Bestandserfassung der Zauneidechse in der Planungspraxis
(Andreas Zehm und Paul-Bastian Nagel) Im „Recht der Natur – Schnellbrief“ greift A. LUKAS den Umgang mit der streng geschützten Zauneidechse in der Planungspraxis auf. Da diese Art weit verbreitet ist, die Bestände oft unterschätzt werden und Tötungen und Störungen durch die Unscheinbarkeit der Lebensräume bei Baumaßnahmen schnell eintreten können, wird der Zauneidechse ein hohes artenschutzrechtliches Konfliktpotential zugesprochen. Für streng geschützte Arten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitate-Richtlinie gelten die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Bundesnaturschutzgesetz. Um eine belastbare Beurteilung über Prüfumfang und -intensität der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände vornehmen zu können, sind entsprechend gute Kenntnisse der betroffenen Art(-en) notwendig.
Neben einer Übersicht über planungsrelevante Aspekte der Biologie und Ökologie der Zauneidechse gibt der Autor folgende Hinweise zur Kartierung von Vorkommen:
- Kartierung durch Sichtbeobachtungen bei systematischer Suche unter Steinen und Gehölz im Rahmen von möglichst fünf Geländebegehungen
- Erfassung möglichst während der Paarungszeit im Mai
- Verbesserung der Erfassung durch ausgelegte Dachpappe oder einfachem, schwarzem Tonpapier, das die Tiere zum Aufheizen und zum Schutz aufsuchen
- Korrekturfaktor von 10 zur Abschätzung der tatsächlichen Population im Rahmen der notwendigen Worst-Case-Betrachtung
Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen hängen im Einzelfall von den naturräumlichen Gegebenheiten sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Ausreichend ist eine der praktischen Vernunft entsprechende Prüfung. Die gutachterliche Bestandsaufnahme muss sowohl dem individuenbezogenen Schutzansatz der Zugriffsverbote Rechnung tragen (Daten zu Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten) als auch eine Beurteilungsgrundlage für eine artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung bieten, das heißt populationsökologische Daten zur Bewertung des Erhaltungszustandes der Population enthalten.
Daher, so resümiert Lukas, reichen bloße Zufalls-Sichtbeobachtungen aus einer Geländebegehung für die Eingriffsfolgenprüfung bei der Überplanung eines Zauneidechsen-Lebensraums nicht aus. Das gezielte Absuchen mit einer wissenschaftlich gefestigten Kartiermethode ist wegen der weiträumigen Verbreitung der Zauneidechse auch bei potentiellen Lebensräumen nötig.
Dabei müssen die artenschutzrechtlichen Verbote auch in der Bebauungsplanung beachtet werden und sind einer gemeindlichen Abwägung nicht zugänglich. Sofern daher Verbotstatbestände dem Plan entgegenstehen, ist dieser nicht vollzugsfähig. Entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 25. 08.1997-4 NB 12.97) festgestellt, dass eine Gemeinde die Pflicht hat, im Verfahren der Planaufstellung vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen im Bebauungsplan auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse treffen würden. An diese „Machbarkeitsstudie“ werden die gleichen Maßstäbe wie an eine spezielle Artenschutzprüfung gestellt, schließt der Autor ab.
Teil 2 „Zugriffsverbote“ wird Ende Juni im IDUR-Schnellbrief Nr. 184 erscheinen.
Mehr:
LUKAS, A. (2014): Die Zauneidechse in der Planungspraxis, Teil 1: Bestandserfassung. – Recht der Natur – Schnellbrief Nummer 182: 80-83, ISSN 0946-1671.
www.idur.de/html/nr_-182.html.
Zitiervorschlag: Zehm, A. & Nagel, P.-B. (2014): Bestandserfassung der Zauneidechse in der Planungspraxis. – ANLiegen Natur 36/1, S. 14; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/bestandserfassung-zauneidechse/.