Pflanzen aus regionalem Saatgut wachsen schneller und besser und blühen früher. Ursächlich sind regional unterschiedliche Gensequenzen innerhalb der Individuen einer Art. Diese Unterschiede fallen je nach Art und Ausbreitungsstrategie größer oder kleiner aus. Besonders die Individuen der Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi) aus verschiedenen Regionen unterscheiden sich in ihren Gensequenzen (Foto: Andreas Zehm/piclease).
(MO) Extensiv genutzte Wiesen mit ihrem großen Reichtum an Gräsern und Kräutern werden in unserer Kulturlandschaft immer seltener. Um dem entgegenzuwirken, werden auf geeigneten Flächen gezielt heimische Wiesenpflanzen angesät. Aus der Region gewonnenes Saatgut bringt besonders wuchskräftige und an den Standort angepasste Pflanzen hervor. Das belegen zwei aktuelle wissenschaftliche Studien an sieben ausgewählten Wiesenarten.
Förster wissen nur zu gut, dass frisch gepflanzte Bäumchen am besten dort gedeihen, wo auch deren Mutterbäume wachsen. Deshalb darf für Neuanpflanzungen im Forst nur Saatgut aus der Region verwendet werden. Dahinter steckt folgende Beobachtung: Innerhalb einer jeden Pflanzenart gibt es eine Vielzahl von Individuen, die sich in ihrer genetischen Ausstattung – und damit auch in ihrer Wuchskraft und weiteren Eigenschaften – unterscheiden. Manche vertragen zum Beispiel mehr Trockenheit als ihre Artgenossen, andere kommen womöglich mit Bodenfrösten oder Stürmen besser zurecht. Weil sich stets die am besten angepassten Exemplare stärker vermehren als ihre weniger fitten Artgenossen, bilden sich mit der Zeit regionale Unterschiede zwischen den räumlich getrennten Populationen einer Spezies aus.
Diese Gesetzmäßigkeit hatte bereits Charles Darwin erkannt. Sie gilt nicht nur für Bäume: Auch bei unseren heimischen Wiesenpflanzen findet man regionale Unterschiede im Erbgut und den daraus resultierenden äußeren Merkmalen und Eigenschaften. Dennoch gibt es bislang keine Vorschriften darüber, welches Saatgut etwa in den Alpen oder an der Donau zur Aufwertung von Straßenrändern, Hochwasserdämmen oder extensivierten Wiesenflächen verwendet werden darf. Tatsächlich werden in der Praxis Saatgutmischungen ausgebracht, deren Herkunft sich meist gar nicht nachvollziehen lässt; häufig werden sie in Osteuropa oder gar in Übersee produziert, wo die zur Anzucht nötigen Flächen und Arbeitskräfte billiger zu haben sind, als hierzulande. Allein in den Jahren 2007 und 2008 hat Deutschland 13.000 Tonnen Grassamen und 280 Tonnen Kräutersamen aus dem Ausland importiert. Dies sollte sich unbedingt zugunsten von Regio-Saatgut ändern, fordert Dr. Walter Durka vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle. Zur Begründung verweist der Biologe auf die Ergebnisse seiner jüngsten Forschungsarbeiten, die er zusammen mit Kollegen der Universitäten in Tübingen, Münster und München im renommierten „Journal of Applied Ecology“ veröffentlicht hat: „Unsere Studien belegen ganz klar, dass regionales Saatgut demjenigen aus weiter entfernten Herkunftsorten überlegen ist“.
Weiterlesen »