
Straßenbegleitgrün kann – richtig gepflegt – für viele Bestäuber vielfältige Funktionen übernehmen: Nahrungshabitat, Niststandort, Überwinterungshabitat oder Ausbreitungskorridor (Foto: Bernhard Hoiß).
(Bernhard Hoiß und Sonja Hölzl) Die positiven Effekte von Straßenbegleitgrün auf Bestäuber überwiegen gegenüber den durchaus vorhandenen, negativen Effekten deutlich. Das ist wohl die wichtigste Erkenntnis aus der 2020 erschienenen Literaturstudie, die verschiedenste Auswirkungen von Randstreifen an Straßen auf Bestäuber betrachtet (PHILLIPS et al. 2020). Die Autoren werteten 140 Studien aus. Gut die Hälfte der Studien widmete sich Schmetterlingen, andere Gruppen wurden weniger oft untersucht. Die Autoren der englischen Studie leiten aus den untersuchten Veröffentlichungen auch Managementhinweise ab.
Randstreifen wirken negativ auf Bestäuber, weil a) die angrenzenden Straßen die Randsteifen verschmutzen (Abgase, Lärm, Vibrationen, Licht), b) Insekten mit Fahrzeugen kollidieren und c) die Straßen als Barrieren wirken. Überwiegen diese negativen Auswirkungen, können ökologische Fallen entstehen, wenn Bestäuber dennoch durch ein reiches Blütenangebot angezogen werden. Es gibt jedoch kaum Studien zur Verschmutzung. Am besten untersucht ist noch die Lichtverschmutzung. Hier ist nachgewiesen, dass die Straßenbeleuchtung vor allem nachtaktive Arten dezimiert. Für Honigbienen wurde gezeigt, dass die Luftverschmutzung die Blütendüfte überdecken kann. Der Einfluss von Kollisionen auf Populationsebene bleibt unklar. Nach Hochrechnungen werden 0,6 bis 7 % der Schmetterlinge auf Randstreifen getötet, deutlich weniger als durch Räuber und Parasitoiden. Hochrechnungen zu anderen Taxa fehlen. Barrieren stellen Straßen vor allem für kleinere und wenig mobile Arten dar sowie für Tiere, die es vermeiden, über offenen Boden zu fliegen (zum Beispiel einige Schwebfliegenarten). Ein indirekter Hinweis auf die negative Wirkung von Straßen kommt aus einer Studie, die einen Meter neben dem Straßenrand deutlich weniger Arten nachweist (-70 %) als in 10 m Entfernung. Ursache könnten die genannten letalen Effekte von Straßen sein oder auch einfach nur Abschreckung und eventuell auch schlechtere Bedingungen und Ressourcen direkt an der Straße. Daher sollten die Straßenränder möglichst breit angelegt werden, jeder Meter zählt.
Randstreifen wirken positiv, weil die Insekten sie als Habitate zur Nahrungssuche nutzen. Es gibt Hinweise, dass Randstreifen a) auch zur Reproduktion, als Neststandorte und zur Überwinterung dienen und dass b) zumindest einige Bestäuber die Randstreifen als Korridore nutzen und sich von diesen teilweise leiten lassen. Auf den Randstreifen finden sich zum Teil sehr vielfältige Bestäuber-Gesellschaften, inklusive vieler seltener und gefährdeter Arten. Die Dichte und Artenzahl ist meist höher als in der umgebenden Landschaft. Nur in extensivem Grünland sind die Artenzahlen, nicht jedoch die Individuendichten, höher. Gut gestaltetes und gepflegtes Straßenbegleitgrün kann also ein wichtiger Lebensraum in ausgeräumten Landschaften sein.
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