Interkommunale Flächenplanung: Elf Kommunen haben einen Plan
(Julia Müller) Der Nachbarschaftsverband Karlsruhe (NVK), bestehend aus elf Gemeinden, wurde vor 46 Jahren im Zuge einer Anordnung des Regierungspräsidiums gegründet. Was damals Widerspruch in der Öffentlichkeit erregte, erweist sich heute als eine vorteilhafte Zusammenarbeit im Rahmen der vorbereitenden Bauleitplanung. Der kürzlich fortgeschriebene Flächennutzungsplan 2030 mit Landschaftsplan ist ein gelungenes Beispiel für die interkommunale Flächenplanung. Gleichzeitig werden auch die Herausforderungen einer solchen Kooperation deutlich.
„Landschaftsräume enden nicht an Gemeindegrenzen“ (DEDERER 2021). Diese Aussage verdeutlicht einen Widerspruch der kommunalen Landschaftsplanung, die sich anders als Natur- und Landschaftsräume an Gemarkungen und Gemeindegrenzen orientiert.
Ein Beispiel für einen alternativen Ansatz ist der Nachbarschaftsverband Karlsruhe. Seit der Gründung 1976 wird die vorbereitende Flächenplanung für 11 Kommunen von einer zentralen Planungsstelle betreut. Diese hat ihren festen Sitz in Karlsruhe und ist an das dortige Stadtplanungsamt angegliedert. Der fortgeschriebene Flächennutzungsplan 2030, wurde 2021 beschlossen. Ein Jahr zuvor trat der Landschaftsplan als wichtiger Bestandteil des Umweltberichts in Kraft.
Der Prozess umfasste mehrere Verfahrensschritte. Vorbereitend wurden zunächst Steckbriefe mit verschiedenen Szenarien für potenziell auszuweisende oder umzuwandelnde Flächen erarbeitet. Über eine formelle Beteiligung hinaus wurden informelle Ansätze gewählt, um die Öffentlichkeit sowie die Politik und Behörden in den Abwägungsprozess der Flächenverwendung einzubeziehen.
Vorangestellte Gutachten und Befragungen, wie beispielsweise eine Gewerbeflächenstudie oder eine ökologische Tragfähigkeitsstudie, waren wichtige Bestandteile, damit in der Planung verschiedene fachliche Aspekte berücksichtigt werden konnten. Aus dieser Vorbereitung wurden dann die folgenden vier Handlungsfelder abgeleitet:
• Bestehende Planung optimieren
• Neue Flächen ausweisen – aber maßvoll
• Gemeinsam planen und handeln
• Dichter und vielfältiger bauen
Zu den Handlungsfeldern wurden anschließend Maßnahmen für die nachfolgenden Planwerke formuliert. Die Herausforderung bestand darin, eine strukturelle Entwicklung zu gewährleisten und gleichzeitig wichtige Ressourcen wie den Boden zu schonen. Dabei musste immer wieder auf die Bedenken der einzelnen Mitgliedsgemeinden reagiert werden. Gleichzeitig konnten aber auch kleinere Gemeinden mit personell und finanziell limitierten Kapazitäten in den Prozess eingebunden werden.
Um das umfangreiche Planungsgebiet darzustellen, wurden die Kartenwerke im Maßstab 1:25.000 erstellt. Bei deren Ausarbeitung war es besonders herausfordernd, die Pläne übersichtlich zu gestalten und gleichzeitig die einzelnen Inhalte detailscharf und vollständig wiederzugeben. Digitale Karten ermöglichen dabei einen flexibleren Umgang mit den verschiedenen Anforderungen.
Der Planungsprozess dauerte insgesamt neun Jahre. Dieser Zeitaufwand ergibt sich aus den umfangreichen Teilschritten und aus dem erhöhten Abstimmungsbedarf zwischen den Kommunen des Verbandes. Gleichzeitig ist die Kommunikation eine große Stärke der zentralen Planungsstelle. Die mit mehreren Kommunen abgestimmten Ergebnisse des Nachbarschaftsverbands entfalten eine hohe Bindungswirkung. Auch die Erfahrung und Expertise der Mitarbeiter:innen der Planungsstelle des NVK, die zugleich Verantwortliche des Stadtplanungsamts Karlsruhe sind, ist im Umgang mit den Verwaltungen, Behörden und der Öffentlichkeit von Vorteil. Zudem ergeben sich Kostenvorteile durch die Gesamtplanung, gegenüber der Alternative, für jedes Gemeindegebiet eigene Landschaftspläne zu erstellen.
Die vorbereitende Flächenplanung des NVK ermöglicht grenzübergreifende Aktivitäten, wie beispielsweise Maßnahmen zum Schutz der Haubenlerche. Da die Bauleitplanung jedoch weiterhin bei den Kommunen liegt, stößt das übergreifende Verfahren bei der praktischen Realisierung des Flächennutzungsplans an Grenzen. Dennoch überwiegen für Herrn Müller, zuständig für die Landschaftsplanung des NVK und Mitarbeiter der Planungsabteilung des Gartenbauamtes in Karlsruhe, die Vorteile des gemeinsamen Verfahrens.
Der interkommunale Ansatz ebnet den Weg für weitere Möglichkeiten der grenzübergreifenden Landschaftsplanung. Gehen müssen ihn jedoch die Kommunen selbst und dazu braucht es neben geeigneten Planungsinstrumenten vor allem engagierte Menschen vor Ort.
Literatur
DEDERER, Heike (2021): Flächennutzungsplan 2030 mit Landschaftsplan. – Fortschreibung, Broschüre, Planungsstelle Nachbarschaftsverband Karlsruhe (Hrsg.), Karlsruhe: 31 S.; www.nachbarschaftsverband-karlsruhe.de/b2/fnp2030/HF_sections/content/1624868734837/1638258149250/Brosch%C3%BCre_FNP2030_3mm%20Anschnitt.pdf (Zugriff: 04.03.2022).
Julia Müller (2022): Interkommunale Flächenplanung: Elf Kommunen haben einen Plan. – ANLiegen Natur 44/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/interkommunale-flaechenplanung/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Landschaftsplanung und -pflege:
ANLiegen Natur 44/1 (2022): 8 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,6 MB).