Wie breit müssen wirksame Gewässerrandstreifen sein?
(Wolfram Adelmann, Bernhard Hoiß) Die Diskussion um eine sinnvolle Gestaltung von Gewässerrandstreifen hält an. Einige sehr wertvolle und gut verständliche Hinweise gibt eine schon etwas ältere Metastudie aus dem Jahr 2010 von ZHANG et al. der Universität von Kalifornien. Sie zeigt unter anderem, dass 5 m breite Randstreifen nur einen Bruchteil der Schadstoffe zurückhalten, aber auch, dass die Gestaltung einen großen Einfluss hat.
Anlass sind die lange diskutierten und seit dem 01.08.2019 gesetzlich vorgeschriebenen Gewässerrandstreifen, die an Gewässern dritter Ordnung eine Mindestbreite von 5 m haben müssen – gemessen von der Mittelwasserlinie (vergleiche STMUV 2020). Die Gewässerrandstreifen schließen eine acker- oder gartenbauliche Nutzung aus. Vor dem Volkbegehren nutzte Bayern davor jahrelang sein Recht von der Abweichung von der bundesrechtlichen Vorgabe (§ 38 Wasserhaushaltsgesetz). Für die aktuelle Umsetzung in Bayern lohnt sich ein vergleichender Blick in die Broschüre „Gewässerstreifen in Bayern“ (STMUV 2020).
Ist Wissen, weil es alt ist, nicht mehr relevant? Nein! Ein Blick in die Veröffentlichung von ZHANG et al. aus dem Jahr 2010 zeigt, dass bei einer Pufferbreite von 5 Metern der mindernde Effekt bei Stickstoff (N), ebenso wie bei Phosphor (P), gerade einmal bei unter 50 % des Eintrages, bei Pflanzenschutzmitteln bei unter 60 %, bei Sedimenten unter 80 % liegt (vergleiche Abbildung 1).
In dieser Metaanalyse wurde ein Modell entwickelt, welche die Pufferbreite, die Neigung, Bodenart und Vegetationsstruktur als Einflussgrößen einfließen lässt. Die Modellergebnisse wurden stets mit den Ergebnissen der zusammengefassten Literatur, das heißt aus realen Messungen, statistisch abgeglichen. Je nach Schadstoff flossen zwischen 49 und 81 verschiedene Einzelstudien in diese Metastudie mit ein. Das Modell konnte die Pufferbreite, als Maß für die Entfernung von Schadstoffeinträgen aus der Landwirtschaft, sicher ableiten: Allein der Faktor Breite erklärt die Reduktion von Schadstoffeinträgen – wissenschaftlich die erklärte Gesamtvarianz aller Daten – von 37 % für Sediment, 60 % für Pestizide, 44 % für Nitrat und 35 % für Phosphor. Das klingt erst einmal nicht viel, ist aber in der freien Natur für die Wirksamkeit eines einzigen Faktors erstaunlich hoch. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt ebenfalls an, dass gerade die Randstreifenbreite einen deutlichen Effekt auf den Nährstoffrückhalt hat (GERICKE et al. 2020).
Weitere Faktoren sind die Neigung des Randstreifens und die Vegetationsstruktur. So haben Randstreifen, die aus Bäumen bestehen, eine höhere Wirksamkeit bei der Entfernung von N und P als Puffer, als diejenigen, die aus Gräsern oder Mischungen von Gräsern und Bäumen bestehen. Logischerweise ist der Abfluss, also die Hangneigung, mitentscheidend. Puffer mit einer Neigung von mehr als 10 % wirkten sich signifikant negativ auf den Schadstoffeintrag aus. Übersetzt in die Landschaft: Gewässerrandstreifen mit Hangneigung bedürfen laut der Meta-Analyse ein Vielfaches an Mindestbreiten und die Modelle geben hierfür gute Anhaltspunkte, wie breit.
Nach ZHANG et al. (2010) wirkt selbst ein 30-Meter-Puffer unter günstigen Hangbedingungen (zirka 10 %) so, dass er mehr als 85 % aller untersuchten Schadstoffe abhält. Aus der Metastudie wird auch ersichtlich, dass es vereinzelte Pufferflächen gibt, die bereits mit schmaleren Breiten (10–15 m) größere Erfolge beim Rückhalt von Schadstoffen vorweisen (vergleiche hier die Originaldaten ZHANG et al. 2010). Hier spielt eine optimale Ausgestaltung eine wichtige Rolle: Hoher Anteil von Bäumen, hohe Rauigkeit der Vegetation und keine zu steile Neigung.
Die Planung von Gewässerrandstreifen, aber auch von Pufferstreifen zum Schutz von Biotopverbundflächen oder Schutzgebieten sollte, entsprechend dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, der jeweiligen räumlichen Situation angepasst werden. In erster Linie muss geklärt werden, welche Schadstoffe von benachbarten Flächen potenziell eingetragen werden können. Das wird besonders vom Status „biologisch bewirtschaftet/konventionell bewirtschaftet“ sowie von der Nutzungsart abhängen. Die aktuell gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbreiten von 5 m bei Gewässerrandstreifen tragen nur zu einem kleinen Teil zum Stoffrückhalt bei. Das war der Umweltseite auch schon vor dem Volksbegehren bekannt (vergleiche LFU 2015) und führte zu der Forderung nach optimaler Gestaltung von Uferstreifen (breiter als 10 m). Für eine signifikante Reduktion der Stoffeinträge in die Gewässer braucht es also deutlich breitere Streifen sowie eine Optimierung der Ausgestaltung und kombiniert weitere Maßnahmen im Einzugsgebiet, allen voran die Reduzierung der Einträge auf den Wirtschaftsflächen.
Natürlich ist es schwierig, wissenschaftliche Erkenntnis und Realität in der praktischen, vor allem agrarpolitischen Umsetzung zusammenzubringen; allen voran steht der Konflikt um die Fläche und die ökonomische Wertigkeit von Ackerflächen, die es auszugleichen gilt. Wir brauchen jedoch eine klare Vision: Die gesetzliche Mindestbreite von 5 m ist sicherlich zu klein und wir brauchen breitere Puffer, wenn wir unsere Gewässer stofflich sicher entlasten und die Einträge deutlich reduzieren wollen. Bei der Pufferbreite sind neue Wege einer vorgelagerten entlastenden Nutzung mitzudenken, wie streifenförmige Kurzumtriebs-Plantagen, pestizidfreie Streuobstreihen und allen voran extensive Grünländer, welche die Gewässerrand- beziehungsweise Uferstreifen sinnvoll ergänzen könnten.
Literatur
GERICKE, A., NGUYEN, H. H., FISCHER, P. et al. M. (2020): Deriving a Bayesian Network to assess the retention efficacy of riparian buffer zones. – Water, 12: 617.
LFU (2015): Landesamt für Umwelt: Wege zu wirksamen Uferstreifen; www.lfu.bayern.de/wasser/gewaessernachbarschaften/themen/uferstreifen/doc/arbeitshilfe.pdf.
STMUV (2020): Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV): Gewässerrandstreifen in Bayern – Information zur Umsetzung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“; www.wasser.bayern.de; www.bestellen.bayern.de/shoplink/stmuv_wasser_016.htm.
ZHANG, X., LUI, X., THANG, M. et al. (2010): A Review of vegetated buffers and a meta-analysis of their mitigation efficacy in reducing nonpoint source pollution. – Journal of Environmental Quality Volume 39, Issue 1: 76–84.
Wolfram Adelmann & Bernhard Hoiß (2022): Wie breit müssen wirksame Gewässerrandstreifen sein. – ANLiegen Natur 44/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/gewaesserrandstreifen/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Landschaftsplanung und -pflege:
ANLiegen Natur 44/1 (2022): 8 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,6 MB).
unbedingt 5,0 Meter
Respekt für die klare Aussage der beiden ANL’er („Die gesetzliche Mindestbreite von 5 m ist sicherlich zu klein“) – aber leider ist unser Umweltministerium mal wieder zu schwach und das Landwirtschaftsressort (bekommen die den Artikel eigentlich zugeschickt?) zu wenig willig. Ob das Wirtschaftsministerium da anspringt? Wohl eher nicht – dort haut man lieber abstruse Fördergelder für dubiose Schilifte raus, als Landwirte ausreichend zu entschädigen. Zahlen dürfen wieder mal die Kommunen für ihre Trinkwasseraufbereitungen …
Je nach Gewässergröße, Beschaffenheit (Bewuchs und Neigung) der Gewässerrandstreifen, Art der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzung und Funktion (nur Gewässerreinhaltung oder aber auch Biotopverbundfunktion) zwischen 5 und 50 Metern – mindestens. Dafür gehören individuelle Konzepte her, die natürlich aufwändig und mit Kosten verbunden zu erstellen sind. Weiterhin müssen die Landwirte ausreichend entschädigt werden bzw. für eine gewässerschützende und naturschutzfachlich sinnvolle Bewirtschaftung der Randstreifen, welche in den Konzepten zu erarbeiten wären, entsprechend geschult und honoriert. Neben den Standbeinen Lebensmittel- und Energieerzeugung muss in der Landwirtschaft auch der Natur- und Umweltschutz Einzug halten und zum Lebensunterhalt der Landwirte beitragen. Das sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Ohne dieses sind jede festgelegte Mindestbreite an Gewässern oder sonstige notwendige Maßnahmen in Natur- und Umweltschutz zum Scheitern verurteilt. Ich konnte den Abstand von 5 Meter zu Gewässern bisher nur gelegentlich erkennen. Die Gülle lief auch im letzten Jahr wieder vielerorts pur durch die Gräben und kleinen Bäche. Ohne gute Entschädigung für die Bauern und dann ohne intensive Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben ist das Ganze sinnlos.