BUND Naturschutz stellt fest: Gärten wenig naturnah
(Andreas Zahn) Naturgärten sind in Mode und der Schutz der Insekten ist in aller Munde. So könnte man zumindest meinen, wenn man dieses Thema in den Medien verfolgt. In der Praxis sieht es anders aus, wie der BUND Naturschutz am Beispiel der Stadt Waldkraiburg herausfand. Nur 11 % der Gärten sind naturnah. 32 % sind sogar extrem naturfern und bieten den heimischen Tieren und Pflanzen kaum Lebensraum. Damit wird eine Chance für den Artenschutz vertan.
Die Gärten der Stadt Waldkraiburg in Oberbayern dürften in vielerlei Hinsicht für bayerische Städte repräsentativ sein: Sie wurden meist nach 1950 angelegt, es kommen laufend neue Privatgärten hinzu und aufgrund des weitgehend ebenen Geländes sind kaum schwer zu bewirtschaftende Grundstücke vorhanden. Naturschutz im Garten nimmt in den Medien und auch im städtischen „Stadtinfo“ seit vielen Jahren einen breiten Raum ein.
Vor diesem Hintergrund beurteilte der BUND Naturschutz insgesamt 646 vom Gehweg aus einsehbare Privatgärten, wobei Vorgärten und sehr kleine Gärten nicht berücksichtigt wurden. Nach Augenschein wurden die Gärten wie folgt gruppiert:
1) Extrem naturfern: Schottergarten, artenarmer Zierrasen, wenige (nicht heimische) Gehölze und Stauden, keine Verstecke (dichte Stauden, bodennah dichte Hecken)
2) Naturfern: fast ausschließlich nicht heimische Gehölze und Stauden, mäßig artenreicher Rasen, wenige Verstecke in Form bodennah dichter Vegetation
3) Bedingt naturnah: einige heimische Gehölze und Stauden vorhanden, Rasen artenreich, mitunter kleine Wieseninseln, viele Verstecke in Form bodennah dichter Vegetation
4) Sehr naturnah: viele heimische Gehölze und Stauden vorhanden, Rasen sehr artenreich oder höhere Wiesenflächen, viele Verstecke, Holz- oder Steinhaufen, gegebenenfalls naturnaher Teich.
Im Schnitt waren 32 % der Gärten extrem naturfern und 40 % naturfern. 17 % waren bedingt naturnah und 11 % sehr naturnah. Nur in wenigen Fällen wurden erkennbar Lebensräume für Tiere und Pflanzen auf relevanten Flächenanteilen gezielt angelegt. In den meisten Fällen entstand Naturnähe durch den Verzicht auf intensive Pflege, sodass heimische Pflanzenarten üppig gedeihen konnten.
Dabei gab es deutliche Unterschiede zwischen den Stadtteilen. So schnitt „Waldkraiburg Südost“ mit 36 % naturnahen oder bedingt naturnahen Gärten am besten ab. Das lag hauptsächlich an einer kleinen Hangkante, die die Pflege der betreffenden Grundstücke erschwerte. Besonders naturfern waren die Gärten in Waldkraiburg Südwest, einem jüngeren Wohngebiet. Naturschutz spielt bei der Neuanlage von Gärten in jüngerer Zeit offensichtlich nur selten eine Rolle.
Das Ergebnis hat uns überrascht. Für den Erhalt der Artenvielfalt können Siedlungen von großer Bedeutung sein. Dass auch naturnahe Privatgärten erforderlich sind, um Bayerns Flora und Fauna zu erhalten, wurde im Rahmen des „Bienenvolksbegehrens“ von der Landwirtschaft zu Recht eingefordert. Viele Lebensräume wie Asthaufen, selten gemähte Wiesen und Ecken mit dichten Wildstauden können in Gärten leicht angelegt werden. Freilich gilt es, ein wenig Unordnung und Wildwuchs zu akzeptieren.
Zur Wiederholung der Aktion gibt der BUND Naturschutz folgende Tipps:
– Die bewertenden Personen beurteilen anhand des Kriterienkatalogs zunächst Gärten gemeinsam, um ein einheitliches Vorgehen sicherzustellen.
– Heimische Stauden und Sträucher müssen erkannt werden.
– Steile Hanggrundstücke, die schlecht bewirtschaftet werden können, sind oft „ohne Absicht“ naturnah.
– Schwer oder nur teilweise einsehbare Grundstücke nicht bewerten.
– Fehleinschätzungen „in beide Richtungen“ kommen vor. Werden sehr viele Gärten beurteilt, fallen sie nicht ins Gewicht.
– Lieber viele Gärten überschlägig schnell beurteilen als wenige Grundstücke genau analysieren.
Andreas Zahn (2022): BUND Naturschutz stellt fest: Gärten wenig naturnah. – ANLiegen Natur 44/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/gaerten-waldkraiburg/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Stadtökologie:
ANLiegen Natur 44/1 (2022): 10 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,9 MB).
Ich habe mal vor Jahren versucht, in meinem Schrebergarten im Englischen Garten München mehr Natur zuzulassen: Die Cornus mas-Hecke später schneiden (Brutvögel!), Brennnesseln wachsen zu lassen (= Raupenfutter-Pflanzen für viele Schmetterlinge), die Wiese als Blumenwiese anzulegen etc. Alles vergeblich!
Sowohl der Verpächter als auch Gartennachbarn waren dagegen!
Verstoß gegen die Kleingartenordnung! Ignoranz überall! Leider.