Europas Greifvögel – Das Bildhandbuch zu allen Arten
(Wolfram Adelmann) Ohne Zweifel ist dieses Buch von einem meisterhaften Naturfotografen erstellt worden. Die zusammengetragenen, aber auch größtenteils selbst erstellten Bilder sind absolut herausragend und brillant. Dadurch ist dieses Buch ein Hingucker und es macht große Freude damit zu arbeiten.
Mit dem Buch wird jedoch klar, dass die Unterscheidung der 40 Greifvögel-Arten Europas eine Wissenschaft für sich ist. Das Buch ist kein Bestimmungsbuch im klassischen Sinn und auch nur bedingt fürs Feld geeignet, auch wenn es sich selbst als „Feldbuch“ ankündigt. Vielmehr ist es ein Nachschlagewerk. Die vorhandenen Elemente dienen eher einer Nachbestimmung von Fotografien oder dem Training des eigenen Auges, um mehr auf Details zu achten. Besonders hilfreich sind hierbei die zahlreichen Bilder der Flugbilder, dabei wird die Farbvielfalt, die Unterscheidung juveniler und adulter Tiere innerhalb einer Art besonders deutlich – das ist sicherlich einzigartig in diesem Umfang! Wichtige Artmerkmale sind zudem mit Hinweispfeilen gekennzeichnet. Wirklich hilfreich sind die letzten Seiten: Die Vergleichstafeln ähnlicher Arten im Flug – diese Vergleichstafeln dienen als eigentlicher Feld-Bestimmungsteil. Es wäre dem Verlag zu empfehlen, diese Tafeln gesondert gedruckt als laminierte Tafeln im Taschenformat fürs Gelände zu veröffentlichen. Das Buch selber erscheint „viel zu schade“ fürs Gelände und mit 300 Seiten, im 25 x 25cm-Format und gut einem Kilo Gewicht auch etwas überdimensioniert für einen Feldschlüssel.
Das Buch ist sicherlich ein Muss für die Bibliothek professioneller oder ambitionierter Ornithologen. Für Laien beziehungsweise Einsteiger ungünstig ist die Gliederung nach Gattungen ohne Hinweise, was die Gattung tatsächlich unterscheidet. Zudem fehlt die sichere Unterscheidung zwischen ähnlichen Arten – die Texthinweise erweisen sich hier als schwerfällig und verleiten dazu, permanent im Buch hin und her zu blättern. Auch Verbreitungskarten fehlen leider, welche eine gute Orientierung hätten geben können, wo überhaupt die Art zu erwarten wäre: Die als Textblock verfassten Verbreitungsbeschreibungen sind für ein Feldbuch leider ungeeignet. Will man zum Beispiel das eigene Foto abgleichen, so bleibt einem nichts Anderes übrig, als sich durch das halbe Buch zu blättern und Foto um Foto zu vergleichen, es sei denn, man hat schon eine gewisse Ahnung, um welche Art es sich handeln könnte. Als Bestimmungsbuch ist das Buch somit nur für Personen mit Vorkenntnis zu empfehlen.
Die Artbeschreibungen liefern gute und knappe Informationen zu Vorkommen und Verbreitung, zur Brutbiologie und Übersichtsseiten mit den Gefiederkleidern sowie Silhouetten. Sicherlich ein schönes Element sind die QR-Codes, die mit dem Smartphone gescannt werden können und zu Tonaufnahmen der einzelnen Art führen.
Lohnt sich das Buch nun? Ja, weil es Spaß macht, sich darin zu informieren und ja, weil es brillante Bilder liefert und ambitionierte Ornithologen im „genauen Hinsehen“ trainiert. Ich möchte es nicht mehr hergeben. Aber es bleibt schön zu Hause!
Lars GEJL (2018): Europas Greifvögel – Das Bildhandbuch zu allen Arten. – 1. Auflage, gebunden, Haupt Verlag, ISBN 978-3-258-08089-5: 304 S., 39,90 Euro.
Zitiervorschlag: Adelmann, W. (2019): Europas Greifvögel – Das Bildhandbuch zu allen Arten. – ANLiegen Natur 41/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/greifvoegel/.