Update ConservationEvidence.com – Praxistipps für Naturschutz aus der Wissenschaft
(Wolfram Adelmann) Die kostenfreie Internet-Datenbank „www.ConservationEvidence.com“ fasst Beweise aus wissenschaftlichen Studien über die Auswirkungen von verschiedenen Naturschutzmaßnahmen kompakt zusammen. Durch ein Update ist sie jetzt übersichtlicher und liefert bessere Ergebnisse. Experten aus Wissenschaft und Praxis bewerten die Anwendbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dank einer aktivierbaren Übersetzung sind die Ergebnisse auch in Deutsch gut lesbar.
Conservation Evidence ist eine englischsprachige Datenbank und eine Recherche-Hilfe für Fragen aus der Naturschutzpraxis. So haben Naturschützer einen einfachen Zugang zu den neuesten und relevantesten Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Etwas Vergleichbares fehlt für den deutschsprachigen Raum. Die integrierte Google-Übersetzung liefert jedoch ein inhaltsverständliches Deutsch. Die Datenbank ist absolut bemerkenswert in ihrem Umfang: Rund 2.400 Naturschutzmaßnahmen (Aktionen) und 7.200 Studien sind so zusammengefasst und bewertet (Stand Aufruf: 02.02.2021). Ein Expertengremium aus Wissenschaftlern und Praktikern sammelt die Nachweise für jede Maßnahme und bewertet die Wirksamkeit, die gewissenhafte Auswertung der wissenschaftlichen Ergebnisse und – sehr spannend – auch mögliche negative Auswirkungen auf Nicht-Zielgruppen der Naturschutzaktion.
Wie funktioniert die Anwendung? Sie geben einen englischen Suchbegriff ein und erhalten eine Übersicht über gefundene Aktionen und die jeweilige Anzahl ausgewerteter Studien (siehe Abbildung 1). Die Übersicht wird ergänzt durch Ikons zu den Kategorien und einer Einschätzung der Effektivität der Aktion. Über verschiedene Filter kann die Recherche weiter präzisiert werden. Wählt man eine Aktion aus, erhält man eine erstaunlich detaillierte Zusammenfassung und Bewertung. Nach einer Einführung und Hintergrundinformationen, sind die wichtigsten Informationen als „Key messages“ äußerst kompakt zusammengefasst. Bemerkenswert ist, dass die zugrundeliegenden Referenzen – das heißt alle Literaturstellen – zusätzlich mit einer kurzen Zusammenfassung pro Artikel aufgelistet sind. Oft ist sogar die vollständige Originalstudie als PDF verlinkt oder zumindest die Bezugsquelle des jeweiligen Verlages angegeben.
Basis der Datenbank sind Veröffentlichungen aus rund 630 wissenschaftlichen und praxisorientierten Zeitschriften, die hier ausgewertet werden. Darunter auch 300 nicht englischsprachige Zeitschriften – mit scheinbaren Exoten, wie iranische Literatur, oder unserer Zeitschrift Anliegen Natur.
Hinter all dem steckt die Universität von Cambridge mit einem beachtlichen Netzwerk von Zeitschriften, Unterstützern und aktiven Experten aus der Naturschutzpraxis. Die Universität nutzt diese Datenbank, um ihre eigene Hauszeitschrift „The Conservation Evidence Journal“ mit Beiträgen zu füllen. Die Datenbank gibt so gesehen keine unmittelbaren Praxisempfehlungen ab, sondern bewertet die Beweise von wissenschaftlichen Untersuchungen aus Sicht der Naturschutzpraxis. Ein feiner Unterschied, weil die Datenbank selber nicht zitierfähig sein will – dies geschieht dann in der hauseigenen Zeitschrift. Aber die Syntheseleistung ist dennoch absolut bemerkenswert. Jede Naturschutzrecherche mit einem Blick in diese Datenbank beginnen.
Natürlich gibt es auch Schwachstellen:
- Nur englische Suchbegriffe führen zu Ergebnissen.
- Die Suchbegriffe müssen sehr einfach und grob gehalten werden.
- Leider fehlt ein Update-Datum pro Aktion, wodurch die Aktualität nur über die Jahreszahlen der Literatur erschlossen werden kann.
Nach eigenen Angaben wird die Datenbank kontinuierlich erweitert. Somit lohnt es sich, immer mal wieder einen Blick hineinzuwerfen! Ich werde sie sicher regelmäßig nutzen.
Wolfram Adelmann (2021): Update ConservationEvidence.com – Praxistipps für Naturschutz aus der Wissenschaft. – ANLiegen Natur 43/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/conservation-evidence/.
Zum Volltext-Download:
ANLiegen Natur 43/1 (2021): 2 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 1,5 MB).