Die neue Drohnen-Verordnung und der Naturschutz
(Gerti Fluhr-Meyer) Seit 7. April 2017 ist in Deutschland die „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“, kurz Drohen-Verordnung, in Kraft. Wesentliche Regelungen sind eine Kennzeichnungspflicht für Drohnen mit einem Gewicht über 250 g, ein Kenntnisnachweis („Drohnenführerschein“) für Betreiber von Drohnen mit mehr als 2 kg sowie ein generelles Flugverbot in Höhen über 100 m und über zahlreichen Flächen. Die Regelung verweist an mehreren Stellen auf das Naturschutzrecht, unter anderem ist der Drohnenbetrieb über Naturschutzgebieten, Nationalparken und Natura 2000-Gebieten verboten. Naturschutz-Experten befürworten die Neuregelung, befürchten aber Schwierigkeiten bei Umsetzung und Vollzug.
Drohnen gelten als Zukunftstechnologie. Sie werden zunehmend eingesetzt – zu privaten Zwecken, gewerblich und auch in der ökologischen Forschung. Damit steigt die Gefahr von Kollisionen, Abstürzen, Unfällen und Beeinträchtigungen.
Die Bundesregierung hat deshalb die Nutzung von Drohnen neu geregelt. Seit 7. April 2017 ist die auch als „Drohnen-Verordnung“ bezeichnete „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“ in Kraft. Die wesentlichen Regelungen sind:
- Für über 250 g schwere Drohnen und Modellflugzeuge gilt eine Kennzeichnungspflicht.
- Betreiber von Drohnen oder Modellflugzeugen über 2 kg brauchen einen Kenntnisnachweis („Drohnenführerschein“). Wer Geräte über 5 kg fliegen will, braucht zusätzlich eine Aufstiegserlaubnis.
- Die neue Verordnung verbietet jegliche Behinderung oder Gefährdung sowie den Flug in einer Höhe über 100 m. Drohnen müssen außerdem immer in Sichtweite betrieben werden.
- Der Drohnenbetrieb ist über sensiblen Bereichen, wie Einsatzorten von Polizei und Rettungskräften, Menschenansammlungen, Hauptverkehrswegen oder den An- und Abflugbereichen von Flughäfen verboten. Zu diesen Arealen gehören auch Naturschutzgebiete, Nationalparke und Natura 2000-Gebiete, soweit der Drohnen-Betrieb dort nach landesrechtlichen Vorschriften nicht abweichend geregelt ist.
- Drohnen und Modellflugzeuge über 250 g dürfen nicht über Wohngrundstücken betrieben werden.
Für den Vollzug der Drohnen-Verordnung sind in Bayern die Luftämter Nord- und Südbayern an der Regierung von Mittelfranken und der Regierung von Oberbayern zuständig. Laut Martin Nell, Pressesprecher an der Regierung von Oberbayern, verweist die Drohnen-Verordnung an mehreren Stellen auf das Naturschutzrecht:
- Wenn eine Erlaubnis für den Drohnen-Betrieb notwendig ist, weil das Gerät beispielsweise über 5 kg wiegt, erteilt die zuständige Behörde diese nur dann, wenn die Nutzung des Luftraums keine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Dabei wird das Naturschutzrecht ausdrücklich als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit genannt (§ 21a Absatz 3 Luftverkehrs-Ordnung). Um diese zu gewährleisten und eine fundierte Entscheidung treffen zu können, räumt die neue Verordnung der zuständigen Behörde die Möglichkeit ein, fachspezifische Bewertungen oder Gutachten, insbesondere zum Natur- und Lärmschutz, einzuholen (siehe § 21a Absatz 5 Luftverkehrs-Ordnung).
- Zwar ist laut Verordnung das Fliegen über Naturschutzgebieten, Nationalparken und Natura 2000-Gebieten verboten, Ausnahmegenehmigungen sind jedoch möglich (§ 21b Absatz 1 Nummer 6 Luftverkehrs-Ordnung). Das Luftamt Südbayern würde Martin Nell zufolge eine solche nur dann erteilen, wenn nach Abstimmung mit der Naturschutzbehörde sichergestellt ist, dass das Naturschutzrecht einem Flugbetrieb in den betroffenen Gebieten nicht entgegensteht.
- Generell und unabhängig von erteilten Betriebserlaubnissen muss ein Drohnen-Pilot Schutzvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und das Naturschutzrecht der Länder beachten (§ 21a Absatz 6 Luftverkehrs-Ordnung). Beispielsweise dürfen brütende oder rastende Vögel auch außerhalb von Schutzgebieten nicht erheblich gestört werden.
Naturschutz-Experten sehen die neue Verordnung positiv, befürchten aber Schwierigkeiten bei der Umsetzung und im Vollzug, beispielsweise bei der Beachtung von im Gelände nicht sichtbaren Schutzgebietsgrenzen. Mit Apps, wie der kostenfreien DFS-App der Deutschen Flugsicherung (DFS) oder AirMap, können Drohnenbetreiber Flugverbotszonen feststellen.
Schwierig ist in den Augen von Fachleuten auch die naturschutzfachliche Beurteilung möglicher Beeinträchtigungen durch Drohnen. Zwar gibt es inzwischen etliche Untersuchungen zum Einfluss von Drohnen auf Vögel und Wildtiere. Deren Ergebnisse sind aber Experten zufolge nicht zu verallgemeinern. Eine Studie der Schweizerischen Vogelwarte Sempach hat den aktuellen (21.06.2017) Forschungsstand analysiert. Demnach reagieren Vögel allgemein stärker auf Drohnen als andere Wildtiere. Weiter gibt es bei Vögeln große Unterschiede in der Art der Reaktion. Manche Arten legen lediglich eine gesteigerte Aufmerksamkeit an den Tag, andere fliehen bereits, wenn die Drohne noch weit entfernt ist. Aus den Ergebnissen hat die Vogelwarte Sempach Empfehlungen abgeleitet, wie der Einfluss von Drohnen auf Vögel und andere Wildtiere möglichst gering gehalten werden kann. Zum Beispiel sollten Drohnenbetreiber ihre Geräte nicht in der Nähe von Vögeln starten oder landen und abrupte Richtungswechsel in ihrer Nähe unterlassen. Wichtig ist zudem, Vögel nie direkt anzufliegen und sofort umzukehren, wenn diese reagieren. Generell sind kleine und leise Geräte zu bevorzugen. Flüge entlang von Felswänden sollten unterlassen werden, insbesondere von Februar bis Juli, wenn sensible Arten, wie Wanderfalke oder Uhu, brüten.
Weiter ist es aus Sicht von Fachleuten grundsätzlich empfehlenswert, dass Drohnenpiloten zusätzlich zum Flugverbot über Naturschutzgebieten, Nationalparken und Natura 2000-Gebieten auch seitlich von diesen sensiblen Bereichen mindestens 100 Meter Abstand halten.
Und welche Änderungen ergeben sich durch die neue Verordnung für den Drohneneinsatz in Artenschutz und ökologischer Forschung? „Bis auf den Drohnenführerschein hat sich wenig geändert“, meint Sebastian d’Oleire-Oltmanns vom Department of Geoinformatics – Z_GIS an der Universität Salzburg. „Wenn wir in Deutschland in einem Naturschutzgebiet geflogen sind, brauchten wir schon immer eine Aufstiegserlaubnis und die Zustimmung des Grundstückseigners.“
Mehr
BMVI (= Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2017): Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten. – Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 17, Bonn, ausgegeben am 06.04.2017; www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/LF/verordnung-zur-regelung-des-betriebs-von-unbemannten-fluggeraeten.pdf?__blob=publicationFile (letzter Zugriff: 27.11.2017).
BMVI (= Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2017): Klare Regeln für Betrieb von Drohnen: www.bmvi.de/drohnen (letzter Zugriff: 27.11.2017).
BMVI (= Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2017): Die neue Drohnen-Verordnung – Ein Überblick über die wichtigsten Regeln: www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LF/flyer-die-neue-drohnen-verordnung.pdf (letzter Zugriff: 27.11.2017).
Schweizerische Vogelwarte Sempach (2017): Wie Vögel auf Drohnen reagieren. – Medienmitteilung: www.vogelwarte.ch/de/vogelwarte/news/medienmitteilungen/wie-voegel-auf-drohnen-reagieren (letzter Zugriff: 27.11.2017).
No-Fly-Zones (2017): Sammlung von Internet-Links zu Flugverbotszonen. – https://bvcp.de/no-fly-zones/.
Fluhr-Meyer, G. (2018): Die neue Drohnen-Verordnung und der Naturschutz. – ANLiegen Natur 40/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/drohnenverordnung/.