Wildrosen der Welt
(Anton Mayer) Das bereits 2013 in Französisch erschienene Werk liegt nun auch in deutscher Übersetzung vor. Es richtet sich vor allem an Gartengestalter und regt durch die Fülle der dargestellten Rosensippen an, mehr Wildrosen bei der Gartengestaltung einzusetzen. Indem 500 Arten, Varietäten und Hybriden vorgestellt werden, entsteht tatsächlich ein umfassender Überblick über die Gattung Rosa mit ihrer Blüten- und Formenvielfalt. Bildmaterial zu fast allen Sippen ergänzt die Beschreibung der einzelnen Taxa auch auf ästhetische Weise. Beim Bildmaterial liegt der Focus sehr oft auf einer formatfüllenden Darstellung der Blüten. Man würde sich manchmal auch andere typische Details wünschen. Zudem ist nicht bei allen Bildern der typische Farbton getroffen, so beispielsweise bei Rosa caesia, die durch eine weiße Blüte dargestellt ist, obwohl die typische Blütenfarbe ein kräftiges Rosa ist.
Nach einer Einleitung über die weltweite Verbreitung der Wildrosen, einem auch für Laien verständlichen Exkurs zur Benennung der Organismen und Beispielen zur Herkunft der Namen, wird erläutert, warum einer alphabetischen Sortierung den Vorzug vor einer sonst gebräuchlichen Auflistung nach Untergattungen und Sektionen gegeben wurde. Zweifelsohne finden sich so einzelne Taxa schneller ohne den Umweg über das Register, aber gerade bei Synonymen kann man in Schwierigkeiten geraten (beispielsweise Rosa chavinii steht unter Rosa canina var. chavinii). Die Nomenklatur im Buch richtet sich wohl nach dem Europa-Rosarium Sangershausen.
Nachdem typische Vertreter der Untergattungen und Sektionen beispielhaft vorgestellt wurden, folgt ein umfangreiches Kapitel über die vielgestaltige Anatomie der Wildrosen. Erstaunlicherweise wird dort nicht auf die für Rosen typische Ausbildung der Kelchblätter der meisten Rosensippen eingegangen, nämlich zwei gefiederte, zwei ungefiederte und ein nur auf einer Seite gefiedertes Kelchblatt. Leider fehlen in diesem Kapitel auch andere bestimmungswichtige Merkmale, wie die, für die einzelnen Sippen unterschiedliche und charakteristische Stellung der Kelchblätter. So ist nur eine aufrechte oder herabgeschlagene Kelchblattstellung aufgeführt. Die Begriffe schief aufrecht oder flatterig (um die Waagerechte abstehend) fehlen. Vor allem die Beschreibung des Griffelkanals, dessen jeweilige Weite den Ausschlag geben kann, zu welcher Art eine Rose zählt, ist nicht enthalten.
Der Hauptteil wendet sich den einzelnen Taxa zu, wobei nach folgendem Schema vorgegangen wird: Wissenschaftlicher Name mit Synonymen, Erläuterung des Artnamens, wenn nicht selbsterklärend, Verbreitung der Art im natürlichen Lebensraum, Beschreibung nach Aussehen und der Charakterisierung von Trieben, Stacheln, Laub, Blüten und Früchten. Leider wird die Beschreibung dem selbst gestellten Anspruch, „detaillierte Beschreibungen erleichtern die Bestimmung“, nicht gerecht. Wie soll man zum Beispiel Rosa abietina und Rosa balsamica, zwei sehr ähnliche und leicht zu verwechselnde Sippen, anhand des Buches auseinander halten, wenn bei ersterer eine Beschreibung gänzlich fehlt (sie wurde wohl vergessen) und bei R. balsamica weder auf die Bedrüsung der Blättchen noch auf die drüsige Serratur oder die geringe Weite des Griffelkanals eingegangen wird. Der Umstand, dass wichtige Differenzierungs- und Bestimmungsmerkmale zu den einzelnen Sippen fehlen, zieht sich leider wie ein roter Faden durch den Hauptteil. Eine seriöse Bestimmung ist deshalb, von leicht kenntlichen Ausnahmen abgesehen, mit diesem Buch nicht möglich, so dass hier dringend empfohlen wird, auf die gängige Bestimmungsliteratur zurückzugreifen. Im Übrigen ist im Hauptteil nur Rosa sherardii zu finden. Rosa elliptica, R. zalana und selbst die häufigere R. pseudoscabriuscula fehlen.
Der „Liste der in Mitteleuropa heimischen Wildrosen“ fehlen leider Arten (wie Rosa elliptica, R. zalana, R. sherardii und R. pseudoscabriuscula), dagegen sind beispielswiese R. sempervirens, R. sicula, oder R. serafini in Mitteleuropa nicht heimisch, so dass die Liste wert wäre, für die nächste Auflage überarbeitet zu werden.
Die Hinweise zur Rosenliteratur sind für ein so umfassendes Werk zu dürftig geraten und selbst Standardwerke, wie die „Wildrosen und Weißdorne Mitteleuropas“, die „Illustrierte Flora von Mitteleuropa“ oder die „Exkursionsflora von Österreich“, fehlen leider.
Dennoch gibt der vorliegende Band, auch Dank des reichen Bildmaterials, einen guten Überblick über die Rosen-Vielfalt und wird insgesamt dem hohen Ansatz, die Wildrosensippen der Welt in Wort und Bild vorzustellen, gerecht. Das Werk ist für den Garten- und Rosenliebhaber eine wertvolle Übersicht, aber zur Vertiefung und zur Bestimmung sollte jedoch auf andere Spezialliteratur zurückgegriffen werden. Wegen fehlender, mangelhafter oder falscher Detailangaben ist das Buch leider nur eingeschränkt zu empfehlen. Wir hoffen auf eine baldige korrigierte Neuauflage!
Patrick Masure (2014): Wildrosen. – Haupt Verlag, Bern, ISBN 978-3-258-07853-3: 256 Seiten, 29,90 Euro.
Zitiervorschlag: Mayer, A. (2015): Wildrosen der Welt. – ANLiegen Natur 37/1, S. 107–108; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/wildrosen/.