Europäisches Netzwerk zum Schutz von Süßwassermuscheln
(Katharina Stöckl-Bauer) Wer beschäftigt sich schon mit der unbedeutenden Gruppe der Süßwassermuscheln – das ist wohl eine landläufige Meinung, die auch in Naturschutzkreisen weit verbreitet sein dürfte. In gewisser Weise mag da was dran sein. Aber zugegeben, diese provokante These sollte in erster Linie Ihre Aufmerksamkeit wecken. Denn das europäische Projekt Confremus beweist das Gegenteil.
Tatsächlich gibt es in ganz Europa viele Wissenschaftler*innen und Praktiker, die sich intensiv mit der Biologie, Ökologie und dem Schutz von Süßwassermuscheln beschäftigen. Und das ist auch dringend notwendig angesichts der starken Gefährdung dieser Artengruppe und ihrer gleichzeitig wichtigen Funktionen und Ökosystemleistungen in Seen, Flüssen und Bächen (VAUGHN 2018). Allein in Bayern stehen mehr als 60 % der Muscheln auf der Roten Liste (BAYLFU 2022).
Im Rahmen eines sogenannten europäischen COST-Projekts (European Cooperation in Science and Technology) bauen derzeit Malakolog*innen aus insgesamt 17 europäischen Ländern ein gemeinsames Netzwerk auf, um besser zusammenzuarbeiten und gemeinsam Projekte, Forschungsarbeiten und Schutzstrategien zu entwickeln. Das Projekt nennt sich Confremus – Conservation of Freshwater Mussels: Pan-European Approach – und deckt mit seinen Mitgliedern nahezu ganz Europa ab: die östlichsten Mitglieder kommen aus Moldawien und der Ukraine, die westlichsten aus Portugal. Die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege ist ebenfalls Mitglied und unterstützt bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Das Projekt startete „pünktlich“ zu den ersten Lock-Downs in Europa, daher können viele geplante Summer Schools, Netzwerktreffen oder Praxis-Trainings erst dieses Jahr stattfinden. Auch die Ukraine-Krise macht es einigen Mitgliedern sehr viel schwerer, persönlich bei Treffen mit dabei zu sein. Umso erstaunlicher ist es, dass bereits zahlreiche Publikationen durch die Zusammenarbeit in virtuellen Räumen entstanden sind.
Das Netzwerk hat es sich außerdem zum Ziel gemacht, der breiten Öffentlichkeit und verschiedenen Stakeholdern sowohl mehr Informationen über Süßwassermuscheln und ihre Funktionen zukommen zu lassen, als auch über die Forschungsaktivitäten und Schutzbemühungen in diesem Bereich zu berichten. Eine Homepage mit Verbreitungskarten und Lebensraumansprüchen befindet sich im Aufbau, ebenso ein Buch zur Biologie und Ökologie. Über die sozialen Medien (Facebook, Youtube, Instagram) kann verfolgt werden, wie beispielsweise der Alltag eines Malakologen unter oder im Wasser aussieht oder in welchen Lebensräumen Muscheln leben.
Wer mehr über das Projekt erfahren oder sich einbringen will, kann sich informieren unter www.confremus.eu oder auf www.facebook.com/COST4Naiads.
Literatur
BAYLFU (= BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT, Hrsg., 2022): Rote Liste und Gesamtartenliste Bayern – Weichtiere – Mollusca. – COLLING, M. (Bearb.), März 2022, Augsburg: 36 S.
VAUGHN, C. C. (2018): Ecosystem services provided by freshwater mussels. – Hydrobiologia 810.1: 15–27.
Katharina Stöckl-Bauer (2023): Europäisches Netzwerk zum Schutz von Süßwassermuscheln. – ANLiegen Natur 45/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/projekt-confremus/.
Zum Download der Notizen in der Rubrik Mensch und Natur:
ANLiegen Natur 45/1 (2023): 4 Seiten als Volltext herunterladen (pdf barrierefrei 1 MB).