafür waren erneute Kontrollen von 2.160 Altnachweisen der Artenschutzkartierung (ASK) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU). Etwa 65 % der Altnachweise konnten nicht mehr bestätigt werden. Wenn der Altnachweis länger als 25 Jahre zurücklag, konnten etwa 80 % der Funde nicht mehr bestätigt werden. Auch bei nicht gefährdeten Arten liegt die Wiederfundrate unter 50 %. Biotopreiche Landschaften, Naturschutzgebiete und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete, nicht jedoch Vogelschutzgebiete, hatten einen positiven Einfluss auf die Wiederfundrate. Die in der Öffentlichkeit diskutierten Insektenverluste bestätigen sich damit in ihrem Umfang auch für Schmetterlinge in Bayern. Hoffnung macht, dass sowohl Schutzgebiete als auch Landschaften mit vielen Biotopen die Rückgänge abmildern können.
Summary
Long-term population development of butterflies in Bavaria
How did the populations of Bavarian butterflies develop? To answer this question, data on 90 Bavarian species of butterflies and burnet moths were analyzed covering the last 30 years. 2160 old records from the database Artenschutzkartierung (ASK) of the Bavarian Agency for Environment (LfU) were re-checked in recent years. About 65 % of these old records were not confirmed. If the old record was older than 25 years even 80 % were not confirmed. Even species, which are not endangered, were confirmed in less than 50 %. If the site was in a landscape rich in habitats, in a nature reserve, or in a reserve of the Habitats Directive we found a positive effect on the confirmation of the record. Bird protection areas did not have a positive effect. This study confirms for butterflies in Bavaria the magnitude of insect losses widely discussed in recent months. Our study also offers some hope, as reserves and landscapes rich in habitats mitigate the losses.
Zum Volltext-Download:
ANLiegen Natur 42/1 (2020): 12 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,6 MB).
Danke – endlich einmal eine Auswertung der Kartierungen des LfUs! Und wie zu befürchten war, mit desaströsen Ergebnissen. Das sogar dreifach: Einmal fachlich; die Grafiken sprechen für sich. Zum anderen, weil der von politischer Seite viel gerühmte bayerische Naturschutz in der Praxis doch nicht so toll wirkt (und viel Geld für diverse Agrarumweltmaßnahmen oft vergeudet ist – aber das wissen die Fachleute eh schon längt). Und zum Dritten, wenn man sieht, in wie wenigen Landkreisen in den letzten Jahren derartige Bestanderhebungen durchgeführt wurden (hatte man Angst vor den Ergebnissen?). Der Artikel ist also also ein doppeltes Armutszeugnis für das Bundesland, das früher mal Vorreiter in Sachen Naturschutz war und dieses Jahr 50 Jahre Umweltministerium feiert. Aber er kommt ‚just in time‘ und sollte ein „Denkzettel“ für Alle sein, die gerade wieder vor der Landwirtschaft einzuknicken drohen. Auch wenn diese sicher nicht die allein Verantwortliche für den Artenschwund ist. Aber es muss sich schnell etwas ändern, damit unser Steuerzahlergeld dort ankommt, wo es Biotope und Arten wirklich benötigen und wo es maximalen Nutzen für die Natur bringt. Und ein Artenschutzzentrum, dem Geld und Handlungsspielräume fehlen, wäre nur ein weiterer bayerischer Aktionismus ohne Wert.