Management von invasiven Neophyten
(AZ) Invasive Neophyten sind faszinierende Pflanzen, nicht zuletzt, da es ihnen trotz der scheinbar geringen Ausbreitungsfähigkeit von Pflanzen gelingt, in kurzer Zeit größere Distanzen zu überbrücken und in großen Mengen aufzuwachsen. Zudem stellen viele Arten, wenn sie erst einmal etabliert sind und beginnen, die gewachsene biologische Vielfalt zu bedrängen, einen ernstzunehmenden Gegner dar. Einfach absägen hilft oft nicht, sondern fördert in vielen Fällen sogar die lokale Ausbreitung. Daher ist es höchst zu begrüßen, dass das Bundesamt für Naturschutz nun ein Werk vorgelegt hat, welches anhand von Praxiserfahrungen verschiedene Möglichkeiten bewertet, wie invasiven Arten Einhalt geboten werden kann. Insgesamt werden 88 invasive oder potenziell invasive Pilz- und Pflanzenarten bewertet – dabei werden Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen erstmals zusammenfassend in einem Werk bearbeitet.
In einer Umfrage wurden alle verfügbaren Erkenntnisse und Erfahrungen zu bislang eingesetzten Maßnahmen zusammengetragen und hinsichtlich ihrer Wirkung und Effizienz bewertet. Um für jede Art ein wirksames Gesamtmanagement vorschlagen zu können, werden neben einem allgemeinen Teil jeweils Vorsorge, Beseitigung, Kontrolle sowie Nutzung/Entsorgung abgehandelt, schon, da eine unsachgemäße Entsorgung neue Problemstellen schaffen kann. Die Blöcke sind dabei stark schematisch in tabellarischer Form gegliedert in empfehlenswerte, unter bestimmten Bedingungen empfehlenswerte, unbekannte und nicht empfehlenswerte Ansätze, was die Darstellung teilweise leider unerfreulich deutlich aufbläht. Ergänzt wird jedes Artkapitel sowohl durch eine Beschreibung der Invasivität und der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt als auch durch eine zwar unvollständige, aber dennoch erfreulich umfangreiche Literaturliste. Insgesamt konnten rund 3.600 Maßnahmen geprüft und bewertet werden, wobei immerhin 1.900 Ansätze als „empfehlenswert“ eingestuft wurden.
Eindeutiges Manko des Werkes ist allerdings, dass die einzelnen Ansätze zur Zurückdrängung nicht so beschrieben werden, dass es jedem auf Anhieb möglich wäre, sie sicher und fehlerfrei umzusetzen. Dies wiegt umso schwerer, als dass in der Literatur selbst zu scheinbar einfachen Maßnahmen wie dem Ringeln kaum eine hinreichend vollständige Beschreibung zu finden ist. Es gibt also weiterhin den Bedarf, die mündliche Überlieferung zwischen Praktikern in Handbüchern zusammenzufassen sowie systematisch die zahlreichen durch das Buch aufgedeckten Wissenslücken zu schließen.
Zusammenfassend kann man wiederum als zentrale Erkenntnisse hervorheben, dass es essentiell ist, eine weitere Verbreitung/Etablierung zu verhindern, mehrjährig zu agieren um Erfolg zu haben, das richtige Verfahren anzuwenden und durch Nachkontrollen sicherzustellen, dass auch mittelfristig nichts übersehen wurde.
Insgesamt ein höchst empfehlenswertes Werk für alle, die sich in der Praxis mit der Zurückdrängung von Arten beschäftigen!
Mehr:
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & Winter, S. (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten – Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Schriftenreihe Naturschutz und Biologische Vielfalt 141(1), ISBN 978-3-7843-4041-8: 709 Seiten; Bezug über BfN-Schriftenvertrieb – Leserservice – im Landwirtschaftsverlag GmbH, 48084 Münster, +49 2501/801-300, oder www.buchweltshop.de/bfn.
Übrigens, parallel erschien zudem Band 2 des Management-Handbuchs zum Umgang mit gebietsfremden Arten, der auf 1.335 Seiten die Wirbellosen Tiere und Wirbeltiere behandelt. Preis für beide Bände ist 85 EURO (zuzüglich Versandkosten).
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2016): Management von invasiven Neophyten. – ANLiegen Natur 38/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/neophyten/.