„Bremsenfallen“ – ein überflüssiger (und wahrscheinlich illegaler) Beitrag zum Insektensterben
(Nina Jäckel) Kommerzielle Bremsenfallen finden schon seit einigen Jahren gehäuft auf Pferdewiesen und -höfen ihren Einsatz. In meiner Masterarbeit habe ich die Selektivität der Fallen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Bremsen nur einen geringen Anteil der gefangenen Biomasse an Insekten ausmachen und die Fallen somit eine negative Wirkung auf die Biodiversität haben können.
Immer häufiger habe ich auf Pferdehöfen und in deren direkten Umgebung sogenannte Bremsenfallen entdecken können. Sie bestehen aus einem schwarzen Ball mit darüber gespanntem Netz. Die Konstruktion hängt frei beweglich an einem Metallstab. Der Ball heizt sich in der Sonne auf und wird durch den Wind bewegt, sodass blutsaugende Fluginsekten ihn für einen Wirt halten, und so angelockt werden. Sie werden anschließend über das Fangnetz in den darüberliegenden Fangbehälter geleitet und verenden dort. Ziel ist es, die Pferde vor unangenehmen Bremsenbissen zu schützen.
Das System der Bremsenfalle gleicht dem der Malaise-Falle, die nachgewiesen unselektiv fängt und infolgedessen nach § 39 Bundesnaturschutzgesetz genehmigt werden muss. Ich untersuchte, ob die Bremsenfalle, für die in der Praxis nur selten eine Genehmigung eingeholt wird, selektivere Fangergebnisse hervorbringt oder ob diese mit denen der Malaise-Falle gleichzusetzen sind.
Hierzu habe ich, um die gesamte Aktivitätszeit von Bremsen abzudecken, von Mai bis Oktober 2017 den Fang von sechs Fallen wöchentlich geleert und im Labor bestimmt. In dieser Zeit konnte ich 53.433 Gliederfüßer fangen. Die Insekten habe ich auf ihre Großgruppe, die Zweiflügler auf ihre Familie, und die Stechimmen (mit freundlicher Unterstützung von Karolina Rupik), Schwebfliegen und Bremsen aufgrund ihrer hohen Relevanz für die Studie auf die Art bestimmt.
90,9 % der gefangenen Insekten sind Zweiflügler. Ein Ergebnis, welches mit Fängen der Malaise-Falle vergleichbar ist. Lediglich 3,8 % (2.022 Individuen) sind Bremsen. Von der sogenannten Pferdebremse (Tabanus sudeticus), deren Bisse als besonders unangenehm gelten, konnte ich kein einziges Individuum nachweisen. 98,8 % aller Bremsen konnte ich von Juni bis August fangen. Unter den gefangenen Schwebfliegen befand sich ein Individuum der Roten Liste Deutschlands (Neoascia interrupta) und auch unter den Stechimmen und Schmetterlingen fanden sich geschützte Arten, wie zum Beispiel insgesamt 70 Wildbienen.
Entgegen dieser Fangergebnisse behaupten Hersteller, die Falle würde lediglich Bremsen fangen. Außerdem wird von Ihnen eine Aufstellung von April bis Oktober empfohlen.
Durch den enormen Beifang von über 96 % kann hier keinesfalls von einer selektiven Falle die Rede sein. Der negative Einfluss auf die Biodiversität durch den massiven Verlust von Biomasse ist nicht zu unterschätzen. Der Einsatz von Bremsenfallen sollte in der Praxis daher strenger geprüft werden. Auflagen könnten beispielsweise die Aufstellung auf die ermittelte Hauptaktivitätszeit beschränken, eine Überarbeitung der Falle vorsehen, um sie mit besonderen Bremsenlockstoffen selektiver zu gestalten, und die Aufstellung in Schutzgebieten und im direkten Umfeld von Schutzgebieten untersagen.
Mehr:
Die Ergebnisse der Masterarbeit wurden erstmalig in “Natur und Landschaft“ veröffentlicht:
JÄCKEL, N., KRAEMER, M., WALTER, B. & MEINIG, H. (2020): „Bremsenfallen“ – ein überflüssiger (und wahrscheinlich illegaler) Beitrag zum Insektensterben (“Gadfly traps” – a superfluous [and probably illegal] contribution to insect decline). – Natur und Landschaft 95: 129–135; DOI: 10.17433/3.2020.50153787.
Nina Jäckel (2020): „Bremsenfallen“ – ein überflüssiger (und wahrscheinlich illegaler) Beitrag zum Insektensterben. – ANLiegen Natur 42/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/bremsenfalle/.
Zum Volltext-Download:
ANLiegen Natur 42/2 (2020): 6 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,6 MB).