Mehrkosten für die Biodiversität aufdecken
(Sonja Hölzl) Balkenmähwerke verringern die Insektenverluste bei der Mahd und tragen so zum Artenerhalt bei. Ein Praxisversuch zeigt nun in einem Kostenvergleich zwischen Balken- und Rotationsmähwerken, dass die naturschutzfreundliche Bewirtschaftung in Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Arbeitskosten teurer ist und die Gesamtkosten doppelt so hoch sind. Obwohl die Ergebnisse nicht pauschal auf jeden Betrieb übertragbar sind, verdeutlichen sie, dass wohl Anpassungen (Anreize, Technik) nötig sind, um insektenfreundliche Mahd breiter umzusetzen.
Extensives Grünland ist ein wertvoller Lebensraum für viele Arten. Die Mahd sollte daher möglichst insektenfreundlich durchgeführt werden. Dafür wird im Naturschutz zu einem Balkenmähwerk statt einem konventionellen Rotationsmähwerk gegriffen, um die Insektenverluste gering zu halten (VAN DE POEL & ZEHM 2014). Welche Mehrkosten dies mit sich bringt, wurde nun in einem Praxisversuch auf zwei Betrieben in Brandenburg (Netzwerk Schäfer schützen) ermittelt (SAURMA-JELTSCH 2022). Zwar können die Ergebnisse je nach Betriebs- und Standortbedingungen anders ausfallen, in beiden Fällen war die Verwendung des Doppelmessermähwerks jedoch doppelt so teuer. Die Berechnung basiert auf der Annahme, dass für eine Dauer von 10 Jahren 45 Hektar pro Jahr bewirtschaftet werden und die Kosten linear abgeschrieben werden. Einbezogen wurden Fix- und variable Kosten für Anschaffung und Anwendung von Technik (Mähwerke) und Zubehör (Messersätze, Schleifgeräte) sowie Arbeitskosten. Für die Arbeitskosten wurde ein Stundenlohn von 30 Euro angesetzt.
Auf den Betrieben wurden 2019 und 2021 Naturschutzflächen für die Mahd mit einem Doppelmesser- beziehungsweise Rotationsmähwerk ausgewählt.
Kosten- positionen |
Betrieb 1 (2019) | Betrieb 2 (2021) |
Anschaffung und Verwendung | – Heckmähwerk Seco Duplex von BB Umwelttechnik zuzüglich Messersätze, Schleifautomat – Rotationsmähwerk der Firma Lely (beide 3,10 m breit) |
– Heckmähwerk der Firma Mörtl (2,40 m breit) zuzüglich Messersätze, Schwingschleifer Flex – KTBL-Daten zu einem Rotationsmähwerk (2,80 m breit) |
Gesamtkosten (mit Arbeitserledigung) | – Doppelmessermähwerk: 96,99 Euro/ha – Rotationsmähwerk: 40,20 Euro/ha |
– Doppelmessermähwerk: 67,90 Euro/ha – Rotationsmähwerk: 31,62 Euro/ha |
Bei der Kostenaufstellung waren sowohl die Festkosten (Anschaffung und Zubehör um den Faktor 2,5 höher als bei Rotationsmähwerk) und die variablen Kosten (Reparatur und Schleifen um den Faktor 1,5 höher) als auch die Arbeitskosten (beispielsweise Wartungsaufwand mit Messersatzwechsel alle fünf Hektar um den Faktor 1,4 höher) für das Doppelmessermähwerk deutlich höher im Vergleich zum Rotationsmähwerk. Nicht in die Kostenaufstellung einbezogen wurde die erhöhte Qualität des Mähguts bei Verwendung des Doppelmessermähwerks und damit verbundene Preissteigerungsmöglichkeiten. Der Verschmutzungsgrad (Rohaschegehalt) sank zwar um 11 bis 14 %, allerdings bewegte dieser sich beim Rotationsmähwerk innerhalb des tolerierbaren Bereichs.
Einige Kostenpunkte, etwa die Anschaffung der Schleifer oder Traktornutzung (Doppelmessermähwerke ermöglichen leistungsschwächere Traktoren) können gegebenenfalls leichter reduziert werden. Insbesondere aber der erhöhte Wartungsaufwand, unter anderem durch die Beschaffenheit von Naturschutz-Grünland, trug deutlich zu den Mehrkosten bei und könnte etwa durch technische Anpassungen adressiert werden. Gerade derartige Weiterentwicklungen könnten Anreize für solche Bewirtschafter darstellen, die nicht im Vertragsnaturschutzprogramm sind. Sowohl dort als auch im Kulturlandschaftsprogramm wird mit den Maßnahmen Q08 – Verwendung eines Messermähwerks als Zusatzleistung im VNP (140 Euro/ha im Vertragsjahr 2023) beziehungsweise K14 – insektenschonende Mahd (60 Euro/ha) im Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) der Mehraufwand für die betrachteten Betriebe gedeckt.
Mehr:
VAN DE POEL, D. & ZEHM, A. (2014): Die Wirkung des Mähens auf die Fauna der Wiesen – Eine Literaturauswertung für den Naturschutz. – ANLiegen Natur 36(2): 36–51; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an36208van_de_poel_et_al_2014_mahd.pdf.
SAURMA-JELTSCH, A.-K., VON MÜNCHHAUSEN, S., HÄRING, A. M. et al. (2022): Mehrkosten der Nutzung eines Doppelmessermähwerkes zur naturschutzgerechten Grünlandbewirtschaftung. – Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde: 17 S.
Autorin:
Sonja Hölzl, Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege, Netzwerk Forschung für die Praxis
sonja.hoelzl@anl.bayern.de
Sonja Hölzl (2023): Mehrkosten für die Biodiversität aufdecken. – ANLiegen Natur 45/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/mehrkosten-fuer-biodiv/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Forschung:
ANLiegen Natur 45/2 (2023): 2 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,2 MB).
In der Studie wird bei den variablen Kosten leider nicht der Dieselverbrauch oder der Verschleiß des Schleppers erwähnt. Diese Kosten wurden auch offensichtlich nicht eingerechnet. Das macht die Studie schwach, zumal das Werte sind, die leicht zu errechnen sind. Der Messerbalken ist wesentlich leichter als ein Kreiselmäher und braucht erstens wegen seines Gewichts deutlich weniger Diesel, zweitens wegen seiner energieeffizienten Technik wesentlich weniger Antriebskraft für das Schneidwerk durch die Hydraulik. I.d.R. kann daher ein Messerbalken auch an einem wesentlich kleineren Schlepper angehängt werden als ein Kreiselmäher. Wenn also ein*e Landwirt*in außer dem großen Schlepper-Boliden mit 250 PS noch einen alten kleinen Traktor auf dem Hof hat mit 50 PS (was viele Höfe haben), kann er den dafür wunderbar einsetzen und spart allein dadurch schon eine Menge Diesel und Abnutzung ein. Nebenbei ist in den meisten Fällen so die Bodenverdichtung geringer.
Jedenfalls sollten bei einer seriösen Studie, die die Kosten zweier Geräte vergleicht, solche wichtigen Werte unbedingt eingerechnet werden.
Zum Schleifaufwand noch etwas: es gibt Doppelmesserbalken mit gezähntem (damit wartungsfreiem) Untermesser, was zumindest einen Teil der Schleifarbeiten einspart.
Außerdem wird das Mähgut beim Messerbalken ganz breit abgelegt und spart dadurch oft einmal Zetten und damit Zeit und Geld. Auch das wurde nicht eingerechnet. Es gibt also einige Vorteile (auch Kostenvorteile), die in der Studie nicht beachtet/einberechnet wurden.
Martin Sommer
Professor für Biologische Vielfalt
FH Erfurt
Leider werden hier nur Ha-Flächen bei sonst gleichem Mahdrhythmus miteinander verglichen. Sofern naturnahe Flächen (z. B. in Kommunen oder Blühstreifen etc.) künftig seltener gemäht werden (z. B. stehenlassen über , ist dieser Faktor zwingend mit einzubeziehen. Ich vermisse eine detaillierte Unterscheidung zwischen Fixkosten und variablen Kosten – das wäre eine saubere betriebswirtschaftliche Darstellung. Bei der vorliegenden Studie könnte der Anschein entstehen, dass naturnahe Pflege „nicht bezahlbar“ ist – ist das so gewollt?