Bücher, Broschüren und Informationsangebote
Weblog mit Rezensionen neu erschienener Veröffentlichungen, die in der Zeitschrift Anliegen Natur veröffentlicht werden. Der Schwerpunkt liegt auf Büchern, Broschüren und Informationsangeboten mit Relevanz für den praktischen Naturschutz.
Themen
- 07.05.2014: Schutz des Lebensraums Steppe in Europa
- 01.04.2014: Bäume in der Stadt
- 27.03.2014: Taschenlexikon der Libellen Europas
- 25.03.2014: Verbreitungsatlas der Farn-und Blütenpflanzen
- 25.03.2014: Gipssteppen bei Külsheim und Markt Nordheim
- 25.03.2014: Waldränder ökologisch aufwerten
- 25.03.2014: Geotope in Unterfranken
- 24.02.2014: Ackerwildkrautschutz – Eine Bibliographie
Schutz des Lebensraums Steppe in Europa
Auch wenn Steppenlebensräume weite Teile der Erde prägen, in Osteuropa gebietsweise häufig bis landschaftsprägend sind und in Thüringen noch gebietsweise großflächig zu finden sind, dünnen sie in Bayern endgültig zu einzelnen Kleinflächen aus, die, wie die meisten Trockenrasen, durch Landschaftspflege erhalten werden müssen. Ausgehend von einem LIFE-Projekt zum Schutz der Steppenrasen Thüringens entstand als Tagungsdokumentation ein umfangreiches Buch, das zahlreiche Aktivitäten und Erkenntnisse aus allen Teilen Europas zu Steppenrasen zusammenträgt. Es bietet zahlreiche Informationen zum Schutz dieser Lebensräume, die selbstverständlich auch über Thüringen hinaus relevant sind, und trägt somit wertvoll dazu bei, einen gesamteuropäischen Austausch zu Trockenrasen zu initiieren.
Nahezu alle Steppenlebensräume des deutschsprachigen Raums und Osteuropas sind im Buch vertreten und stellen ihre Steppenbereiche oft vegetationskundlich und/oder mit Bezug auf das Netzwerk Natura 2000 vor. Beispielsweise ist man entsetzt, wenn man liest, wie stark selbst in den Kernzonen der Steppen (Ukraine, Russland) die Steppenlebensräume gefährdet sind, schöpft aber leichte Hoffnung, dass es immerhin gewisse Chancen gibt, sie von Refugien ausgehend zu regenerieren.
Besonderer Wert des Bandes ist, dass er nicht bei der naturwissenschaftlichen Beschreibung der Steppen stehen bleibt, sondern den Schutz in zahlreichen Beiträgen thematisiert. Damit bekommt man nicht nur einen groben Überblick über Steppe, sondern auch einen Einblick in Projekte und Pflegeansätze, über die man ohne das Buch wahrscheinlich kaum etwas mitbekommen hätte. Natürlich werden die Pflegemaßnahmen in den Steppengebieten Thüringens angenehm ausführlich vorgestellt, doch darüber hinaus wird beispielsweise beschrieben, wie man den invasiven Götterbaum mit pathogenen Pilzen bekämpft, Feuer als Pflegemaßnahme einsetzt, Landreitgras durch Mahd zurückdrängt, Verbuschung in Energieholz umwandelt oder wie es möglich ist, mit Beweidung Erfolge zu erzielen. Weiterer Schwerpunkt sind Beispiele, wie mit einer Kombination von Ex-Situ-Vermehrungskulturen und Landschaftspflege, Artenhilfsmaßnahmen für gefährdete Pflanzenarten erfolgreich umgesetzt werden können.
Natürlich hängt die Qualität der einzelnen Beiträge von den jeweiligen Autoren ab, doch durch eine intensive, gut gelungene Redaktionsarbeit konnte insgesamt eine gute bis sehr gute Qualität erreicht werden, so dass der Band durchwegs empfohlen werden kann.
Solange der Vorrat reicht und sofern das Porto in Form einer Paketmarke (derzeit 6,99 Euro) der Deutschen Post/DHL zugesendet wird, kann der Band kostenlos über das LIFE-Projektbüro "Steppenrasen Thüringens", Uhlandstraße 3, 99610 Sömmerda, +49 3634 359-191, Fax: +49 3634 359-193, henryk.baumbach@steppenrasen.thueringen.de, bezogen werden. Der Tagungsband kann auch in digitaler Form als DVD bestellt werden.
Mehr zum Buch:
THÜRINGER MINISTERIUM FÜR LANDWIRTSCHAFT, FORSTEN, UMWELT UND NATURSCHUTZ (2013): Tagungsband internationale Tagung: „Steppenlebensräume Europas – Gefährdung, Erhaltungsmaßnahmen und Schutz“ vom 03. bis 06.06.2012 in Erfurt: 456 Seiten; ISBN 978-3-00-044248-3.
Bäume in der Stadt
Drei Dinge prägen Städte: Die Menschen, die Architektur und Bäume und manchmal zusätzlich noch ein Fluss. So kommen auf jeden Stadtbewohner durchschnittlich etwas weniger als zehn Bäume; einige gezielt gepflanzt andere durchgewachsen in Privatgärten. Doch Bäume prägen nicht nur das optische Erscheinungsbild, sondern bieten auch noch zahlreiche wertvolle Ökosystemdienstleistungen, wie sie in den einführenden Kapiteln des Buches „Bäume in der Stadt“ knapp und gut beschrieben werden. Darin vermischt werden bereits die ersten übergreifenden Hinweise zur Eignung verschiedener Bäume gegeben, bevor sie später in Artkapiteln detailliert vorgestellt werden. So werden 40 Baumarten nach einem einheitlichen, ausführlichen Kriterienset vorgestellt, so dass in Bezug auf Verwendung, Eigenschaften und Autökologie keine Fragen offen bleiben. Man merkt in jedem Kapitel die hohe Sachkenntnis des Autors und seine gewachsene Liebe zu allen größerwüchsigen verholzenden Pflanzen. Im Anschluss an die Artkapitel werden häufige Probleme beschrieben, mit denen ein normaler Stadtbaum zu kämpfen hat. Ausführlich abgehandelt werden Trockenheitsstress und exemplarisch eine ganze Zahl häufiger Krankheiten. Erstaunlich, dass die Einschränkungen des Wurzelraums, Streusalzfolgen und die oft ungelenken Sägeaktionen mancher Baumbesitzer textlich nahezu unerwähnt bleiben, obwohl sie doch mehrfach im Buch auf Bildern dokumentiert werden. Auch gärtnerische Aspekte zu (Um-)Pflanzung, Schnitt und Verkehrssicherheit bleiben außen vor, doch dafür gibt es ja zahllose andere Fachbücher, so dass diese Schärfung des Fokus als deutlicher Pluspunkt gesehen werden kann. Erfreulich, aber auch verwunderlich, bleibt das ausführliche Abschlusskapitel zu Aufsitzerpflanzen, das sich aber sehr deutlich auf die Mistel konzentriert, während Flechten, Moose und Farne, als auch deren Rolle für die Artenvielfalt unerwähnt bleiben. Es ist zwar extrem erfreulich von einem Buch, das auf Bäume fokussiert, so detaillierte und ausgewogene Informationen über den Halbparasiten Mistel zu bekommen, doch verstärkt es leider den Gesamteindruck des Buches, redaktionell und konzeptionell nicht ganz ausgewogen zu sein.
Unbefriedigend bleibt der Themenbereich Neophyten, invasive Arten und Artenreichtum durch gezielte Artenauswahl von „Nährgehölzen“. Während letzterer, für die Stadtökologie nicht unwesentlicher Bereich völlig unerwähnt bleibt, wird bei einzelnen Arten das Potential zur invasiven Ausbreitung und schwierigen Zurückdrängung zwar erwähnt, bleibt normativ aber völlig unbewertet. Somit bleibt es der Fachbewertung des einzelnen Lesers überlassen zu beurteilen, ob beispielsweise der Götterbaum oder die Pennsylvanische Esche für eine Pflanzung geeignet sind, womit sicher viele Nutzer des Buches überfordert sind. Obwohl – um beim Beispiel zu bleiben – beide Arten in Naturschutzkreisen überwiegend als eindeutige Problemarten eingestuft sind und gar bekämpft werden, fehlen im Buch Hinweise, dass diese Arten keinesfalls gepflanzt werden sollten, auch wenn sie ästhetisch gut in das Konzept der landschaftsarchitektonischen Gestaltung passen. Leider ist das Buch daher nicht uneingeschränkt zu empfehlen, auch wenn es ansonsten sehr lesenswert ist.
Mehr zum Buch:
ROLOFF, Andreas (2013): Bäume in der Stadt. – Ulmer Verlag, Stuttgart: 255 Seiten, ISBN 978-3-8001-7598-7; 44,90 Euro.
Taschenlexikon der Libellen Europas
In wenigen Tagen Abstand zum unerwarteten Tod von Heiko Bellmann, einem der großartigen Pioniere von Libellenbüchern, erschien nun ein in dieser Art schwer zu übertreffendes Buch der Libellen Europas. Normalerweise lohnt es sich bei Werken, die einen derart umfassenden Raum bearbeiten, skeptisch zu werden, da oft Ungenauigkeiten oder unzureichende Bearbeitungen an den geographischen Rändern der Homerange der Bearbeiter normal sind. Ganz anders bei diesem Lexikon von Wildermuth und Martens! Dieses Libellenbuch zeichnet sich durch eine unglaubliche Akribie, Detailschärfe und Genauigkeit, gepaart mit einer ungeahnten Menge an Informationen zu jeder Art aus. Nicht nur die Artbeschreibungen, die für jede Art die Themen Namensbedeutung, Kennzeichen, Verbreitung, Lebensraum, Lebensweise der Imagines und Larven, Gefährdung und Schutz, Beobachtungstipps und Literatur abarbeitet, sind genau und umfassend, sondern auch alles, was über die Libellenart an sich hinausgeht. So liefert das Buch beispielsweise botanisch sehr fundierte Lebensraumbeschreibungen und vertiefte Verhaltensanalysen, wobei fast jede Information (egal ob zu Höhe, Weite, Pflanzengesellschaft, Artnamen, Zeiten) bestmöglich präzisiert wird. Allgemeine Aussagen fehlen nahezu völlig und Worte wie „rund, etwa, zirka“, die in vielen Führern Standard sind, scheinen für die Autoren Fremdwörter zu sein oder sich auf die zweite Kommastelle zu beziehen. Symptomatisch ist beispielsweise eine Formulierung wie: „die Eiablage dauert durchschnittlich 28 Minuten“, wo andere Führer vermutlich von etwa einer halben Stunde gesprochen hätten.
Selbstverständlich sind Phänogramme (die das Auftreten der Art im Jahresverlauf beschreiben) regionalisiert und aufgeteilt nach Eiern, Larven, Schlupf und Imagines, was wiederum die hohe Präzision des Werks verdeutlicht.
Alle Artbeschreibungen sind extrem ausführlich und erschöpfend, bei wenig erforschten Arten natürlich kürzer, bei kommunen Arten aber hochgenau. Erstaunlich ist da eher, wie es den Autoren gelungen ist, die wesentlichen Grundinformationen zu Libellen in die recht kurz geratene Einleitung zu packen. Faszinierende Fotos zeigen nicht nur die Arten, sondern auch Lebensweisen, Lebensräume und andere Besonderheiten der Arten und machen so zahlreiche Verhaltensweisen wortwörtlich auf einen Blick selbst für Laien verständlich. Ganz wertvoll für alle Libellenfreunde und die, die es werden wollen, sind die „Beobachtungstipps“, wie sie für jede Art gegeben werden. Da gilt es teilweise nur noch den richtigen Monat abzuwarten und sich bei optimaler Temperatur, passender Wolkenbedeckung und Uhrzeit in der entsprechenden Pflanzengesellschaft auf die Lauer zu legen, und der Jungfernflug der Lieblingsart ist kaum mehr zu verpassen. Wo bleibt da noch die – bei ausbleibender Beobachtung – Geld-zurück-Garantie?
Hervorzuheben bleibt, dass das Buch nicht darauf abzielt, ein Bestimmungsbuch zu sein. Dazu fehlt beispielsweise ein Bestimmungsschlüssel, die Bilder sind eher zu klein, als dass die wesentlichen Merkmale zu erkennen wären und es ist zu dick als auch zu schwer, um im Geländerucksack Freude zu bereiten. Es ist eine Enzyklopädie für die abendliche Fundexegese, die in Bezug auf Libellen das aktuelle Wissen vermutlich nahezu vollständig zusammenträgt.
Informationen über exotische Libellenarten (die zum Teil nur ganz wenige Male in Europa gefunden wurden) werden selbst im Hinblick auf ihre angestammten Vorkommen genau beschrieben und die Fundumstände bisheriger Exemplare genau geschildert. Sogar zahlreiche spezielle Libellen-Parasiten werden detailliert vorgestellt, so dass man nebenbei das Allgemeinwissen, beispielsweise über Milben, vervielfachen kann. Oder anders gefragt: Wie gut kennen Sie Libellengnitzen?
Aufgrund des großen geographischen Raums, den das Werk behandelt, ist allein die räumliche Einordnung der Arten – insbesondere für Laien – schwierig. Bereits eine Karte mit angefärbten Ländern würde die Orientierung extrem erleichtern. Allerdings wäre das vermutlich dem Genauigkeitsanspruch des Buches zuwider gelaufen, so dass wohl leider lieber ganz drauf verzichtet wurde. Am Ende jeden Artkapitels finden sich Belege, die auf die schätzungsweise 780 Zitate umfassende Literaturliste verweisen, die das Buch abschließt. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass das Buch so exakt und detailliert wie kaum ein anderes eine spezielle Insektengruppe beschreibt und dem Leser das sichere Gefühl gibt, nahezu alles nachlesen zu können, was über die verschiedenen Arten bis zur Drucklegung bekannt geworden ist. Extrem beeindruckend!
Mehr zum Buch:
WILDERMUTH, H. und MARTENS, A. (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. – Quelle und Meyer: 824 Seiten, Wiebelsheim, ISBN 978-3-494-01558-3, Einführungspreis 24,95 Euro (später 29,95 Euro).
Verbreitungsatlas der Farn-und Blütenpflanzen
Den Aufwand, der hinter dem neuen Atlas der Pflanzennachweise steht, können wahrscheinlich nur die rund 5.000 Kartierenden wirklich nachvollziehen, die in den letzten Jahrzehnten Daten zur Flora Deutschlands zusammengetragen haben. Außenstehende können sich kaum vorstellen, mit welcher Hartnäckigkeit sich Arten der sicheren Bestimmung im Gelände entziehen, Hitze, Regensturm und Hagelschlag die Effizienz einbremsen, welche Vielfalt verschiedene Erfassungsmethoden hervorbringen und welche bis zuletzt nicht enden wollenden Schwierigkeiten bei der Datenverarbeitung überwunden werden müssen.
Dennoch kamen rund 30 Millionen Funddaten zusammen, die die Vielfalt und regionale Verbreitung der Flora Deutschlands dokumentieren. Sicher ist der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands damit ein schwergewichtiger Höhepunkt, der sich auf schätzungsweise 3.000 Verbreitungskarten und jeweils 4,5 kg Papier niederschlägt. Daher ist der Atlas kaum dazu geeignet, mit ins Gelände genommen zu werden. Doch dafür gibt es die elektronische Ergänzung, die unter Floraweb mit den in den letzten Jahren angesammelten Beschreibungen auf Abruf wartet. Ergänzt werden die Online-Beschreibungen durch die aktualisierte Karte und einige Zusatzinfos zu den Rasterpunkten. Wer den QR-Code, der auf jede Karte aufgedruckt ist, im Gelände mit Steinchen aus dem Kopf nachlegen kann, kann auch mobil elektronisch direkt bei der Karte einsteigen. Altgediente Kartierer nutzen dagegen vermutlich weiterhin den „klassischen“ Zugang über die Suchfunktion im Internet, egal ob sie per Laptop im Wohnzimmer oder im Gelände über Smartphone nach der Sippe suchen. Zahlreiche Nutzer werden vermutlich überhaupt etwas suchen müssen, da die phyllogenetische Reihenfolge der Sippen nach Familien zugunsten einer alphabetischen Reihung der Gattungen aufgelöst wurde. Zudem ist Dank der Florenliste von Deutschland (mit Stand Frühjahr 2013) eine moderne Grundlage für die derzeit gültige Nomenklatur gelegt worden. Somit sind zahlreiche Umbenennungen von Sippen nicht am Buch vorbeigegangen, doch vermutlich an vielen Floristen. Da hilft nur ein Blick in das umfangreiche, auch Synonyme umfassende, Register um die Arten wiederzufinden. Kartographisch dargestellt werden Arten und Unterarten. Zusätzlich sind je nach Datenlage manche Artengruppen (= Aggregate) dargestellt, was beispielsweise erstmals ermöglicht, einen Überblick über den gesamtdeutschen Nachweisstand der Sumpf-Löwenzähne zu bekommen, auch wenn man sich vergegenwärtigen muss, dass die Muster vermutlich wesentlich durch die Sammelregionen der wenigen Spezialisten geprägt sind.
Diesem Zugewinn an zusätzlichen Karten steht gerade aus Naturschutzsicht leider das deutliche Manko entgegen, dass auf den Karten die spezielle Kennzeichnung von sicher erloschenen Fundorten aufgegeben wurde. Auch wenn es im Einzelfall extrem schwierig ist zu entscheiden, ob eine Art nicht doch noch irgendwo im Quadranten vorkommt, wird so der nach wie vor kontinuierliche Rückgang der Arten aus der Fläche verschleiert. Es bleibt – ohne Zusatzwissen oder helfende Interpretation – unmöglich zu unterscheiden, ob die Art nur nach 1980 nicht mehr nachgewiesen wurde (was bei häufigen Arten vor allem im südostbayerischen Raum sicher flächig der Fall ist), oder ob, wie im Falle von vielen seltenen Arten, trotz zahlreicher Besuche die Sippe am letzten isolierten Wuchsort nicht mehr gefunden wurde. Gerade dem formulierten Ziel, durch gute Basisdaten dem Naturschutz wichtige Grundlagen zu liefern und den kontinuierlichen Florenwandel als Indikator für die Veränderung unserer Natur und Landschaft zu dokumentieren, läuft dieses Vorgehen grundlegend entgegen. Es entwertet den Atlas als Argumentationshilfe, das helfen könnte, die Bedeutung einzelner Vorkommen hervorzuheben.
Leider konnten aus technischen Gründen die zahleichen wertvollen Kommentare zu den Arten nicht zu den Sippenkarten gestellt werden, so dass man innerhalb des Werkes an zwei Stellen reinschauen muss, um alle Informationen zu einer Art zu finden.
So erfreulich es ist, wieder eine Zeitscheibe dokumentiert zu haben und die zahlreichen Regionalfloren in eine Gesamtsicht zusammengeführt zu haben, zeigt der Atlas doch gerade bei den weit verbreiteten Arten leider auch, dass vielfach die Daten in die Jahre gekommen sind. Damit ist der Atlas zum einen ein Endstand, aber gleichzeitig ebenso ein Startpunkt für weitere Kartierungen, um die Lücken zu schließen und aktuelle Funde zu ergänzen. So gehet hin und machet Euch die Rasterfelder Untertan.
Mehr zum Buch:
NETZWERK PHYTODIVERSITÄT DEUTSCHLAND und BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (2013): Verbreitungsatlas der Farn-und Blütenpflanzen. – Landwirtschaftsverlag: 912 Seiten, ISBN: 978-3-7843-5319-7, 69,95 Euro.
Folien zur Buchvorstellungwww.bfn.de (6 MB)
Relikte einer vergangenen Landschaft - Gipssteppen bei Külsheim und Markt Nordheim
Relikte ist der perfekt passende Titel für diese Broschüre. Genauso wie die behandelten Gipssteppen, sind Broschüren wie diese heute Inseln in der zunehmend digitalen Welt. Hauptsächlich über zahlreiche brillante, gut ausgewählte Fotos werden kleinräumig erhalten gebliebene Sonderlebensräume auf Gipsböden vorgestellt, die Dank hoher Geodynamik und spezieller Bodensituation eine faszinierende Pflanzen- und Tierwelt bieten. Gleichzeitig sind die kleinen Flecken Mittelfrankens ein Blick in die weite Welt: Wer in Külsheim war, erkennt Erdbock, Erdflechten, Schwarzwurzel und Adonisröschen auch im Kyffhäuser-Gebiet oder den kontinentalen Steppen Russlands wieder. Dass so kleinflächige Biotope auf wertvollem Grund – Gips ist nach wie vor ein gefragter Rohstoff – gefährdet sind, ist leider kaum der Erwähnung wert. Die Erfolge im Schutz der Steppenrelikte schon. So ist sehr erfreulich, dass die Aspekte einer erfolgreichen Zusammenarbeit zahlreicher Akteure einige Seiten Raum in der Broschüre gefunden haben.
Ganz klar eine Broschüre die Lust macht. Lust zu blättern und Lust die Gebiete und die Pflanzen und Tiere einmal live zu sehen. Ich fürchte nur, ein Besuch reicht nicht.
Mehr zur Broschüre:
KERSKES, A. und VON BRACKEL, W. (2013): Relikte einer vergangenen Landschaft – Gipssteppen bei Külsheim und Markt Nordheim. – Broschüre, Herausgeber Regierung von Mittelfranken: 24 Seiten.
Waldränder ökologisch aufwerten
Eine Broschüre von Pro Natura zeigt, dass ein Waldrand mehr ist als eine gerade Kante zwischen zwei Lebensräumen. Es sind heute zumeist potentielle Gestaltungsräume, aus denen man sich nach einer Erstgestaltung am besten eher raushält und nur gelegentlich gezielt eingreift, um dem Lebensraum Impulse für neue Dynamik zu geben. Graphisch exquisit stellt die Broschüre vor, was einen Waldrand ausmacht und gibt konkrete Hinweise, mit welchen gestaltenden Mitteln harte Kanten zu reichen Lebensräumen gewandelt werden können. Von den planerischen Hinweisen sind einzelne Anpassungen (beispielsweise zur Finanzierung) an bayerische Verhältnisse nötig, dennoch sind die grundlegenden Schritte eindeutig definiert. Die Broschüre arbeitet die nötigen Schritte sukzessive ab und stellt fest, dass die Kommunikation mit den beteiligten Fachpersonen, aber auch mit der Öffentlichkeit wesentliche Grundlage für den Erfolg ist. Durch Ersteingriffe wird der bestehende Waldrand aufgelichtet und in Form von Buchten leicht zurückgesetzt, wodurch ein unregelmäßiger Saum entsteht, der durch vorab definierte Pflegeeingriffe (Einzelgehölze werden auf gelegentlich auf den Stock gesetzt, Kleinstrukturen geschaffen) weiterentwickelt wird. Die Broschüre ist eine Anregung, Ränder neu zu entdecken und ihnen beispielsweise im Rahmen der Flurneuordnung oder Waldbewirtschaftung wieder Raum zu geben und etwas mehr Dynamik zu wagen.
Mehr Informationen:
PRO NATURA (2013): Waldränder ökologisch aufwerten. – Beitrag Naturschutz in der Schweiz, 33: 44 Seiten, Basel, ISSN 1421–5527.
www.pronatura.ch (0,1 MB)
Geotope in Unterfranken
Gut, den Grand Canyon kann Unterfranken nicht bieten, aber zahlreiche, meist kleinflächige geographische oder geologische Besonderheiten lassen dennoch tiefe Einblicke in die Vergangenheit Bayerns zu. Auch die letzte Ausgabe der Abhandlungen über die Geotope der Regierungsbezirke Bayerns, herausgegeben vom Bayerischen Landesamtes für Umwelt, erlaubt es, mehr über die Landschaften zu lernen, in denen man lebt. Diesmal werden besondere Stellen im Maintal, Spessart, Steigerwald sowie in der Rhön und den Haßbergen vorgestellt und der Leser eingeladen, sie zu erleben, um die Geologie zu verstehen. Rund 50 Geotope – geologische Sonderformen von besonderem Wert – der unterfränkischen Landkreise werden in Steckbriefen vorgestellt. Dank der eingefügten Karte sind die Geotope leicht zu finden. Die Steckbriefe sind jeweils mit guten Fotos, erläuternden Grafiken sowie Texten versehen, so dass die geologischen Zusammenhänge klar werden und beispielsweise aus einem unauffälligen Steinbruch ein Aha-Effekt wird. Den Einzelbeschreibungen ist ein einführendes Kapitel zur geologischen Gliederung Unterfrankens vorneweggestellt, in der die prägenden Ereignisse, wie Meereseinbrüche, Sedimentation, Faltungen und Vulkanismus in die passende zeitliche Abfolge und den entsprechenden räumlichen Zusammenhang gebracht werden. So lernt man die große Geologie regional fokussiert in kleinen, konkreten Einblicken kennen und erfährt schrittweise, wie man in der Landschaft lesen kann. Als Laie muss man jedoch über zahlreiche Fachbegriffe im Text hinwegsehen, die leider auch an keiner Stelle erläutert werden. Ebenso verhält es sich mit einigen Spezialfällen oder Schichtungsdetails, die eher das Spezialistenherz erfreuen. Dennoch ist auch dieser Band auf jeden Fall eine Fundgrube an spannenden Exkursionszielen, die je nach Detailausführung wahlweise an die Uferpromenade, den Steinbruch oder die Sanddüne führen.
Mehr zum neuen Band:
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT (Herausgeber, 2013): Geotope in Unterfranken. – Erdwissenschaftliche Beiträge zum Naturschutz 8: 197 Seiten, ISBN 978-3-936385-93-9; 9 Euro.
Ackerwildkrautschutz - Eine Bibliographie
24.02.2014, Andreas Zehm und Martin Sommer
Die Ackerwildkräuter sind so etwas wie die noch zu entdeckende dunkle Seite des Mondes für den Naturschutz: Kein Lebensraum unterlag die letzten Jahrzehnte einem so deutlichen Wandel, wie die Acker-Standorte, keine Artengruppe ist so stark gefährdet, wie die dort lebenden Tiere und Pflanzen und keine Pflanzengruppe verzeichnet so viele in Mitteleuropa ausgestorbene Arten wie die Ackerwildkräuter. Äcker sind sogar der einzige Lebensraumtyp, bei dem Pflanzengesellschaften in Gänze verschwunden sind. Dennoch haben Ackerarten keine Lobby im Naturschutz, weder in Deutschland noch in Europa: Kein einziger Acker-Lebensraumtyp oder eine einzige Pflanzenart finden sich auf den FFH-Anhängen. Auch national ist keine Art geschützt und für gefährdete Ackerarten werden in aller Regel auch bestenfalls nur private Schutzgebiete ausgewiesen. Denen, die bislang noch nicht so tief in den Schutz der Ackerflora eingestiegen sind, bietet das aktuelle Skript 351 des Bundesamtes für Naturschutz mehr als der Titel verspricht: So ist der über 1.700 Zitate umfassenden Literatursammlung eine aktuelle Zusammenfassung der Entwicklung der Ackerflora und der verschiedenen Bemühungen zu deren Schutz vorangestellt.
Detailliert und umfassend, aber dennoch in knapper Form, wird die Entstehung der speziellen Ackerflora behandelt und hergeleitet, warum die Ackerwildkräuter eigentlich gar nicht so wild sind. Denn sie unterliegen seit Jahrhunderten einer Koevolution mit dem wirtschaftenden Menschen, sind also wesentlicher Teil der Kulturgeschichte. Erläutert wird, wie es durch Auflassen ertragsschwacher Ackerflächen, Saatgutreinigung, Veränderungen bei der Bodenbearbeitung, Düngung, Kalkung, Melioration, Beregnung, die chemische Unkrautbekämpfung und durch grundlegende Veränderungen der Anbauverhältnisse sowie der Landtechnik zu einer Vergrößerung und Vereinheitlichung der Ackerschläge und damit dem Rückgang ihrer Flora kam. Den Hauptteil der Einführung stellen die verschiedenen Bemühungen zum Schutz dar. Diskutiert werden die Möglichkeiten und Grenzen spezieller Feldflorareservate beziehungsweise Schutzäcker, Ackerrandstreifen und Vermehrungskulturen. Ergänzend werden auch die Möglichkeiten erörtert, wie Ackerwildkrautschutz mit ökologischem Landbau kombiniert werden kann. Leider blieben bei der Zusammenstellung die Ansätze der Bundesländer zum Vertragsnaturschutz unerwähnt, die inzwischen die Randstreifen-Programme abgelöst haben und beispielsweise in Bayern einige Möglichkeiten zum Schutz der Ackerflora eröffnen.
Damit liegt ein insgesamt sehr hilfreicher Überblick über die vorliegenden Kenntnisse und die verschiedenen Ansätze zum Schutz der Ackerflora vor, der anhand der folgenden Literaturzitate beliebig vertieft werden kann. Damit liefert das Skript eine wertvolle Standortbestimmung, von der aus neue Schutzansätze entwickelt oder erprobte Konzepte auf Grundlage des aktuellen Wissensstandes angewendet werden können.
Mehr:
Meyer, S., Hilbig, W., Steffen, K. und Schuch, S. (2013): Ackerwildkrautschutz – Eine Bibliographie. - BfN-Skripten 351, 224 Seiten.
www.bfn.de (2,9 MB)
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