Entrindungs-Harvester zur Buchdrucker-Regulierung und Totholzanreicherung
(Sebastian Zarges, Jörg Müller und Jonas Hagge) Im Rahmen einer kürzlich in der Fachzeitschrift Ecological Solutions and Evidence veröffentlichten Studie aus der Managementzone des Nationalparks Bayerischer Wald wurden verschiedene mechanische Rindenbehandlungsmethoden als Alternativen zur Flächenräumung untersucht (ZARGES et al. 2024). Mit einem speziellen Entrindungsaggregat für Harvester („Debarking Head“) können große Mengen an Schadholz für Borkenkäfer Buchdrucker (Ips typographus) unbrauchbar gemacht werden und so gefahrlos im Wald bis zum Abtransport zwischengelagert werden oder sogar als Totholz im Wald angereichert werden.
Durch die Klimakrise nehmen Schadereignisse zu und führen in europäischen Wäldern zu einem beispiellosen Schadholzanfall. Um den Ausbruch des Buchdruckers nach Stürmen oder den Befall geschwächter Bäume zu stoppen, ist der Abtransport von Brutmaterial innerhalb der ersten fünf Wochen nach Befall die vorgeschriebene Praxis. Aktuell sind die Kapazitäten für den Holztransport jedoch oft begrenzt und Erntemaßnahmen bei niedrigen Holzpreisen nicht ökonomisch umsetzbar. Insbesondere in Schutzgebieten steht die Entnahme von Biomasse im klaren Widerspruch zu dem Ziel, natürliche Ökosystemdynamik zu erhalten oder menschliche Eingriffe zu minimieren. Die Flächenräumung führt zu einem Rückgang der auf Totholz angewiesenen Artengemeinschaft und kann die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen reduzieren. Um Konflikte mit der Holzproduktion zu vermeiden, muss bei einer Zwischenlagerung oder Anreicherung in Schutzgebieten jedoch sichergestellt werden, dass das Holz nicht für den Buchdrucker geeignet ist.
Hierfür muss die Rinde entweder vollständig entfernt oder so bearbeitet werden, dass die Stämme für die Besiedlung (präventiv) und Vermehrung (therapeutisch) ungeeignet sind. In Steilhängen, Feuchtgebieten und Naturschutzgebieten erfolgt die Entrindung der Stämme häufig noch von Hand mit einem Schäleisen oder mit handgeführten Rindenschälgeräten. Im Nationalpark Bayrischer Wald wurde eine spezielle Methode, das „Rindenstreifen“, entwickelt. Das Rindenstreifen hat sich als kostengünstigste und effektive Methode zur Regulierung von Buchdruckern bewährt, während andere auf Totholz angewiesene Organismen nicht reduziert werden (THORN et al. 2016; HAGGE et al. 2019). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die (motor-)manuellen Behandlungsmaßnahmen lediglich für die Behandlung kleiner Mengen an Schalholz geeignet sind und einen hohen Arbeitsaufwand erfordern.
Im aktuell erschienenen Artikel hat sich der Entrindungs-Harvester als eine neue, vollmechanisierte Möglichkeit für die schnelle und wirkungsvolle Aufarbeitung von großen Schadholzmengen erwiesen. In Naturschutzgebieten kann das „Käferholz“ nach dem Entrinden im Bestand belassen werden, ohne Konflikte im Waldschutz der Nachbarbetriebe zu entfachen oder Richtlinien des Schutzgebietsmanagements zu missachten. Erste Versuche haben gezeigt, dass mit dem „Debarking Head“ zudem auch stehendes Fichtentotholz behandelt werden kann (siehe Abbildung 1). Dadurch kann die Vielfalt des Totholzes für die Artenvielfalt bewahrt und gefördert werden. Offen bleibt noch, ob auch mit konventionellen Harvester-Aggregaten waldschutzwirksame Buchdrucker Regulation mit einem mehrfachen Durchlaufen durch das Harvester-Aggregat erzielt werden kann. Diese Fragestellung und weitere werden in dem aktuell laufenden Forschungsprojekt „ÖkoKala: Ökologisch und ökonomisch nachhaltiger Umgang mit Kalamitätsholz“ untersucht.
Quellen
HAGGE, J., LEIBL, F., MÜLLER, J. et al. (2019): Reconciling pest control, nature conservation, and recreation in coniferous forests. – In: Conservation Letters 12 (2).
THORN, S., BÄSSLER, C., BUßLER, H. et al. (2016): Bark-scratching of storm-felled trees preserves biodiversity at lower economic costs compared to debarking. – In: Forest Ecology and Management 364: 10–16.
ZARGES, S., WOHLERT, J., KAMP, J. et al. (2024): Debarking harvesters simultaneously combat the European spruce bark beetle (Ips typographus) and conserve non-target beetle diversity. – In: Ecological Solutions and Evidence: 1–10; https://doi.org/10.1002/2688-8319.12353.
ÖkoKala: www.nw-fva.de/forschen/projekte/oekokala
Autoren
Sebastian Zarges
Abteilung Waldnaturschutz, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Abteilung Waldnaturschutz, Universität Göttingen
sebastian.zarges@nw-fva.de
Prof. Dr. Jörg Müller
Ökologische Station Fabrikschleichach, Universität Würzburg
Nationalpark Bayerischer Wald
joerg.mueller@uni-wuerzburg.de
Dr. Jonas Hagge
Abteilung Waldnaturschutz, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Abteilung Waldnaturschutz, Universität Göttingen
jonas.hagge@nw-fva.de
Sebastian Zarges, Jörg Müller und Jonas Hagge (2025): Entrindungs-Harvester zur Buchdrucker-Regulierung und Totholzanreicherung. – Anliegen Natur 47/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/debarking-head/.
Ich halte es für riskant, daß das Entrindungsmaterial mit
den darin enthaltenen Larvalstadien des Buchdruckers und
auch wohl deren Imagos im Wald verbleibt und damit eher
eine weitere Ausbreitung des Befalls b b e f ö r d e rt,
statt zu einer Buchdrucker-Regulation beizutragen.
Hier ist dringend Forschungsbedarf anzumahnen.
Vielen Dank für den wichtigen Hinweis auf die Gefahr durch aus Rindenstücken ausfliegende Käfer.
Die Ergebnisse dieser Studie beziehen sich auf das sogenannte weiße Stadium der Borkenkäferentwicklung, d.h. innerhalb der ersten 5 Wochen nach der Besiedlung. Feldversuche haben gezeigt, dass die Larven ihre Entwicklung in der abgetrennten Rinde nicht vollenden können (siehe Tabelle 5 in https://www.fva-bw.de/fileadmin/publikationen/sonstiges/20210524_buchdrucker-und-vollernter_Forschungsbericht_fva-ws.pdf). Im braunen Stadium hingegen ist das Exoskelett, das vor Austrocknung schützt, bereits ausgebildet und es ist möglich, dass ein Teil der Käfer den Reifungsfraß in großen Rindenstücken vollenden kann. Durch die mechanische Einwirkung von Vorschubwalzen und Entrindungsmessern wird jedoch bereits während der Behandlung Larven und Käfer abgetötet und somit die Population in jedem Fall reduziert.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei therapeutischen Eingriffen (d.h. bei bereits von Borkenkäfern besiedelten Stämmen) die Reaktionszeit einer der wichtigsten Faktoren für eine effektive Eindämmung der Borkenkäferpopulation ist.