Die Vermessung der biologischen Vielfalt
(Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Andreas Zehm) Eine genaue Vermessung von Individuen in Kombination mit statistischen Methoden kann effektiver sein, um Arten zu erkennen, als genetische Analysen. Beispielhaft konnten Forscher an Ameisen zeigen, dass es nicht immer eine DNA-Analyse sein muss, wenn es um die exakte Bestimmung sehr ähnlich anmutender Lebewesen geht. Die klassische Taxonomie, die Arten anhand von äußerlich sichtbaren Merkmalen differenziert, kann in vielen Fällen schneller und kostengünstiger zum Ergebnis führen, so eine Untersuchung.
In morphologisch ähnlichen Artengruppen mit hoher innerartlicher Variabilität ist die Artenzuordnung häufig sehr schwierig. Mit einer präzisen Erfassung phänotypischer Primärmerkmale und Clusteranalysen, die Ähnlichkeiten berechnen, konnten Artenpaare, die sich in jedem von zahlreichen Merkmalen messbar überlappen, der korrekten Spezies zugeordnet werden. Da sich der gesamte Rechen-Algorithmus recht einfach programmieren lässt, eröffnet sich so zudem ein Weg für die automatische Artbestimmung.
Das Verfahren hat vor allem dort Vorteile gegenüber einer DNA-Analyse, wo beschädigungsfrei gearbeitet werden muss, zum Beispiel an seltenem Sammlungsmaterial oder gar Typenmaterial – also den Grundlagen für Artbeschreibungen. Zum Vergleich mit Methoden der modernen Systematik (Next Generation Sequencing oder Mikrotomographie), die nach gegenwärtigem Stand der Technik 2–3 Monate für eine Probe benötigen, war zudem der Zeitaufwand von zwei Stunden pro Probe ausgesprochen gering. Selbst sogenannte kryptische Arten oder Zwillingsarten – also solche, die selbst ein erfahrener Experte nicht allein durch Anschauen differenzieren kann – lassen sich mittels dieses Systems unterscheiden.
Prinzipiell ist das Clustering-Verfahren überall da einsetzbar, wo zusammenhängende Wiederholungen definitiv artgleicher Elemente zu finden sind, egal ob dies Ameisen oder Gefäßpflanzen sind, bei denen Mehrfachbildungen – wie Blätter, Blüten oder andere Organe – mehrfach vermessen werden können.
Mehr:
Seifert, B., Ritz, M. & Csösz, S. (2013): Application of Exploratory Data Analyses opens a new perspective in morphology-based alpha-taxonomy of eusocial organisms. – Myrmecological News 19: 1–15; http://real.mtak.hu/9768/1/mn19_1-15_non-printable.pdf.
Zitiervorschlag: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung & Zehm, A. (2014): Die Vermessung der biologischen Vielfalt. – ANLiegen Natur 36/2, S. 17; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/vermessung-biologische-vielfalt/.