Ausbreitung der Blauflügeligen Sandschrecke in Südostbayern?
(Andreas Zahn) Im Südosten Bayerns gelangen 2018 und 2019 neue Funde der Blauflügeligen Sandschrecke (Sphingonotus caerulans), die in Bayern als stark gefährdet gilt. Die Art zeigt Ausbreitungstendenzen, vermutlich bedingt durch den Klimawandel. Möglicherweise wird sie auch übersehen, wenn sie gemeinsam mit der häufigeren Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) vorkommt.
Einleitung
Die Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) gilt in Bayern als stark gefährdet, wobei in den letzten Jahren eine gewisse Ausbreitungstendenz in Mitteleuropa festzustellen ist (KETTERMANN & FARTMANN 2018; PONIATOWSKI et al. 2018; VOITH et al. 2016). Die Art bevorzugt Habitate mit äußerst spärlicher Vegetation, wobei es sich oftmals um Abbaustellen handelt. Im Vergleich zur häufig im gleichen Habitat vorkommenden Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), wird ein noch geringerer Deckungsgrad der Vegetation bevorzugt (SCHÖNLE & SCHMIDL 2019). 2018 und 2019 gelangen neue Nachweise der Blauflügelige Sandschrecke in den oberbayerischen Landkreisen Mühldorf und Altötting.
Beobachtung und Diskussion
2018 wurde die Blauflügelige Sandschrecke in einer mit Eseln beweideten Kiesgrube am östlichen Ortsrand der Stadt Altötting (Landkreis Altötting) entdeckt (STORM 2019). Matthias Nirschl (brieflich) von der Unteren Naturschutzbehörde Mühldorf fand 2019 zirka zehn Individuen auf einer kiesigen Ausgleichsfläche im Gewerbegebiet der Stadt Mühldorf.
In einer Abbaustelle südlich von Ampfing (Landkreis Mühldorf), in der eine große Population der Blauflügeligen Ödlandschrecke bekannt war, gelang der Nachweis der Sandschrecke 2019 durch den Fang einer vermeintlichen Ödlandschrecke zu Demonstrationszwecken. Bei einer systematischen Begehung des rund 7 ha großen Teilbereichs der Kiesgrube im Sommer 2019, der sich aufgrund der Vegetationsarmut für beide Heuschreckenarten potenziell eignet, wurden Blauflügelige Ödlandschrecken auf allen offenen Flächen nachgewiesen. Die Populationsgröße dieser Art wurde auf 2.000 bis 4.000 Individuen geschätzt. Blauflügelige Sandschrecken wurden nur an drei Stellen (insgesamt auf zirka 15 % der Gesamtfläche) gefunden. Diese Bereiche waren besonders spärlich bewachsen (Abbildung 2). Der Bestand wurde auf lediglich 200 bis 300 Individuen geschätzt.
Eine optische Unterscheidung beider Arten (Abbildung 1) war nach einer gewissen Einübung auch auf eine Entfernung von einigen Metern möglich. Allerdings flüchteten die Sandschrecken tendenziell früher und weiter als die Ödlandschrecken. Aufgrund der geringeren Bestandsdichte und der Tatsache, dass die „langsameren“ Ödlandschrecken leichter zu beobachten waren, war das Vorkommen der Sandschrecke in den Vorjahren offensichtlich übersehen worden.
Diese Situation ist aufgrund der speziellen Habitatansprüche der Sandschrecke auch in anderen Abbaustellen denkbar. Eine gezielte Nachsuche zur Überprüfung von Vorkommen der Sandschrecke an Nachweisorten der Blauflügeligen Ödlandschrecke ist daher anzuraten.
Literatur
KETTERMANN, M., & FARTMANN, T. (2018): Auswirkungen des globalen Wandels auf Heuschrecken. – Naturschutz und Landschaftsplanung 50(1), ISSN 0940-6808: 23–29.
PONIATOWSKI, D., MÜNSCH, T., HELBING, F. & FARTMANN, T. (2018): Arealveränderungen mitteleuropäischer Heuschrecken als Folge des Klimawandels. – Natur und Landschaft 93(12): 553–561.
SCHÖNLE, M. & SCHMIDL, J. (2009): Zur Ökologie und Habitatwahl der Heuschreckenarten Sphingonotus caerulans und Oedipoda caerulescens im NSG Tennenlohe, Erlangen. – galathea 25/4: 139–171.
STORM, J. (2019): Auswirkungen der Beweidung einer ehemaligen Kiesgrube durch Esel. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Landschaftsarchitektur: 54 S.
VOITH, J., BECKMANN, A., SACHTELEBEN, J., SCHLUMPRECHT, H. & WAEBER, G. (2016): Rote Liste und Gesamtartenliste der Heuschrecken (Saltatoria) Bayerns. – Internet-Veröffentlichung: 14 S.
ZAHN, A. (2020): Ausbreitung der Blauflügeligen Sandschrecke in Südostbayern? – ANLiegen Natur 42/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/sandschrecke/.
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