Unternehmen + Natur = Chance Stadtnatur
Artenreiche, hochwertige Wiese rund um die Gebäude des Bayerischen Landesamtes für Umwelt in Augsburg. Der Teich fungiert sowohl als Biotop als auch als dezentrale Regenwasserversickerungsanlage. Foto: Andreas Zehm (ANL)
In der Einführung stellt Dr. Peter Boye des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt undVerbraucherschutz (StMUV) die im Rahmen des "Biodiversitätsprogramms Bayern 2030" erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Siedlungsräumen dar. Dabei bieten Gewerbegebiete und Firmenflächen ein großes Potential als Lebensräume, Biotopverbund und Trittsteine sowie als bewusstseinsbildende Maßnahmen für heimische Tiere und Pflanzen. Die Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen zur Stärkung der Biodiversität gehen jedoch weit über eine naturnahe Gestaltung ihrer Außenflächen (inklusive Dach- und Fassadenbegrünung) hinaus und betreffen beispielsweise auch die Verwendung von Rohstoffen, Produktionsketten oder Marketingstrategien.
Der zweite Block der Fachtagung beinhaltet neue Ansätze aus der Forschung und methodische Überlegungen. Prof. Dr. Wolfgang W. Weisser der Technischen Universität München erklärte dazu das Projekt "Animal-Aided-Design – bridging the gap between landscape architecture and conservation", das in Kooperation mit Dr. Thomas Hauck der Universität Kassel erarbeitet wurde. Ziel des Projekts ist es, die Habitatsansprüche ausgewählter Tierarten in den Planungsprozess und damit in die landschaftsarchitektonische Gestaltung zu integrieren, um langfristig stabile Populationen zu etablieren.
Die verschiedenen Blickwinkel mit ihren jeweiligen Herausforderungen benötigen in der Stadtentwicklung interdisziplinäres Planen und Designen. Gleichzeitig ist eine Einbettung in den räumlichen Kontext und die Berücksichtigung lokaler Arten und gesellschaftlicher Strukturen unbedingt notwendig. So weist der Landschaftsarchitekt Rupert Schelle in seinem Vortrag darauf hin, Synergieeffekte grüner Infrastruktur beispielsweise in urbanen Hitzeinseln in Gewerbegebieten zu nutzen und bereits in der Bauleitplanung Grünordnung und Artenschutz zu integrieren.
Stefan Marzelli vom Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung (ifuplan) stellt Konzepte und Methoden für die Umgestaltung von Unternehmensflächen vor und gibt einen Überblick über bestehende Ansätze, wichtige Anreizfaktoren sowie den rechtlichen und planerischen Hintergrund. Er erläutert Handlungs- und Zielindikatoren für die Bewertung der Maßnahmen zur Verbesserung der biologischen Vielfalt und empfiehlt mit einem Zertifizierungssystem differenziert nach Maßnahmentypen und Unternehmensbereichen Anreize für Umgestaltungen zu schaffen.
Nach dem Input verschiedener Forschungsansätze, Konzepte und Methoden wurden im letzten Block mehrere Praxisbeispiele einer Behörde, einer niederländischen Initiative und eines Unternehmens vorgestellt, um praktische Erfahrungen und Empfehlungen zu diskutieren.
Die naturnahen Außenanlagen des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) sind ein sehr gutes Beispiel für die Umsetzung von natur- und umweltverträgliches Bauen. Dr. Andreas Otto vom LfU erläutert, wie im Zuge der Erweiterung der LfU-Gebäude im Rahmen eines intensiven Dialogs mit der Naturschutzallianz gemeinsam Kompensationsmaßnahmen unter Einbeziehung der alten Rollbahn des ehemaligen Flughafengeländes festgelegt wurden und am Ende die Erweiterung von allen beteiligten Akteuren sehr positiv und die Gestaltung der Außenanlagen nachahmenswert bewertet wurden.
Dr. Robbert Snep weist darauf hin, dass in den Niederlanden mehr als 500 Unternehmensstandorte an Grünräume angrenzen und daher bei entsprechender Gestaltung ein großes Potential für den Biotopverbund aufweisen. Als Motivation für Unternehmen empfehlt er, Illustrationen mit naturnah gestalteten Flächen beispielsweise von einem stark versiegelten Eingangsbereich des Unternehmens zu verwenden und die daraus entstehenden Vorteile anhand ausgewählter beliebter Arten oder die positiven Auswirkungen von Vegetation auf die Umgebung zu erklären. Bekannte Unternehmen wie Heineken mit naturnahen Arealen können zudem als Vorreiter dienen.
Thorsten Sause, Biologie und Gewässerbeauftragter von Roche Diagnostics GmbH, Werk Penzberg, stellt das Projekt Naturnahes Regenrückhaltebecken vor. Die ursprüngliche Stahlbetonkonstruktion wurde als naturferne und zudem kostenintensive Maßnahme verworfen. Stattdessen wurde in enger Abstimmung mit Landratsamt, Wasserwirtschaftsamt und den Bayerischen Staatsforsten das Regenrückhaltebecken naturnah als Biotop konzipiert und in die natürliche Umgebung integriert. Zur Sicherstellung für Unternehmenserweiterungen wurde eine Tümpelkaskade angelegt, um die Gelbbauchunke erfolgreich von potentiellen Bauflächen fernzuhalten.
Im Rahmen eines Worldcafes (Diskussionsforum in vier Kleingruppen) wird eine Plattform für die verschiedenen beteiligten Akteure einer Umgestaltung eines Firmenareals nach naturschutzfachlichen und landschaftsarchitektonischen Zielsetzungen (Unternehmer, Vertreter von Umwelt-, Naturschutz- und Stadtplanungsbehörden, Mitarbeiter von Kommunen, Landschaftsplaner, Biologen und Mitarbeiter von Verbänden und Vereinen) geboten, um die Möglichkeit eines intensiven Austauschs über Chancen und Risiken, naturschutzfachlichen Zielen, Planung sowie Bau und Unterhaltung zu geben. Ziel dieser Diskussion in Kleingruppen ist es, dass die Akteure aus den unterschiedlichen Berufsgruppen die verschiedenen Sichtweisen und Herausforderungen der anderen kennenlernen, diskutieren und integrale Lösungsansätze finden..
Ansprechpartnerin
Johanna Schnellinger
Projektmanagerin Kommunikation
M. Sc. Landschafts-, Stadt- und Regionalmanagement
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Seethalerstraße 6
83410 Laufen
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