Bei der Renaturierung von Trockenrasen entscheidet die Umgebung über den langfristigen Erfolg
(umg.info, Andreas Zehm) Artenreiche Trockenrasen werden in den meisten Fällen durch Ansaat mit Handelssaatgut wiederhergestellt. Allerdings spielen Saatgutmischungen nur in den ersten Jahren eine Rolle, während mit zunehmender Zeitdauer die Artenausstattung der Umgebung der ausschlaggebende Faktor ist.
In jedem Fall dauert es sehr lange, bis sich die vollständige Artengarnitur wieder etabliert hat, was die hohe Bedeutung alter Lebensräume bestätigt.
PRACH et al. (2015) verglichen die Vegetationsentwicklung unterschiedlich begrünter Flächen in den Weißen Karparten in Tschechien:
- Ansaat mit einer herkömmlichen, artenarmen Klee-Gräser-Mischung,
- Ansaat mit einer artenreichen, regionaltypischen Saatgutmischung sowie
- sich selbst überlassene Flächen ohne Ansaat.
Zudem analysierten sie die Flora der noch vorhandenen Trockenrasen in der Umgebung. Da es selbst mit den besten Saatgutmischungen unmöglich ist, das komplette Artenspektrum eines Trockenrasens auszubringen, konzentrierten sie sich auf charakteristische Arten, die nicht in den Saatgutmischungen enthalten waren – mit einem überraschenden Ergebnis: Nach einem Zeitraum von etwa 30 Jahren ließen sich kaum mehr Unterschiede zwischen den unterschiedlich begrünten Flächen feststellen.
Entscheidender Faktor für die Etablierung der gewünschten Zielarten war das Vorkommen dieser Arten in der umgebenden Landschaft. Auf den mit einer regionaltypischen Mischung begrünten Flächen konnten sich die Zielarten zwar deutlich früher etablieren als auf den anderen Flächen, mit zunehmender Zeitdauer traten aber auf allen Flächen immer mehr typische Trockenrasenarten auf. Trotzdem ließen sich aber insgesamt nur rund 40 % aller 108 Zielarten in den Renaturierungsflächen nachweisen.
Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Saatgutmischung nur in den ersten Jahren von Bedeutung ist. Mit zunehmender Zeitdauer ist die Artenausstattung der Umgebung, die die spontane Ansiedelung typischer Arten bestimmt, der ausschlaggebende Faktor für den Erfolg der Renaturierung. Dass dies ein eher grundsätzlicher Zusammenhang ist, zeigten Ergebnisse von Stoll et al. (2014) für Fischzönosen der Fließgewässer, bei denen auch die Umgebung entscheidend für den Wiederbesiedelungserfolg war.
Aber selbst wenn ein entsprechender Artenpool in der Landschaft vorhanden ist, dauert es dennoch sehr lange – mehrere Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte – bis sich die vollständige Artengarnitur wieder etabliert hat. Wie Zahlheimer (2013) zeigte, ist aus Naturschutzsicht bei der Restitution der Vorzug regional gewonnenen Naturgemischen gegenüber käuflichen Saatmischungen zu geben.
Mehr:
- Prach, K., Fajmon, K., Jonepierová & Rehounková, K. (2015): Landscape context in colonization of restored dry grasslands by target species. – App. Veg. Sc. 18(2): 181–189.
- Stoll, S. et al. (2014): The Importance of the Regional Species Pool – Ecological Species Traits and Local Habitat Conditions for the Colonization of Restored River Reaches by Fish. – PloS ONE 9(1); www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/biologisches-umfeld-gewaesser-renaturierung/.
- Zahlheimer, W. (2013): Mit Naturgemischen zu naturgemäßen Wiesenbiotopen. – ANLiegen Natur 35: 25–29, Laufen; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an35105zahlheimer_2013_naturgemische.pdf.
Zitiervorschlag: umg.info & Zehm, A. (2015): Bei der Renaturierung von Trockenrasen entscheidet die Umgebung über den langfristigen Erfolg. – ANLiegen Natur 37/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/trockenrasen/.