Mortalitätsbewertung von Tieren bei Eingriffsvorhaben
(Dirk Bernotat, Paul-Bastian Nagel) Der vom Bundesamt für Naturschutz eingeführte Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI) – ein zugegeben etwas sperriger Name – ist bei Eingriffsvorhaben sehr praxisrelevant. Er hilft insbesondere, das Tötungsverbot in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) im Hinblick auf ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu bewerten. Nun wurde die vierte Fassung der „Übergeordneten Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen“ veröffentlicht.
Die Datengrundlagen wurden aktualisiert und neben den Vogelarten wurde der MGI nun auch für alle in Deutschland vorkommenden Arten der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie vervollständigt. Für die Aktualisierung wurden weitere nationale und europäische Veröffentlichungen zu Totfunden sowie zum artspezifischen Kollisionsrisiko an verschiedenen Vorhabentypen ausgewertet. Bei einzelnen Arten wurde die Bewertung des Kollisionsrisikos an den aktuellen Kenntnisstand angepasst. Neu hinzu kommt, dass nun auch Brutausfälle aufgrund baubedingter Störwirkungen bewertet werden können.
Die Autoren haben Anregungen aus der Planungspraxis aufgegriffen und die Inhalte modular und nutzerfreundlicher gegliedert:
Teil I: Rechtliche und methodische Grundlagen
Im ersten Teil werden die Grundlagen des MGI vorgestellt. Konkrete Anwendungsfälle machen deutlich, wie der Index im Einzelfall anzuwenden ist. Hierfür werden Hinweise zu verschiedenen raumbezogenen und projektbezogenen Parametern gegeben. Dies umfasst zum einen Konkretisierungen der Konfliktträchtigkeit von Vorhaben, der betroffenen Gebiete und Vorkommen kollisionsgefährdeter Arten, aber auch etwaiger Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen. Da sich die MGI-Methodik als Fachstandard in Wissenschaft, Praxis und Rechtsprechung zunehmend durchsetzt, wurde der langjährige Entwicklungs- und Abstimmungsprozess in einem Kapitel zusammengefasst.
Teil II Arbeitshilfen
Für einzelne Vorhabentypen und Artengruppen gibt es Arbeitshilfen mit Hinweisen, wie die Mortalitätsgefährdung bei Planungen und Prüfungen bewertet werden kann. Praxisnahe Beispiele helfen bei der Anwendung:
II.1 Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Freileitungen
II.2 Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Straßen
II.3 Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Windenergieanlagen (an Land)
II.4: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Vögeln an Offshore-Windparks
II.5: Arbeitshilfe zur Bewertung der Mortalitätsgefährdung von Vögeln an Freileitungen durch Stromtod
II.6: Arbeitshilfe zur Bewertung störungsbedingter Brutausfälle bei Vögeln am Beispiel baubedingter Störwirkungen
II.7: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Fledermäusen an Straßen
II.8: Arbeitshilfe zur Bewertung der Kollisionsgefährdung von Fledermäusen an Windenergieanlagen
Teil III Anhänge
Die umfassenden Anhänge bieten Hintergrundinformationen unter anderem dazu, wie der MGI für die einzelnen Arten ermittelt wurde.
Die MGI-Methodik wurde in den vergangenen fünf Jahren seit der letzten Fassung (2016) stetig weiterentwickelt, validiert und abgestimmt. Daraus resultierten auch einige Fachartikel und Veröffentlichungen, deren wichtigste Inhalte hier nun wieder zentral zusammengeführt werden.
Auf der BfN-Homepage unter www.bfn.de/besonderer-artenschutz-bei-eingriffen unter „Tötungsverbot im Zusammenhang mit Eingriffen“ findet sich der Link zum Download der (nicht barrierefreien) Dokumente.
Dirk Bernotat & Paul-Bastian Nagel (2022): Mortalitätsbewertung von Tieren bei Eingriffsvorhaben. – ANLiegen Natur 44/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/mgi/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Artenschutz:
ANLiegen Natur 44/1 (2022): 6 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 0,5 MB).