Terrestrische Insektenvielfalt in Biberlebensräumen
(Sonja Hölzl) Biber sind bekannt als Ökosystem-Ingenieure. Wie sich deren Aktivitäten auch auf die terrestrische Insektenvielfalt auswirken, diesem Thema widmete sich eine Forschergruppe aus Dänemark. Neben eigener Feldforschung fassten sie auch den Wissensstand zusammen und schlussfolgerten: sowohl aktive Biber-Reviere als auch verlassene beeinflussen die terrestrische Insektenvielfalt, jedoch mit unterschiedlichen Effekten, je nach Artengruppe und Sukzessionsphase.
Durch Dämme und Bauten aus Holz, Steinen und Schlamm schaffen Biber strukturreiche Lebensräume. Bisher liegt der Fokus von Studien auf den Auswirkungen von Bibern auf aquatische Insekten und es gibt wenige Veröffentlichungen zu terrestrischen Insekten. ANDERSEN et al. (2024) fassten in einem Review die bestehende Literatur mit einem Blick auf die unterschiedlichen Sukzessionsphasen zusammen. ANDERSEN et al. (2023) untersuchten zudem, wie sich die Aktivitäten von Bibern 20 Jahre nach ihrer Ansiedelung auf die Insektenvielfalt, mit besonderem Augenmerk auf Nachtfalter, auswirkten.
Überschwemmung und Folgephasen (Andersen et al. 2024)
Nach der Überschwemmung mit flachen Staubereichen lassen sich folgende Sukzessionsstadien einteilen:
- Feuchtwiesenstadium mit Pfützen, 1–2 Jahre nach Überschwemmung: Bedingungen, von denen Insekten mit Präferenz zu Flachwasser und Feuchtboden profitieren, zum Beispiel Waffenfliegen (Stratiomyidae) und Schnaken (Tipulidae);
- Seggen-dominierte Biberwiese, 2–4 Jahre nach Überschwemmung: Ein Anstieg von Nachtfaltern (Vielfalt), aber auch Tagfaltern und Spinnen wurde beobachtet. Die Arthopodenbiomasse war in dieser Phase rückläufig, während die Abundanz gleichblieb.
- Jungbaum- und Strauchstadium, 4–8 Jahre nach Überschwemmung: Durch das Fressverhalten des Bibers entstehen Lücken und Totholz, die die Habitatheterogenität erhöhen und xylophagen Käfern zugutekommen. Rüsselkäfer (Curculionidae), Sumpfkäfer (Scirtidae) und Zünslerfalter (Untergruppe Pyraustinae) nahmen zu. Das nach Biber-Fällungen neu austreibende Gehölz gilt als attraktiver für Arthropoden (unter anderem aufgrund von chemischen Veränderungen), sodass in entsprechenden Untersuchungen eine höhere Vielfalt und Abundanz von mehreren Gattungen nachgewiesen wurde.
- Junger Wald, 8–20 Jahre nach der Überschwemmung: In diesem Zeitfenster steigt die Reproduktionsaktivität von xylophagen Käfern als auch die Vielfalt und Abundanz von Arthropoden allgemein an.
Wenn der Biber bleibt (Andersen et al. 2023)
Dazu verglichen die Forschenden drei Untersuchungsgebiete in Dänemark mit Biber-Aktivitäten mit drei Untersuchungsgebieten ohne Biber-Präsenz 20 Jahre nach Ansiedlung anhand von Sichtfang, Licht- und Flug-Fenster-Fallen sowie Fernerkundungsbildern. Hinsichtlich der Biomasse waren die Funde größtenteils vergleichbar, wobei vor allem Zeit (Kalenderwoche) sowie die Interaktion aus Zeit und Biber-Aktivität mit der Biomasse korrelierten. Insbesondere im Hochsommer war die Biomasse in Gebieten ohne Biber-Aktivität höher. Für die Artenvielfalt sah das Bild anders aus: Von den 111 insgesamt erfassten Arten, kamen 42 nur in den Gebieten mit Biber-Präsenz vor, 10 nur in Gebieten ohne Biber-Präsenz und 59 Arten überlappten sich. Biber-Aktivität hatte demnach einen signifikanten Einfluss auf die Artenvielfalt und erklärte 8,9 % der Daten, jedoch ohne signifikanten Effekt auf die Artenzusammensetzung. Die Artenvielfalt seltener Arten und der Shannon-Index (berechnet über alle Arten) war am höchsten im Sommer in den Biber-Untersuchungsgebieten, der Simpson-Indikator (über alle Arten) ebenfalls in Bibergebieten, jedoch im Herbst am höchsten.
Auch wenn die wenigen Studien zum Einfluss des Bibers auf terrestrische Insektenvielfalt nur jeweils einzelne Aspekte und Sukzessionsphasen nach einem Überschwemmungsereignis betrachten, ergibt sich in der Zusammenschau dennoch ein guter Überblick. Wissenslücken bestehen allerdings noch durch die fehlende taxonomische Differenzierung von verschiedenen Artengruppen (Fluginsekten und Nichtfliegende zum Beispiel) und Arten.
Quellen
ANDERSEN, L. H., NUMMI, P. & BAHRNDORFF, S. (2024): Can beavers help improve terrestrial invertebrate diversity? – Frontiers in Ecology and Evolution 12: 1396207.
ANDERSEN, L. H., RANSBORG, C., PERTOLDI, C. et al. (2023): Can reintroduction of beavers improve insect biodiversity? – Journal of Environmental Management 337: 117719.
DURBEN, R. M., WALKER, F. M., HOLESKI, L. et al. (2021): Beavers, Bugs and Chemistry: A Mammalian Herbivore Changes Chemistry Composition and Arthropod Communities in Foundation Tree Species. – Forests 12(7), Multidisciplinary Digital Publishing Institute: 877.
Autorin
Sonja Hölzl
Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege
sonja.hoelzl@anl.bayern.de
Sonja Hölzl (2025): Terrestrische Insektenvielfalt in Biberlebensräumen. – Anliegen Natur 47/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/insekten-in_biberlebensraeumen/.