Welche Abstände von Windenergieanlagen zu kollisionsgefährdeten und störungssensiblen Vogelarten einzuhalten sind, ist oft von der naturräumlichen Struktur und der landwirtschaftlichen Nutzung im Anlagenumfeld abhängig (Foto: piclease/Christof Martin).
(PBN) Die aktualisierten „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2014) wurden in einem Gutachten im Auftrag der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) in Hinblick auf ihre rechtliche Bindungswirkung untersucht und bewertet (SCHLACKE & SCHNITTKER 2015). Bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen sind die Empfehlungen als naturschutzfachlicher Beitrag zu berücksichtigen. Sie ersetzen jedoch nicht die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörden. Bei der Bewertung der Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) werden Vor-Ort-Untersuchungen im Regelfall vorzugswürdig sein, sodass eine Anpassung der empfohlenen Abstände möglich ist.
Mit der Veröffentlichung der ersten Abstandsempfehlungen im Jahr 2007, dem sogenannten „Helgoländer Papier“, hat die LAG VSW eine wichtige Planungs- und Genehmigungshilfe für einen naturverträglichen Windenergieausbau geliefert. Die Empfehlungen wurden nach und nach in die Erlasse und Leitfäden der Länder aufgenommen und fanden breite Anwendung. Da Erlasse eine Bindungswirkung für die Zulassungsbehörden entfalten, wurde in sämtlichen Verwaltungsvorschriften der Länder der Empfehlungscharakter der Abstände betont, um weiterhin eine Einzelfallbeurteilung zu ermöglichen. Dennoch wird in der Planungs- und Genehmigungspraxis vielfach die strikte Einhaltung der Abstände gefordert, ohne die naturräumlichen Bedingungen vor Ort zu berücksichtigen. Das „Helgoländer Papier“ hat damit eine quasi faktische Bindungswirkung entfaltet.
Weiterlesen »