Wie kommt es zu mehr Naturerfahrungsräumen in Städten?
(Andreas Zehm) Die Lebenswelt der heutigen Kinder driftet ab einem gewissen Alter mehr und mehr in digitale Welten ab und wird unabhängig von der sie umgebenden Naturausstattung. Ein Ansatz dem – trotz Innenverdichtung und Privatisierung des öffentlichen Raums – entgegen zu wirken ist, wieder mehr Naturerfahrung in Städten zu ermöglichen. So beschäftigt sich das Skript Nummer 345 des Bundesamtes für Naturschutz damit, dass zwar die Bedeutung von Naturerfahrungen für Kinder seit vielen Jahren erkannt ist, aber die Möglichkeiten dazu in Städten durch Flächenmangel und fehlende Freiraumqualitäten immer weiter reduziert werden.
Teil eins fasst den Sachstand und die bisherigen Erfahrungen mit Naturerlebnisräumen zusammen. Dabei hat sich in der Untersuchung erschreckenderweise gezeigt, dass es oft wohl nicht mehr ausreicht „nur“ eine Fläche zur Verfügung zu stellen, sondern auch eine darüber hinausgehende Grundbetreuung nötig ist. Diese muss überhöhte Ängste zu Sicherheitsrisiken abbauen oder gar „Anleitungen“ geben, wie eine eigenständige Naturerfahrung möglich ist. Dazu müssen die Fachverwaltungen für Naturschutz, Grünflächen und für Bildung/Kinder- und Jugendliche zusammenarbeiten und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Zudem hemmen Unsicherheiten insbesondere zu rechtlichen Rahmenbedingungen, Sicherheitsanforderungen und Haftungsfragen eine schnelle Bereitstellung von naturnahen Spielräumen, so die Untersuchung. Es bleibt zwar noch rechtlicher Klärungsbedarf, doch besonders die in Kapitel sechs dargestellten rechtlichen Grundlagen und der im Anhang abgedruckte „Leitfaden Sicherheitsanforderungen“ können hier wesentliche Bedenken abarbeiten.
In Anschnitt zwei werden Planungsansätze und bisherige methodische Vorgehensweisen so zusammengefasst und zu Checklisten beziehungsweise Übersichten aufbereitet, dass sie auf andere Kommunen übertragbar sind. Die Zusammenfassungen beziehen sich auf das Projektmanagement, nötige (Zusammen-)Arbeitsstrukturen, die Flächenauswahl und eine Gestaltungshilfe für Naturerlebnisräume.
Es bleibt abzuwarten, ob es dem auf die Voruntersuchung folgenden Projekt gelingt, die Abnahme der Möglichkeiten für Naturerfahrungen abzubremsen und gar die Trendwende zu schaffen sich bewusst für mehr Erlebnisräume zu entscheiden. Da es auch eine Herausforderung für die planungsrechtlichen Strukturen ist, gilt es hier vermehrt den Wert von Grünflächen und Naturerfahrungsräumen für eine gesunde, sozial und ökologisch ausgerichtete Stadt ins Bewusstsein zu rücken. Das diese Grünflächen darüber hinausgehende Ökosystemdienstleistungen liefern, könnte bei der Gelegenheit auch wieder in das öffentliche Bewusstsein transportiert werden.
Mehr:
STOPKA, I. und RANK, S. (2013): Naturerfahrungsräume in Großstädten – Wege zur Etablierung im öffentlichen Freiraum.– BfN-Skripten 345: 242 Seiten, Bonn-Bad Godesberg
www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript_345.pdf.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2014): Mehr Naturerfahrungsräume in Städte! – ANLiegen Natur 36/1, S. 17; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/naturerfahrungsraeume-in-staedten/.