Invasive Pflanzenarten in Deutschland
(Andreas Zehm) Ergebnis einer Studie des Bundesamtes für Naturschutz ist, dass unter rund 430 etablierten gebietsfremden Gefäßpflanzenarten 38 Arten identifiziert werden konnten, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Ökosysteme und andere Arten problematisch sind und damit als invasiv gelten. Zusätzlich wurden 42 Arten als potenziell invasiv bewertet.
Die invasiven Arten stellen eine erhebliche Gefährdung für die biologische Vielfalt dar. 28 dieser 38 Pflanzenarten haben sich in Deutschland schon großräumig ausgebreitet. Da es für eine vollständige Beseitigung zu spät ist, werden sich die Maßnahmen auf einzelne schützenswerte Bereiche beschränken müssen.
Zu den bekanntesten Vertretern dieser invasiven Arten gehören der Japan-Staudenknöterich (Fallopia japonica), Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) und die Späte Goldrute (Solidago gigantea), Pflanzen, die in unseren Breiten schon auffallend großflächig das Landschaftsbild prägen. Für diese Arten wird jetzt in geprüft, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Zehn invasive Pflanzenarten weisen bisher nur wenige, zum Teil deutlich voneinander entfernte Vorkommen auf. Diese Arten wurden auf einer Aktionsliste zusammengestellt, da eine Chance besteht, mit relativ geringem Aufwand die Gefährdung der biologischen Vielfalt durch eine vollständige Beseitigung frühzeitig abzuwehren. Auf der Aktionsliste finden sich zum Beispiel der Große Wassernabel (Hydrocotyle ranunculoides) oder der Pontische Rhododendron (Rhododendron ponticum).
Invasive Pflanzen wurden fast ausschließlich als Zier- oder Nutzpflanzen nach Deutschland eingeführt. Oftmals sind sie anschließend aus Gärten und Parks verwildert oder wurden teilweise sogar absichtlich in die freie Natur eingebracht, beispielsweise durch die illegale Entsorgung von Grünschnitt. Seit etwa 1700 ist ein rasanter Anstieg der Erstnachweise von gebietsfremden Gefäßpflanzenarten in der freien Natur in Deutschland festzustellen, der bis heute unvermindert anhält. Zudem zeigt rund die Hälfte der invasiven und potenziell invasiven Gefäßpflanzen in jüngerer Vergangenheit eine starke Ausbreitung in Deutschland und/oder dem benachbarten Mitteleuropa. Leider liegen für viele Arten keine Informationen zum aktuellen Ausbreitungsverlauf vor, da keine zeitlich und räumlich ausreichend genauen Daten vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass der Klimawandel bei den meisten invasiven und potenziell invasiven Arten die Ausbreitungsdynamik noch verstärken wird.
Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass die meisten gebietsfremden Gefäßpflanzen aus Nordamerika, dem temperaten Asien und Südost-Europa stammen, wo die klimatischen Verhältnisse vielerorts denen in Deutschland sehr ähneln. 416 gebietsfremde Arten haben sich in terrestrischen Lebensräumen etabliert, in Gewässern bislang 16 Arten. Die meisten invasiven Gefäßpflanzen gefährden die biologische Vielfalt in Deutschland sowohl durch negative ökosystemare Auswirkungen als auch durch interspezifische Konkurrenz. Eine anscheinend etwas geringere Rolle spielt bisher die Hybridisierung zwischen gebietsfremden und heimischen Gefäßpflanzen. Diese Gefährdungsursache wurde bisher aber eher selten betrachtet, so dass die Gefahr durch Hybridisierung wahrscheinlich stärker ist als bisher bekannt.
Liste der als invasiv eingestuften Arten
- Eschen-Ahorn (Acer negundo)
- Götterbaum (Ailanthus altissima)
- Großer Algenfarn (Azolla filiculoides)
- Nadelkraut (Crassula helmsii)
- Gewöhnliches Hundszahngras (Cynodon dactylon)
- Kanadische Wasserpest (Elodea canadensis)
- Schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttallii)
- Drüsiges Weidenröschen (Epilobium ciliatum)
- Bastard-Staudenknöterich (Fallopia bohemica)
- Japan-Staudenknöterich (Fallopia japonica)
- Sachalin-Staudenknöterich (Fallopia sachalinensis)
- Pennsylvanische Esche (Fraxinus pennsylvanica)
- Silber-Goldnessel (Galeobdolon argentatum)
- Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum)
- Großer Wassernabel (Hydrocotyle ranunculoides)
- Wechselblatt-Wasserpest (Lagarosiphon major)
- Großblütiges Heusenkraut (Ludwigia grandiflora)
- Kents Heusenkraut (Ludwigia x kentiana)
- Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus)
- Gelbe Scheinkalla (Lysichiton americanus)
- Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum)
- Verschiedenblättriges Tausendblatt (Myriophyllum heterophyllum)
- Kaukasus-Glanzfetthenne (Phedimus spurius)
- Weymouth-Kiefer (Pinus strobus)
- Bastard-Pappel (Populus canadensis)
- Späte Traubenkirsche (Prunus serotina)
- Gewöhnliche Douglasie (Pseudotsuga menziesii)
- Rot-Eiche (Quercus rubra)
- Pontischer Rhododendron (Rhododendron ponticum)
- Robinie (Robinia pseudoacacia)
- Kartoffel-Rose (Rosa rugosa)
- Braunrote Schlauchpflanze (Sarracenia purpurea)
- Kanadische Goldrute (Solidago canadensis)
- Späte Goldrute (Solidago gigantea)
- Salz-Schlickgras (Spartina anglica)
- Lanzett-Herbstaster (Symphyotrichum lanceolatum)
- Neubelgien-Herbstaster (Symphyotrichum novi-belgii)
- Gewöhnlicher Flieder (Syringa vulgaris)
Mehr:
BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Herausgeber, 2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefässpflanzen. – BfN-Skripten 352: 254 Seiten.
www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2014): Invasive Pflanzenarten in Deutschland. – ANLiegen Natur 36/1, S.15–16; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/invasive-pflanzenarten/.