Muschelschutz in Bayern
16. März 2016 in Freising
Besonders aufgrund ihrer Indikatorfunktion in Gewässern spielen Muscheln eine bedeutende Rolle im Arten- und Gewässerschutz. Zum Erhalt der Muschelarten sind spezielle Schutzkonzepte erforderlich. Im Rahmen der 7. Tagung für Muschelschutz in Bayern am 16. März 2016 in Freising wurden Schutzstrategien, Projekte und neue Konzepte vorgestellt und diskutiert. Die Fachtagung wurde von der Koordinationsstelle für Muschelschutz an der Technischen Universität München (TUM) in Zusammenarbeit mit der der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) durchgeführt und fand mit über 100 Teilnehmern reges Interesse.
Prof. Dr. Jürgen Geist (Leiter des Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie an der TUM) begrüßte die Teilnehmer. In seinem Vortrag stellte er verschiedene Strategien für einen erfolgreichen Muschel- und Gewässerschutz vor. Klar strukturiert seien die Schritte für erfolgreiche Schutzkonzepte: Nach der Bestimmung der Schutzziele und des „Status quo“, müssten die Probleme identifiziert werden. Prioritäre Maßnahmen müssten entschieden und durchgeführt werden. Keinesfalls fehlen dürfe der Schritt der Evaluation mit anschließendem Austausch, um sowohl positive als auch negative Ergebnisse als Lerneffekt für andere Projekte nutzen zu können.
Katharina Stöckl von der Koordinationsstelle für Muschelschutz referierte über die Ergebnisse des FFH-Monitorings für die beiden in Bayern prioritären Großmuschelarten Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) und Bachmuschel (Unio crassus). Das Monitoring ergab einen schlechten Zustand der Habitate mit hohem Feinsedimentanteil und hoher Nährstoffkonzentration. Dabei war auffällig, dass ein hoher Anteil an Jungmuscheln nicht zwangsläufig nur in naturnahen Gewässern zu finden war. So ist bei den Bachmuschelbeständen trotz erheblicher Gewässerbeeinträchtigungen eine erfolgreiche Reproduktion möglich. Bei der Flussperlmuschel ergebe sich ein anderes Bild: Aufgrund fehlender Jungmuscheln, würden sich 90 % der Populationen in einem ungünstigen Zustand befinden. Hier müssten weitere Gefährdungsfaktoren identifiziert werden.
Muscheln weisen sehr hohe Artdiversitäten auf, sodass sie teilweise nur sehr schwer mittels morphologischer Merkmale zu erkennen sind. Die Genetik gibt hier Aufschluss. Dr. Bernhard Stoeckle vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie an der TUM stellte die Molekulargenetik als wichtige Ergänzung zum Monitoring im Muschelschutz dar. Bei der Nachzucht könne sowohl die genetische Identität als auch die genetische Variabilität sichergestellt werden. Mithilfe der sogenannten eDNA (environmental DNA) könnten Muschelarten in Gewässern nachgewiesen werden, indem die DNA aus Wasserproben extrahiert würde.
Das Verbundprojekt ArKoNaVera entwickelt ein überregionales Artenschutzkonzept für die nationalen Verantwortungsarten Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) und Malermuschel (Unio pictorum) und setzt regionale Schutzmaßnahmen um. Thomas Schiller von der Technischen Universität Dresden gab nach der Mittagspause einen Einblick in die überregionale Arbeit, bevor Dr. Marco Denic vom Landschaftspflegeverband Passau speziell auf die Rettung der Flussperlmuschel in Niederbayern einging. Die drei Ziele Muschelnachzucht, Wiederherstellung geeigneter Habitate und Öffentlichkeitsarbeit bilden die Grundlage der Projektarbeit.
Daniela Gstöttenmayr vom Büro Blattfisch in Oberösterreich sprach ein weiteres Problem im Muschelschutz an: die Sedimentproblematik. Während juvenile Tiere der Flussperlmuschel vor allem durch Feinsedimente belastet werden, da sie im Kieslückenraum leben, benötigen adulte Tiere ein relativ stabiles Bachsediment. Hier seien zu hohe Sandfrachten das Hauptproblem. Deshalb stellt im Artenschutzprojekt "Vision Flussperlmuschel" neben der Nachzucht das Einzugsgebietsmanagement die zentrale Strategie dar.
Hartmut Schmid (Gebietsbetreuer Donautal) und Christine Schmidt (Büro Schmidt und Partner) berichteten von Erkenntnissen aus ihrem Wiederansiedlungsprojekt der Flussperlmuschel im Perlenbach im Landkreis Regensburg. Anekdoten vom Kampf gegen Biberaktivitäten, die das gebaute Umlaufgerinne mit dem Teich verbanden, lockerten die Atmosphäre der Veranstaltung am Nachmittag auf.
Sowohl Susanne Kling (Donautal Aktiv e.V.) als auch Doris Hofmann (Landschaftspflegeverband Mittelfranken) erläuterten ihre Erfahrungen im Bereich dezentraler Betreuungssysteme am Beispiel von Niedrigwassersituationen. Die Bedeutung ehrenamtlicher Hilfskräfte wurde besonders bei der Umsetzung von Muscheln aus trockengefallenen Bächen deutlich.
Laut Stefanie Riehl (ANL) würden das jährlich steigende Interesse an der Tagung und die angeregten Diskussionen die Wichtigkeit der Thematik zeigen. Sie wünschte zum Abschluss allen Akteuren viel Erfolg für Ihr Engagement im Muschelschutz.
Die rege Teilnahme zeigt das große Interesse am Muschelschutz.
(Foto: Stefanie Riehl)
Ansprechpartnerin:
Stefanie Riehl
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
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