Federn erkennen und zuordnen – große Online-Federsammlung bietet Hilfestellung
(MO) Wer Vögel anhand ihrer Federn bestimmen will, findet dazu fachkundige Unterstützung im Internet. Verschiedene Sammler haben ihre mehrere hundert Vogelarten umfassenden Federsammlungen im Bild festgehalten und zusammen mit Informationen zu Art und Gefieder online gestellt. Die Seiten regen zur Nachahmung an und helfen, eigene Funde sicher zuzuordnen.
Wohl jedes Kind hat schon einmal eine lose Feder gefunden und sie mit nach Hause genommen. Dann gehen die Fragen los: Welcher Vogel hat sie verloren? Stammt sie vom Flügel oder Schwanz, vom Bauch oder Rücken? Hat er sie bei der Mauser oder im Todeskampf gelassen? Auch Alexander Haase, aufgewachsen in einem kleinen Dorf nordwestlich von Magdeburg, hat von klein auf allerlei Federn gesammelt. „Meine Großmutter hat mir beim Bestimmen geholfen. Doch inzwischen weiß ich, dass wir dabei viele Fehler gemacht haben“, erzählt der gelernte Mediengestalter und Informatiker. Das Hobby aus Kindertagen hat der Mittzwanziger seit nunmehr 18 Jahren beibehalten und perfektioniert: „Früher habe ich mitgenommen, was ich kriegen konnte. Heute beschränke ich mich auf vollständige Vögel aus Totfunden oder Rupfungen“, betont Alexander Haase. Mehr als 400 Vogelarten umfasst seine Federsammlung, knapp die Hälfe davon sind einheimische Arten, die übrigen stammen aus aller Welt. 2009 hat er damit begonnen, seine Sammlung anhand von Scans und Fotografien zu dokumentieren und samt den zugehörigen Daten online zu stellen. Dort ist sie unter dem Link www.federbestimmung.de für jedermann einsehbar.
Rund 1.200 Nutzer machen jeden Monat Gebrauch von diesem Angebot. Haases professionelles Knowhow zur Präsentation von Daten macht das Surfen auf seinen Internetseiten zum Vergnügen. Denn sie sind optisch ansprechend aufbereitet und benutzerfreundlich organisiert. Alle Federbelege sind von A bis Z nach ihren lateinischen Ordnungsnamen aufgelistet – und innerhalb einer Ordnung sowohl systematisch, als auch alphabetisch unter ihren deutschen Artnamen aufgeführt. Ein Klick auf die gesuchte Art, und man findet bis zu ein Dutzend Abbildungen der entsprechenden Federn, dazu detaillierte Informationen zu deren Länge, Farbe und auffälligen Besonderheiten, aber auch allgemeine Hinweise etwa zum Körpergewicht oder zur Verbreitung der betreffenden Vogelart. Außerdem erfährt man, wann, wo und von wem die Federn gefunden wurden, ob sie von einer Rupfung, einem Verkehrsopfer oder sonstigem Totfund, Zucht- oder Wildvogel stammen. Ein besonderer Service erleichtert den Vergleich mit selbst gefundenen, realen Federn: Alle Fotos lassen sich vergrößern und mittels eines verlinkten Vermessungstools bis auf Zehntel Millimeter genau vermessen.
Wem die verwendeten Abkürzungen unbekannt oder Fachbegriffe wie Handschwinge und Oberschwanzdecke (noch) nicht geläufig sind, kann sich im Glossar und in den Einführungstexten zur Gefiederkunde schlau machen. In weiteren Kapiteln wird erklärt, wie die Federn üblicherweise nummeriert und geordnet werden und worauf es beim Anlegen einer Sammlung ankommt; hier reichen die Tipps vom systematischen Aufsammeln der Federn bis zur Wahl von Klebstoff und Papier zum Aufbewahren der Funde. Alexander Haase versäumt es auch nicht, auf die gesetzlichen Grundlagen beim Sammeln von Federn hinzuweisen. Immerhin zählen alle bei uns heimischen Vögel nach dem Bundesnaturschutzgesetz als streng geschützte Arten. Und obwohl es sich bei Federn nicht um lebende Exemplare der jeweiligen Arten handelt, verlangt der Gesetzgeber in einigen Fällen einen Nachweis über die rechtmäßige Herkunft gesammelten Materials.
Ausführlich wird das Thema Rupfungen behandelt: Alexander Haase gibt Tipps, wie und wo man gezielt nach ihnen suchen kann, um Federfunde nicht dem Zufall zu überlassen. Ein ebenso interessantes wie schwieriges Kapitel ist es, welcher Greifvogel wohl der Urheber einer Rupfung sein könnte. Eine Fülle von Hinweisen dazu fasst Harald Friemann in einem Gastbeitrag zusammen. „Kennzeichnend für den Sperber ist, dass er seine Beutevögel vollständig bis zur kleinsten Feder rupft und meist auch alle Federn am gleichen Platz liegen. Schnäbel, Krallen oder Eingeweide verschmäht er oft“, heißt es da. Und über den Wanderfalken schreibt er: „Seine Rupfungen sind daran zu erkennen, dass sie an freien übersichtlichen Plätzen liegen und dass die Flügel meist ungerupft bleiben und über die Schulterblätter noch zusammenhängen“. Zwar betont der Autor, dass sich auch solche typischen Rupfgewohnheiten mit jenen anderer Greifvögel überschneiden können und daher nicht eindeutig zur Artbestimmung taugen. Von ihnen zu erfahren, ist aber allemal interessant und schärft das Auge beim nächsten Spaziergang in freier Natur. Und es zeigt, dass das Sammeln und Bestimmen von Federn weit über das Horten toter Tierbestandteile hinausgeht: Es führt zur Beschäftigung mit der Biologie ihrer Besitzer und ihrer Rolle im gesamten Ökosystem. Denn Federn sind nicht nur schön anzuschauen. Sondern sie erzählen uns, welche Vogelarten in einem bestimmten Gebiet oder Biotop vorkommen, welchen Greifvögeln oder anderen Raubtieren sie als Beute dienen und geben Aufschluss über Reviergrenzen, Mauserzeiten sowie das Zug- und Wanderverhalten von Vögeln.
Alexander Haase, dessen Webseiten schon heute die größte online zugängliche Federsammlung präsentieren, will seinen Service im Laufe dieses Jahres noch erheblich erweitern: Geplant sind noch detailliertere Beschriftungen der abgebildeten Federn, welche insbesondere alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede sowie Abgrenzungen zu anderen Arten aufzeigen. Ausführliche Statistiken, Diagramme und Informationen über Kennzeichen und Lebensweise der zugehörigen Vogelarten werden die Federabbildungen ergänzen. „Das ist allerdings nur mit der Hilfe von zwei weiteren Sammlern aus dem Raum Dortmund und Halle zu bewältigen“, betont Haase. Um die neuen Webseiten auch für Naturfreunde außerhalb Deutschlands attraktiv zu machen, sollen sie künftig auch auf Englisch und Polnisch verfügbar sein.
Mehr:
Die Website von Alexander Haase findet sich unter www.federbestimmung.de.
Ähnlich umfangreich und besonders für Einsteiger hilfreich: www.vogelfedern.de.
Bergmann, H.-H. (2015): Die Federn der Vögel Mitteleuropas – Ein Handbuch zur Bestimmung der wichtigsten Arten. – Wiebelsheim.
Bezzel, E. (2003): Vogelfedern – Federn heimischer Arten bestimmen. – München.
Brown, R. & Ferguson, J.(2005): Federn, Spuren und Zeichen der Vögel Europas. – Ein Feldführer, Hildesheim.
März, R. (1987): Gewölle- und Rupfungskunde. – Adademie-Verlag, Berlin.
Zitiervorschlag: Offenberger, M. (2016): Federn erkennen und zuordnen – große Online-Federsammlung bietet Hilfestellung. – ANLiegen Natur 38/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/federbestimmung/.