TEEB Nachfolgestudie beleuchtet Synergien zwischen Klimaanpassung und Naturschutz in Deutschland
(Mona Riahi, PBN) In Zeiten der Energie- und Klimapolitikwende sollten Synergien zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Naturschutz gezielt gefördert werden. Dies ist eine der Forderungen des bundesweiten Forschungsprojektes des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) aus Leipzig, in dem auch konkrete Handlungsfelder benannt werden. In dem Ergebnisbericht „Naturkapital und Klimapolitik: Synergien und Konflikte“ machen die Autoren auf die vielfältig bestehenden Verbindungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen aufmerksam. Im Fachbericht „Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen“ werden darüber hinaus konkrete Lösungen für eine dauerhafte Sicherung des Naturkapitals in ländlichen Räumen aufgezeigt. Denn insbesondere in einer nachhaltigen, multifunktionalen Agrarpolitik liegt ein großes Potential, Naturkapital zu schützen und aufzubauen.
Mitigation und Adaptation – Vermeidung und Anpassung – das sind die Schlüsselmaßnahmen in einer ökosystembasierten Klimapolitik, die immer einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen (Agrar-, Wald-, Meeres-, Klima-, Energie- und Naturschutzpolitik) darstellt. Besonders degradierte Wälder, Auen und Moore, mit hohem Speicher- und Senkenpotential, bieten hier Möglichkeiten. So haben beispielsweise naturnahe Auenlandschaften und aquatische Ökosysteme eine Minderung der Treibhausgasemissionen zur Folge, bieten Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und stellen gleichzeitig Flächen für den Hochwasserschutz zur Verfügung. Was viele nicht wissen – Auen stellen in Deutschland einen der größten Kohlenstoffspeicher dar. Wie viel Wertschöpfungspotential solche Maßnahmen bieten, zeigen Berechnungen zum Auen-Renaturierungsprogramm an der Elbe. Hier konnte ein volkswirtschaftlicher Nutzen von 1,2 Milliarden Euro mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3:1 ermittelt werden. Um solche Synergien zukünftig verstärkt zu fördern, schlagen die Autoren der Studie auch institutionelle Ansätze vor, wie beispielsweise den Aufbau eines „Fonds für ökosystembasierte Klimapolitik“.
Doch insbesondere die landwirtschaftliche Nutzung ist zunehmend auf Ertragsoptimierung ausgerichtet, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei bleiben die volkswirtschaftlichen Folgen außer Acht. Denn eine intensivierte Nutzung ist zwangsläufig auf wenige Ökosystemleistungen ausgerichtet und führt gleichzeitig, etwa durch Klimagasemissionen oder die Belastung der Gewässer, zur eingeschränkten Leistungsfähigkeit anderer Komponenten. Allein die gesellschaftlichen Folgekosten von Grünlandumbrüchen werden im Fachbericht „Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen“ auf 440 bis 3000 Euro pro Hektar beziffert. Hervorgehoben werden daher die Vorzüge multifunktionaler Agrarlandschaften, die Belastungen reduzieren und das Naturkapital erhalten helfen. Demnach können bereits Saumstrukturen, wie Gewässerrandstreifen oder Hecken, mit vergleichsweise geringem Aufwand einen hohen Nutzen erzeugen, der die Investitionen um das 1,8-fache übersteigt. In einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union sehen die Autoren das größte Potential, diesen volkswirtschaftlichen Nutzen einer nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Räume zu heben. Vorgeschlagen wird daher eine Mittelverschiebung von Direktzahlungen (1. Säule der GAP) hin zu Agrarumweltmaßnahmen (2. Säule der GAP).
Mehr:
NATURKAPITAL DEUTSCHLAND – TEEB DE (2015): Naturkapital und Klimapolitik – Synergien und Konflikte. Hrsg. von Volkmar Hartje, Henry Wüstemann und Aletta Bonn. Technische Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ. Berlin, Leipzig.
NATURKAPITAL DEUTSCHLAND – TEEB DE (2016). Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen – Grundlage für menschliches Wohlergehen und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Schlussfolgerungen für Entscheidungsträger. Leibniz Universität Hannover, Hannover, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig.
Zitiervorschlag: Riahi, M. & Nagel, P.-B. (2016): „TEEB-Nachfolgestudie“ – ANLiegen Natur 38/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/teeb_nachfolgestudie/.