Von Misserfolgen lernen – eine Checkliste

Naturschutzprojekte können in allen Phasen – Planung, Umsetzung, Evaluierung – davon profitieren, auch ganz aktiv auf mögliche Fehlerquellen und Misserfolge zu schauen (Foto: Sonja Hölzl).
(Sonja Hölzl) Über Misserfolge zu sprechen ist oft schwer, birgt aber enormes Potenzial für künftige Erfolge. Um Ursachen für das Scheitern von Naturschutzprojekten besser zu erfassen und daraus zu lernen, entwickelten DICKSON et al. (2023) eine Taxonomie dieser Misserfolge, die wie eine Checkliste auch dazu beitragen kann, häufige Fehler zu vermeiden und künftige Projekte erfolgreicher zu gestalten.
Trotz zahlreicher Erfolge, die Naturschutzprojekte aufweisen, lohnt sich ein Blick auf die „lessons learnt“ aus den Projekten, um die Naturschutzarbeit in ihrer Wirksamkeit zu stärken. Oft wird der Fokus auf die Erfolge gelegt, Gespräche und Reflektionen über Misserfolge sind (noch) selten. Oft fehlt auch eine gemeinsame Sprache. Das Lernen aus Misserfolgen wird erleichtert, wenn diese strukturiert festgehalten und somit reflektiert werden können. Die Taxonomie von DICKSON et al. (2023) entstand dazu in mehreren Runden (Workshops, Umfragen, Testbewertungen) mit Hilfe der Erfahrungen und Erkenntnisse von Mitarbeitenden in über 100 Naturschutzprojekten. Sechs übergeordnete Bereiche, die wiederum nochmal unterteilt werden, umfassen 59 Fehlerquellen.
- Planung, Design und Wissen
Diese Kategorie bezieht sich auf ökologisches oder soziales/sozioökonomisches Wissen über den Kontext des Projektes, die Annahmen über das Problem und Wirkzusammenhänge, vorgesehene Beteiligungsprozesse in der Planungs- und Umsetzungphase und angewandte Methoden/Techniken sowie Finanzierung oder Verstetigungspläne. - Teamdynamik
Darunter fallen unter anderem Aspekte der Koordination, interne und externe Projektunterstützung oder Kommunikation und Gemeinschaftsgefühl im Team. - Governance-Strukturen
Damit sind zum Beispiel Rollen- und Verantwortungsverteilung, Strukturen und Kommunikation nach außen sowie Risiken oder Management-Anpassungen gemeint. - Ressourcen
umfassen alle finanziellen, materiellen und persönlichen Mittel, und damit auch unter anderem den Verwaltungs- und Arbeitsaufwand oder technische Expertise. - Stakeholder-Beziehungen
beinhalten die Beziehungen zu Geldgebern, Entscheidungsträgern außer- und innerhalb des Projektes, Einbettung und Akzeptanz der lokalen Gemeinschaft oder Unterstützung von Landbesitzenden und Gesellschaft beziehungsweise das Zusammenspiel von Akteurs-Interessen. - Unvorhergesehene externe Ereignisse,
wie beispielsweise Probleme mit dem Wetter
Projektteams können die Taxonomie sowohl in der Planungsphase nutzen, um Herausforderungen oder Risiken/Unsicherheiten und potenzielle Lösungsansätze schon vor Projektbeginn zu identifizieren, als auch während der Projektlaufzeit, um aktuelle Entwicklungen zu bewerten und Arbeitsschritte anzupassen. Nach Projektende können Fehlerquellen und Erfolgsfaktoren strukturiert erfasst und anderen zur Verfügung gestellt werden. Die häufigsten Stellschrauben aus den erfassten Naturschutzprojekten, und speziell derer mit Artenschutz-Inhalten, waren das ökologische Wissen im Detail, Annahmen über die Wirkungszusammenhänge, Forschungserkenntnisse zu den verwendeten Ansätzen/Methoden, technische Expertise, laufende Anpassung der Projektarbeit an aktuelle Entwicklungen, Arbeitslast und politische Unterstützung.
Zentral ist überdies noch, eine Fehlerkultur zu etablieren, die das offene Ansprechen von Misserfolgen – oder auch breiter gefasst –, sämtlichen Fehlern, Pannen oder nicht optimal gelaufenen Aspekten zulässt. Eine offene Fehlerkultur ist die Grundlage für Weiterentwicklung und Innovation, indem sie Vertrauen im Team und das Lernen aus Fehlern ermöglicht.
Literatur
DICKSON, I., BUTCHART, S. H. M., CATALANO, A. et al. (2023): Introducing a common taxonomy to support learning from failure in conservation. – Conservation Biology 37(1): e13967.
Autorin
Sonja Hölzl
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege
sonja.hoelzl@anl.bayern.de
+49 8682 8963-75
Sonja Hölzl (2025): Von Misserfolgen lernen – eine Checkliste. – Anliegen Natur 47/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/fehlerkultur/.