ANL Samentütchen
Sie halten eines unserer Schmetterlings- und Wildbienensaum-Samentütchen in der Hand und fragen sich, warum Sie die Samenmischungen nur im heimischen Garten oder Balkon ausstreuen sollen, und was es mit „regionalem Saatgut“ auf sich hat?
Kurz gesagt: In der freien Natur darf nur gebietseigenes Saatgut ausgebracht werden. Unsere Samentütchen enthalten zwar heimische und naturschutzfachlich wertvolle Samenmischungen, dennoch verteilen wir die Samentütchen bayernweit und können dabei nicht jedes Ursprungsgebiet berücksichtigen. Im Garten oder auf dem Balkon werden Ihnen die Kräuter und Pflanzen aber sicherlich viel Freude machen – probieren Sie es aus!
Hintergrund
Bunt blühende Wiesen und Säume fördern die Insektenwelt, indem sie Nahrung und Versteckmöglichkeiten bereitstellen. Einheimische Insekten wiederum bestäuben nicht nur Wildpflanzen, sondern auch unsere Kulturpflanzen, und sorgen somit gleichzeitig dafür, dass wir Obst, Gemüse und andere pflanzliche Rohstoffe ernten können. Zusätzlich stellen Insekten die Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere, wie Vögel, Fledermäuse und kleine Säugetiere dar. Wir können der heimischen Insektenwelt unter die Arme greifen, indem wir Blühstreifen anlegen und Freiflächen mit einheimischen Wildkräutern begrünen. Doch nicht jedes Saatgut ist dazu gleich gut geeignet.
Was ist drin?
Samen von 56 verschiedenen einheimischen Wiesen- und Saumblumenarten sind in unserer ANL- Saatgutmischung enthalten. Damit bietet sie bestäubenden Insekten wie Schmetterlingen und Wildbienen ein reiches Buffet. Den Grundstock bilden Kräuter der typischen Flachland-Mähwiesen, die dem Natura 2000-Lebensraumtyp 6510 entsprechen, darunter Wiesen-Glockenblume, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Margerite, Acker-Witwenblume und Wiesen-Salbei. Zusätzlich sind Arten beigefügt, die auch mit trockeneren Verhältnissen zurechtkommen und in (Halb-) Magerrasen zuhause sind, wie der gewöhnliche Thymian, der gewöhnliche Dost (auch als Oregano bekannt), Pechnelke, Karthäuser-Nelke, Skabiosen-Flockenblume und pfirsichblättrige Glockenblume. Einen weiteren Anteil bilden sogenannte Saumarten, die normalerweise entlang von Wegesrändern und Äckern und auf brachliegenden Flächen wachsen. Darunter sind Kornblume, Wegwarte, Klatschmohn, gewöhnlicher Natternkopf, Rainfarn, Königskerze, echtes Johanniskraut und wilde Möhre. Je nach Standort der Aussaat setzen sich diejenigen Pflanzen durch, die an den Wuchsort am besten angepasst sind. Je nach Ort der Aussaat kann die Samenmischung also ganz anders aussehen. Viel Spaß beim Beobachten! Der Schmetterlings- und Wildbienensaum enthält:
Botanischer Name | Deutscher Name | % Anteil |
---|---|---|
Achillea millefolium | Gewöhnliche Schafgarbe | 1,20 |
Agrimonia eupatoria | Kleiner Odermennig | 4,00 |
Barbarea vulgaris | Echtes Barbarakraut | 2,00 |
Betonica officinalis | Heilziest | 1,00 |
Campanula patula | Wiesen-Glockenblume | 0,10 |
Campanula persicifolia | Pfirsichblättrige Glockenblume | 0,10 |
Campanula rapunculoides | Acker-Glockenblume | 0,20 |
Campanula rotundifolia | Rundblättrige Glockenblume | 0,20 |
Carum carvi | Wiesen-Kümmel | 4,00 |
Centaurea cyanus | Kornblume | 6,00 |
Centaurea jacea | Wiesen-Flockenblume | 4,00 |
Centaurea scabiosa | Skabiosen-Flockenblume | 1,50 |
Cichorium intybus | Gewöhnliche Wegwarte | 3,00 |
Clinopodium vulgare | Gewöhnlicher Wirbeldost | 1,00 |
Daucus carota | Wilde Möhre | 2,50 |
Dianthus carthusianorum | Kartäusernelke | 1,90 |
Echium vulgare | Gewöhnlicher Natternkopf | 2,00 |
Galium album | Weißes Labkraut | 2,00 |
Galium verum | Echtes Labkraut | 2,50 |
Hypericum perforatum | Echtes Johanniskraut | 1,50 |
Hypochaeris radicata | Gewöhnliches Ferkelkraut | 1,00 |
Knautia arvensis | Acker-Witwenblume | 1,50 |
Leucanthemum ircutianum/vulgare | Wiesen-Margerite | 3,50 |
Linaria vulgaris | Gewöhnliches Leinkraut | 0,20 |
Lotus pedunculatus | Sumpfschotenklee | 2,00 |
Lychnis viscaria | Pechnelke | 2,00 |
Malva moschata | Moschus-Malve | 5,00 |
Malva sylvestris | Wilde Malve | 2,00 |
Origanum vulgare | Gewöhnlicher Dost | 0,40 |
Papaver rhoeas | Klatschmohn | 2,00 |
Pastinaca sativa | Gewöhnlicher Pastinak | 1,00 |
Plantago lanceolata | Spitzwegerich | 3,00 |
Plantago media | Mittlerer Wegerich | 0,50 |
Potentilla argentea | Silber- Fingerkraut | 1,00 |
Prunella vulgaris | Gewöhnliche Braunelle | 4,00 |
Reseda lutea | Gelbe Resede | 0,50 |
Salvia pratensis | Wiesen-Salbei | 5,00 |
Saponaria officinalis | Echtes Seifenkraut | 2,00 |
Scabiosa columbaria | Tauben-Skabiose | 0,50 |
Scorzoneroides autumnalis | Herbst-Löwenzahn | 1,00 |
Scrophularia nodosa | Knoten-Braunwurz | 0,50 |
Silene dioica | Rote Lichtnelke | 5,00 |
Silene latifolia ssp. alba | Weiße Lichtnelke | 3,50 |
Silene vulgaris | Gewöhnliches Leimkraut | 3,00 |
Sinapis arvensis | Ackersenf | 2,00 |
Solidago virgaurea | Gewöhnliche Goldrute | 0,30 |
Stachys sylvatica | Wald-Ziest | 0,40 |
Tanacetum vulgare | Rainfarn | 0,10 |
Thymus pulegioides | Gewöhnlicher Thymian | 0,30 |
Tragopogon pratensis | Wiesen-Bocksbart | 2,00 |
Trifolium campestre | Feldklee | 0,50 |
Trifolium medium | Mittlerer Klee | 0,40 |
Verbascum nigrum | Schwarze Königskerze | 1,00 |
Verbascum thapsus | Kleinblütige Königskerze | 1,00 |
Viola arvensis | Acker-Veilchen | 1,00 |
100,00 |
Was bedeutet biologische Vielfalt auf der Ebene von Individuen?
Biologische Vielfalt (Biodiversität) gibt es nicht nur in Form von Arten und Lebensräumen, sondern auch innerhalb einer Art. Ein Wiesen-Salbei, der bis etwa 1.500 Meter Höhe wächst, muss dort mit ganz anderen Umweltbedingungen wie kältere Temperaturen, späte Fröste und einer verkürzten Vegetationsperiode zurechtkommen, als seine Artverwandten in tiefer gelegenen Teilen Deutschlands. Die beiden Individuen sind also, obwohl derselben Art angehörig, unterschiedlich angepasst. Man spricht auch von sogenannten „Ökotypen“ einer Art.
Deutschland kann man auf Grundlage des Klimas, des Reliefs, des Gesteins und anderer Faktoren grob in 22 Naturräume gliedern, innerhalb derer sich das Erbgut der Individuen einer Art ziemlich ähnlich ist. Bayern hat Anteil an 11 dieser Naturräume. Im Online-Kartenviewer-Dienst der Universität Hannover können Sie nachsehen, in welchem Gebiet Sie sich befinden. Unsere ANL-Saatmischung enthält Saatgut aus dem Ursprungsgebiet 16 („Unterbayrische Hügel- und Plattenregion“).
Eine Verfrachtung von genetischem Material in Form von Saatgut oder adulten Pflanzen in fremde Naturräume bringt einige Probleme mit sich.
Würde beispielsweise genetisches Material des Flachland-Salbeis in die Population des Alpen-Salbeis mit einfließen, zum Beispiel in Form von Saatgut, würde das die an die rauen Gebirgsbedingungen adaptierten Pflanzen ein kleines Stück weniger angepasst an ihre natürliche Umgebung machen. Sie würden mit den typischen Umweltbedingungen vor Ort weniger gut zurechtkommen. Der Salbei aus dem Flachland blüht so zum Beispiel bereits im Mai, während zur selben Zeit im Gebirge womöglich noch Schnee liegt oder Spätfröste auftreten können, die die zarten Blüten zerstören würden. Der an die Gebirgsbedingungen angepasste Salbei blüht daher erst später im Jahr.
So hat jeder Naturraum Deutschlands seine umweltspezifischen Besonderheiten, an die sich die dort lebenden Pflanzenpopulationen über den Lauf von Jahrhunderten adaptiert haben, sodass sie zu Spezialisten ihrer Region geworden sind. Sei es das trocken-warme Oberrheintal, das norddeutsche Tiefland oder die kalkreichen Ebenen des mitteldeutschen Hügellandes.
Hinzu kommt, dass die Insektenwelt einer Region an die Blühphasen der Pflanzen ihrer Heimat angepasst ist. Das bedeutet, wenn gebietsfremde Wildblumen angepflanzt werden, blühen diese unter Umständen nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem die heimischen Insekten dies erwarten und benötigen.
Was ist der rechtliche Hintergrund?
Deutschland hat sich im internationalen Abkommen von Rio de Janeiro zur Sicherung der biologischen Diversität dazu bereit erklärt, alle Ebenen der Biodiversität zu schützen, auch die innerartliche. In § 40 des Bundesnaturschutzgesetzes ist festgehalten, dass das Ausbringen von Tier- und Pflanzenarten in die freie Natur, die dort seit mehr als 100 Jahren nicht mehr natürlich vorkommen, verboten ist, es sei denn, es liegt eine Genehmigung dafür vor. Nach einer 10-jährigen Übergangsregelung gilt dieses Verbot nun verbindlich seit dem 1. März 2020.
Beim Ausbringen von Saatgut ist daher auf das entsprechende Herkunftsgebiet der Samenmischung zu achten. Wir empfehlen daher, die von uns verteilten Samentütchen nur auf dem eigenen Grundstück zu verwenden. Das Verbot gilt nämlich nur außerhalb von Siedlungen.
Wie erkenne ich regionales Saatgut? Wer vertreibt es?
Es gibt zwei anerkannte Zertifizierungen für regionales Saatgut, VWW Regiosaaten (des Verbands Deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V.) und Regiozert (des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter e.V.). Der Begriff „Regiosaatgut“ beziehungsweise „regionales Saatgut“ an sich ist nicht rechtlich geschützt, sie sollten daher beim Kauf auf die Zertifizierungen achten. In Bayern sind verschiedene Anbieter von regionalem Saatgut ansässig: Unter anderem Saaten Zeller aus Eichenbühl Guggenberg, BSV Saaten aus Ismaning und Rieger-Hofmann GmbH aus Blaufelden-Raboldshausen. Aber auch einige außerhalb von Bayern ansässige Landschaftsgärtner bieten Samenmischungen für die hiesigen Naturräume an. Eine kleine Übersicht über einige Anbieter finden Sie hier.