Unerwünschte Reiseandenken – Ein Beispiel, wie invasive Arten reisen
(Andreas Zehm) Erster Nachweis der invasiven Argentinischen Ameise im Freiland von Bayern. Beispielhafte Dokumentation eines Einschleppungsweges.
Plötzlich sind sie da und keiner weiß, wie und woher sie gekommen sind: Invasive Arten fallen oft erst auf, wenn sie sich etabliert haben und in größeren Individuenzahlen zu finden sind. Gerade bei kleinen Organismen – wie Ameisen oder andere Insekten – ist eine versehentliche, unbeobachtete Verschleppung die Regel. Daher dokumentiert diese Meldung ein konkretes Beispiel, wie eine Initiale für eine neue Erstansiedlung als Urlaubsmitbringsel den Weg in neue Gebiete finden kann.
Im Raum Barcelona ist die Argentinische Ameise (Linepithema humile), wie in großen Teilen des mediterranen Raums als eine zusammenhängende Superkolonie ein fest etablierter, invasiver Neozoe und eine keyspecies für die dortige Fauna. Sie kann die meisten anderen Ameisenarten verdrängen und damit Lebensgemeinschaften signifikant verändern.
Innerhalb von maximal drei Tagen sind in einem gut besiedelten Gebiet alle neu hinzukommenden größeren Objekte – wie Autos – intensiv mit Laufstraßen von Linepithema erschlossen und flächendeckend kontrolliert. Die Erstbesiedelung des beobachteten Autos erfolgte in El Masnu (Katalonien), wo die Individuendichte oberflächlich fouragierender Individuen sehr hoch war. Beleg für die Herkunft der letztendlich verschleppten Kolonie war ein massiver Koloniekampf mit einer lokalen Linepithema-Population in der Nähe von Tossa de Mar, dem nächsten Abstellplatz, der in mehreren hundert toten Individuen resultierte. Derartige Koloniekämpfe sind in den von Linepithema neozooisch besiedelten Bereichen ungewöhnlich, da normalerweise alle Nester als eine Superkolonie kooperieren.
Es hatte sich eine individuenreiche Zweigkolonie in der Kotflügel-Verkleidung des Autos angesiedelt und gelangte so nach Weilheim (Oberbayern), wo sie bis zum Redaktionsschluss des Artikels (vier Wochen lang) trotz Bekämpfungsmaßnahmen mit laufenden Individuen im Freiland nachgewiesen wurde. Individuen konnten allerdings nur in direkter Umgebung des Autos gefunden werden. Aufgrund der tiefen Wintertemperaturen in Oberbayern ist eine dauerhafte Ansiedlung außerhalb künstlich erwärmter Orte kaum denkbar, so dass diese Einschleppung wohl nicht zu einer Etablierung führen kann.
Herrn Dr. Seifert und Herrn Sturm danke ich für die Nachbestimmung des wohl ersten mit Belegexemplaren dokumentierten Freilandfundes in Bayern.
Zitiervorschlag: Zehm, A. (2014): Unerwünschte Reiseandenken – Ein Beispiel, wie invasive Arten reisen. – ANLiegen Natur 36/2, S. 16–17; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/unerwuenschte-reiseandenken/.